Eine Villa am Lungomare

Sonnengelb leuchtet die
neoklassizistische Villa durch die Bäume des alten Parks. Draußen vor dem
schmiedeeisernen Gitter bleiben die Spaziergänger stehen und fotografieren das
Gebäude, das an die Hoch-Zeit der Badekultur in Lovran und Opatija erinnert,
als der Adel hier kurte und die Künstler sich von der Schönheit der Landschaft
inspirieren ließen.  Dass heute wieder
Gäste in der Villa am Meer den „Himmel auf Erden“ finden, wie es häufig im
Gästebuch zu lesen ist, haben sie einem Mann zu verdanken, der eigentlich
Maschinenbau studiert hat und als Hotelier ein Seiteneinsteiger ist: Vjekoslav
Martinko
.

Der Mann, der zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort war, und die Villa, die lange Jahre vom Militär okkupiert war, kaufte, hat in seinem ersten Leben als Manager in Industriebetrieben gearbeitet und für holländische Firmen im Osten Projekte entwickelt. Angefangen hat aber alles in einem Dorf, aus dessen Enge es den jungen Martinko – „Ich war ein empfindsames Kind“ – hinaustrieb in die Welt, immer mit dem Ehrgeiz, Erfolg zu haben. Hatte doch der Vater seinem Sohn mit auf den Weg gegeben, dass er nicht als Erfolgloser zurückkommen solle, „sonst lachen uns die Nachbarn aus“.  Die Blamage hat ihm Sohn Vjeko erspart. 
Er hat gut verdient in seinem ersten Leben und investiert sein Geld jetzt in die Renovierung von Villen. Neben der Villa Astra, in der sechs sehr individuelle Zimmer auf Gäste warten, wird gerade die benachbarte Villa Adele in ein Hotel umgebaut. Der Hausherr schaut genau hin, welche Materialien genutzt werden, wie die Farben harmonieren, wie modern und minimalistisch die Möbel sein dürfen, damit die Gäste sich im historischen Ambiente auch wohlfühlen.  Ihm geht es um eine harmonische Verbindung zwischen Geschichte und Gegenwart. Die Villen sollen seine Gäste verzaubern wie sie ihn verzaubert haben. „Ich habe mich hier gefunden“, sagt der 66-jährige Witwer und Vater von zwei erwachsenen Kindern. Und er schwärmt von der Aura des Platzes, wo man „für immer jung“ sein könne in „einer immergrünen Welt“ (des Lorbeer, dem Lovran seinen Namen verdankt). 
Vjekoslav Martinko ist es ernst mit dem, was er sagt. Er hat Rudolf Steiner gelesen, neigt zu einer spirituellen Weltanschauung und ist davon überzeugt, dass die natürliche Umgebung auf die Seele des Menschen einwirkt. Warum sonst hätte es ihn hierher verschlagen?  Mehr noch als in der Villa am Meer spürt er im Landhaus Oraj hoch über Lovran „die Kraft der istrischen Erde“.  Hier, mit fantastischem Ausblick über die Inselwelt der Kvarner Bucht, hat er ein Labyrinth anlegen lassen, das den Menschen zu sich selbst führen soll.
Hin und wieder zieht es auch seine Gäste ins Landhaus, das so schön rustikal eingerichtet ist mit Möbeln aus einem aufgelassenen Pfarrhaushalt. Dahin, wo der Lärm der Zivilisation noch weiter weg ist als unten in der Villa am Meer.  Den Hotelier stimmt so ein Wunsch zufrieden. „Der Gast kommt als Reisender und geht als Freund“, hofft er. Dazu trägt natürlich auch das immer freundliche Personal in der Villa bei, das den Gästen das Gefühl gibt, angekommen zu sein. Bei einem Willkommensdrink auf der wunderschönen Terrasse der Villa kann man sich ganz hochherrschaftlich fühlen und den Blick über den kilometerlangen Lungomare schweifen lassen, jene Uferpromenade aus der Zeit der Donaumonarchie, auf der sich Sisi vielleicht mit Gyula Andrassy getroffen hat, auf jeden Fall aber ihr kaiserlicher Gemahl mit seiner Geliebten Katharina Schratt.
Im Gegensatz zu manch einer bröckelnden Villa wie der des „Ing. Jakob Ludwig Münz aus Münsingen,  Unternehmer und Konzessionär der liburnischen Straßenbahn“ mit dem hübschen Türmchen nahe der Marina von Opatjia oder den pittoresk verfallenden Häusern in der Altstadt von Lovran mit ihren pockennarbigen Fassaden sind Martinkos Villen schon von außen ein Augenschmaus. Nur beim Magenschmaus hapert es noch etwas. Was der Chef de Cuisine Josip Percic unter dem Porträt von Kaiser Franz Josef auftischt, ist zwar großzügig portioniert aber eher uninspiriert. Im Garten von Oraj wachsen zuhauf die Kräuter, die man gerne ausgiebig in den Suppen und Saucen gekostet hätte, und rundherum gibt es Kastanien und Nüsse, Pilze und wilde Beeren, Scampi und Fische, Lamm und Oliven. Man könnte aus dem Vollen schöpfen. Vielleicht fühlt sich der Maitre aber auch unter Druck: Martinko hat den Ehrgeiz, in seiner Villa das erste bio-zertifizierte Restaurant Kroatiens zu beherbergen.
So sind sie, die Seiteneinsteiger, die alles besser machen wollen als die Profis und dabei so manche Lektion lernen müssen. Zurzeit sucht Vjekoslav Martinko Investoren, weil er bei der Restaurierung nicht sparen will und alles teurer wird als er sich das vorgestellt hat – Limburg lässt grüßen.  Dreinreden lassen aber will sich der grauhaarige Querkopf von eventuellen Geldgebern nicht. Schließlich ist er überzeugt davon, dass er am besten weiß, was Gastfreundschaft bedeutet. Warum sonst kämen die Gäste immer wieder und schrieben im Gästebuch vom „traumschönen Urlaub“ in der sonnengelben Villa am Meer?

Info: Villa Astra,  Viktora Cara Emina 11, 51415 Lovran, Kroatien, E-Mail: sales@lovranske-vile.com, http://www.lovranske-vile.com,www.schlosshotels.co.at

DZ inkl. Frühstück ab 226 Euro

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