Nostradamus und der Augsburger Kaufmann

Ein Hotel in Fieberbrunn erinnert an die Rosenbergers, die wie die Fuggers weltweit Handel trieben und Bergwerke in Tirol hatten. Den Briefwechsel mit Nostradamus hat Jane Eberhardt, Hoteliersfrau und Herrin auf Schloss Rosenegg, ausgegraben.
Von Lilo Solcher
Es war einmal ein Kaufmann zu Augsburg. Der hatte eine liebe Frau, Kunigunde, die ihm viel Geld mit in die Ehe gebracht und zwei schöne Knaben geschenkt hatte. Die Geschäfte gediehen aufs Prächtigste und die Knaben wuchsen heran. Bald hatte der Kaufmann so viel Geld im Säckel, dass er Kaiser und Könige unterstützen konnte. Wo die Fugger abwinkten, war Hans Rosenberger zur Stelle. Hatte er doch binnen fünf Jahren sein Vermögen verdoppelt. Die Rosenbergers hatten Bergwerke in Tirol, in Kärnten und der Steiermark. Sie handelten aber nicht nur mit Erzen, mit Silber, Eisen und Stahl, sondern auch mit Juwelen, Pelzen, mit Salz und Getreide. Die Familie hatte Niederlassungen in Antwerpen, Nürnberg, in Wien und Danzig, in Königsberg, Riga, in Moskau und Lissabon. 1547 war Hans Rosendorfer auf der Höhe seiner Macht.
Doch kein Glück währt ewig. Der Kaufmann verlor viel Geld, weil die Fürstenhäuser ihre Schulden nicht zurückzahlten. Die Einnahmen aus dem Bergbau flossen spärlicher. Die großen Erzfunde blieben aus. Rosenberger drohte der Schuldturm in Augsburg. Die Familie floh nach Tirol, ins Schloss Rosenegg. Die trutzige Burg im Tiroler Dorf Fieberbrunn, wo schon Tirols legendäre Landesfürstin Margarethe Maultasch gewohnt hatte, bot den Flüchtigen Schutz. Von hier aus suchte der Kaufmann Hilfe bei den Sterndeutern. Über einen Mittelsmann führte er einen regen Briefwechsel mit Michel de Nostredame, genannt Nostradamus, der ihm dazu riet, nicht aufzugeben und ihm wichtige Mineralfunde prophezeite. „Was Sie angeht, mein ehrwürdiger Herr”, schrieb der Astrologe 1561, „jagen Sie das fort, was Sie bedrückt und gehen Sie den Freuden nach.”
Ein Satz, den sich Jane Eberhardt, Herrin auf Schloss Rosenegg, vor allem in diesem Jahr zu eigen gemacht hat. Denn vor 450 Jahren wurde Rosenegg zum Edelsitz und diese Schlossgeschichte ist für die gebürtige Engländerin, die 1970 den jungen Hotelier Eberhardt geheiratet hatte, Anlass genug zu feiern, zumal sie großen Anteil an der Wiederentdeckung der Geschichte um die Rosenberger und die Nostradamus-Briefe hat. Was sie über Freunde der Familie und Zufallsbekannte erfahren hatte, sah sie im Innsbrucker Landesmuseum bestätigt.
Im Jubiläumsjahr wird das Schlosshotel nun zum Zentrum einer Zeitreise. Vor allem in der Gerichtsstube, vor 20 Jahren bei Bauarbeiten entdeckt, fühlt man sich ins Mittelalter zurückversetzt. Hier saß Baron Rosenberger zusammen mit einem Vorarbeiter und einem Vertreter des Volkes zu Gericht. Es waren harte Zeiten für die einfachen Leute. Die meisten schufteten im Bergwerk, das sie buchstäblich mit ihrer Hände Arbeit in den Fels gruben. Liegend, kriechend, rutschend klopften sie die Wände nach den wertvollen Erzen ab. Zwölf Stunden schufteten die Knappen unter Tage ­ ein Leben als Maulwurf. Wer sich heute mit einer Führung in die „Knappenlöcher” wagt, darf nicht klaustrophobisch sein. Manchmal sind die Gänge so eng, dass man auf dem Bauch durchrobben muss. Erze gibt es schon längst nicht mehr. Die Pillersee Eisen- und Stahlgesellschaft, bis 1670 von den Söhnen und Enkeln Hans Rosenbergers betrieben, war 1924 geschlossen worden.
Die Zeit der Augsburger Kaufleute und die Verbindung mit Nostradamus lässt Wolfgang Schwaiger ­ Tourismus-Obmann, Kabarettist, Heimatforscher und Kaufmann ­ in einem Theaterstück aufleben, das bis Ende Oktober zu sehen ist. Touristen können das Mittelalter im Paket haben: für 320 ¤ haben die Eberhardts ein Fünf-Tage-Programm zusammengestellt, das Schlossherrenbüfett und Theater ebenso mit einschließt wie mittelalterlichen Markt, Gala-Dinner und Ausflüge zum Chiemsee und anderen Schlössern. Bei einem Konzert spielt die traditionsreiche Fieberbrunner Knappenmusikkapelle den neu komponierten Rosendorfer Marsch. „Wir müssen auf vielen Hochzeiten tanzen, damit genügend Gäste herkommen”, sagt Jane Eberhardt. 300 Betten in zwei Schlössern wollen gefüllt sein. Als Schlosshotel will sie Rosenegg nicht bezeichnen, eher schon „als gemütliches altes Haus mit viel Geschichte dahinter”.
Die Geschichte der Rosenberger in Fieberbrunn endete 1670. Als Lutheraner waren sie zunehmend den Angriffen der Kirche ausgesetzt. Nachdem Hans Rosenbergers erfolgreicher Urenkel Hanns Marquart seine Bergwerke aufgegeben und Tirol verlassen hatte, fiel das Schloss zurück an die Kirche. 1936 schließlich kauften die Großeltern des heutigen Hoteliers das Schlosshotel. Damit nahm eine neue Familiengeschichte ihren Anfang.

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