Pandemie-Realität und Fabelwelten

Die Welt ist unsicher geworden.  Wer hätte das gedacht, dass uns Corona auch dieses Jahr noch an Weihnachten beschäftigen würde? Zwar sind Reisen inzwischen wieder möglich, aber die Inzidenzzahlen sind hoch wie nie.  Und die neue Variante Omikron bringt neue Probleme. Da vergeht so manchem die Lust aufs Fliegen oder auf eine lange Bahnfahrt. Es sieht ganz so aus, als würde uns dieses anhängliche Virus auch 2022 noch begleiten. Wie gut, dass wir wenigstens vom Reisen träumen können. Hier sind ein paar Bücher, die uns dabei helfen können, dem wenig schönen Corona-Alltag zu entfliehen oder aber auch sich mit ihm auseinander zu setzen. Wunderbar geeignet auch als Weihnachtsgeschenke.

Kurvenreif in Südtirol. |Bild: Stefan Bogner/Delius Klasing

In der Bergwelt

Dieses Buch ist buchstäblich ein schwerer Brocken. „Mountain Roads“ heißt der fast 500 Seiten dicke großformatige Bildband aus dem Delius Klasing Verlag. Ein absoluter Prachtband mit fantastischen Luftaufnahmen von den Traumstraßen dieser Welt. Fotograf Stefan Bogner hat für seine Alpenlandschaft in Braun-, Oliv- und Sepiatönen keine Mühen gescheut, wie Jan Karl Baedecker in seinem bemerkenswerten Vorwort schreibt. Seit zehn Jahren schon bringt Bogner mit großem fotografischen Können nicht nur passionierten Kurvenfans die schönsten Pässe, Kehren und Serpentinen nahe. Mit diesem Bildband legt er eine monumentale Werkschau vor: Die schmalen Linien der Bergstraßen wirken auf den Fotografien fast hypnotisch und ziehen den Blick hinein in die unterschiedlichsten Berglandschaften. Dies ist kein Bildband zum schnellen Durchblättern, dafür ist das sechs Kilo schwere Buch auch zu teuer. Diese Fotos muss man auf sich wirken lassen, muss sich hinein versetzen in jedes einzelne, in jede Kurve. Ein Traum.

Ein Arbeiter desinfiziert die unterirdische Salz Kathedrale von Zipaquira nördlich von Bogota. | Bild: Agence France Press/Knesebeck Verlag

In der Welt der Pandemie

Noch sind wir mitten drin in der Pandemie. Aber irgendwann ist auch sie – hoffentlich vorbei. Dann zeigt uns diese „Chronik eines Weltgeschehens“, wie die Corona-Zeit unsere Welt verändert hat. „Von China bis ins italienische Städtchen Codogno, von Neu-Delhi bis Manaus im Herzen des Amazonasgebiets haben sich Unsicherheit und Angst ausgebreitet sowie das Gefühl, vor dem Nichts zu stehen,“ schreibt Herausgeberin Marielle Eudes in der Einleitung zu dem bemerkenswerten Bildband „Pandemie“. Viele der Fotografien wirken fast apokalyptisch wie der menschenleere Times Square, der Reiter in weißer Schutzkleidung im chinesischen Winter, der Blick aufs homeoffice durch viele Fenster eines Hauses, die blauen Kreuze auf dem Friedhof in Manaus, maskierte Massen, Intensivstationen. Alle Fotos werden von ausführlichen Beschreibungen begleitet. Dazwischen gibt es Einsichten von Zeitgenossen, darunter auch so prominente wie Isabel Allende, Antonio Guterres oder Michel Houellebecq, der wenig optimistisch ist: „Wir werden nach dem Lockdown nicht in einer neuen Welt aufwachen; es wird dieselbe sein, nur ein bisschen schlimmer.“ Reichlich Stoff zum Nachdenken.

Boffin’s Bakery in Oxford 1922 hat Tolkien zum Hobbit-Namen Boffin inspiriert. 
Bild:  Shutterstock/Historical Collection 144

In Tolkiens Welt

Das Auenland kennen alle Tolkien-Fans genauso wie Mordor oder Bruchtal. Doch wer weiß schon, welche echten Landschaften den Vater der Hobbits und Schöpfer des „Herrn der Ringe“ zu seinen fabelhaften Welten inspiriert haben? John Garth versucht in seinem schön illustrierten Buch „Die Erfindung von Mittelerde“ herauszufinden, wo sich der Dichter Anregungen holte. Auf seiner Spurensuche wurde er in Tolkiens England ebenso fündig wie im mythischen Norden, in Amerika wie in Südafrika aber auch in der keltischen Sagenwelt, bei Homer und Cicero, alten Reiseberichten und Gemälden. „Die Alpen waren eine anhaltende Offenbarung“ schreibt er etwa und erzählt von der Schweiz-Reise des Schriftstellers. Es waren wohl echte Landschaften, die Tolkien in seine fabelhaften Welten verwandelte. Mit vielen Zitaten, Buchauszügen und reichen Illustrationen ist dieses Buch ein Füllhorn für alle, die den Herrn der Ringe oder den Kleinen Hobbit lieben. Nebenher lernen sie eine weitgehend unbekannte Seite Tolkiens kennen – die des Umweltschützers.

Der Hatschepsut-Tempel erinnert an eine der Frauen, die Geschichte schrieben. | Bild: Lonely Planet

In Frauen-Welten

Frida Kahlo, Hildegard von Bingen, Sophie Scholl, Sappho, Zaya Hadid, Josephine Baker, Indira Gandhi, Marie Curie, Björk, Greta Thunberg – allesamt Frauen, die in ihrem Bereich die Welt ein Stückchen weit verändert haben. In der Geschichte freilich wurden Frauen oft vernachlässigt, auch in der Wissenschaft, ja sogar in der Kunst. Höchste Zeit also für ein Buch über Frauen. Mit „In Her Footsteps“ lädt Lonely Planet zu „Reisen zu außergewöhnlichen Frauen“ ein. Es sind nicht nur weltbekannte Künstlerinnen, Politikerinnen oder Wissenschaftlerinnen, zu denen das Buch führt, auch weitgehend unbekannte Aktivistinnen und Abenteuerinnen haben hier Platz gefunden. Frauen aus allen Gesellschaftsschichten, allen Epochen und allen Regionen. Auch zehn „queere Pionierinnen“ werden vorgestellt, die aus der rigiden Geschlechterordnung ausgebrochen sind. Ein Buch mit vielen Anregungen zum Blättern, Lesen und zum Reisen.

Einsame Spuren im Schnee sind der Traum jedes Tourengehers.  |Bild: Flo Schleimpflug

In der Winterwelt

Vom Geräusch des frischen Schnees, der unter Fellen knirscht schwärmt Flo Schleimpflug im Vorwort zu dem einladend aufgemachten Touren-Ratgeber „Dem Genuss auf der Spur“. In den Österreichischen Alpen hat er sich auf die Suche nach gutem Schnee, tollen Touren und Genussmomenten gemacht – und das alles gleich 50 Mal gefunden. Klassiker für Anfänger sind dabei und Geheimtipps für Könner. Touren, die man sich erarbeiten muss und solche mit moderatem Anstieg. Genussvoll sind sie alle, vorausgesetzt, sie sind richtig geplant und die Ausrüstung passt. Flo Schleimpflug liefert dazu jede Menge praktische Tipps. Die ausführlichen Tourenbeschreibungen – jede mit genauem Profil – und die Fotos von einsamen Schneelandschaften machen richtig Lust auf Winter. Und auf Abstand achten muss man bei den meisten dieser Touren auch nicht.

Bücher-Welten

Stefan Bogner/Jan Karl Baedecker, Mountain Roads, Delius Klasing, limitierte und nummerierte Ausgabe im Schuber, 492 S., 259 Euro

Marielle Eudes. Pandemie, Knesebeck, 432 S., 50 Euro

John Garth, Die Erfindung von Mittelerde, wbgTheiss, 208 S., 32 Euro

In her Footsteps – Reisen zu außergewöhnlichen Frauen. Lonely Planet, 288 S., 22,90 Euro

Flo Schleimpflug. Dem Genuss auf der Spur, BergWelten, 272 S., 28 Euro,

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