Hinter den Kulissen des Flughafens

Der Münchner Flughafen ist Europas erster Fünf-Sterne-Flughafen – und zu Recht stolz darauf. Dass sich hinter dieser Auszeichnung nicht nur guter Service, sondern auch eine logistische Meisterleistung und viel Engagement verbergen, davon konnte sich die Touristische Runde bei einer exklusiven Rundfahrt überzeugen.
Gerade landet ein Dreamliner der ANA, als wir uns an die Flughafenrundfahrt machen. Es ist ein kleines Grüppchen interessierter Kolleginnen und Kollegen, das sich dafür am Besucherpark eingefunden hat. Wir fahren vorbei am mit 78 Metern höchsten Kontrollturm Deutschlands und an der größten überdachten Freifläche Europas, auch an einem parkenden Airbus von Qatar Airways, der für die Formel 1 wirbt. Flugzeuge, hören wir, würden immer mehr zu Werbeträgern. Eine Boeing 737-800 von TUIfly etwa, fliege im Look der „Haribo-Goldbären“, und auf Alaska Airlines tummeln sich Micky Mouse, Donald Duck oder auch Tinkerbell. Ein Publikumsmagnet ist auch nach vier Jahren noch der A 380 von Emirates, für den es am Flughafen München eine eigene Parkposition gibt.
Damit das Andocken an so einer Position problemlos verläuft, fängt ein Laser die ankommende Maschine ein, ein Display hilft dem Piloten bei der Orientierung. Und dann heißt es: Erst die Passagiere, dann das Gepäck. Dass der Koffer zum Besitzer kommt, dafür sorgen die Männer in der Gepäckleitstelle. Dass wir die Leitstelle – in gelber Warnweste – betreten dürfen, ist ein Entgegenkommen des Flughafens. Denn eigentlich ist der gesamte Bereich für Außenstehende tabu. Aber wir dürfen sehen, wie die Mitarbeiter in der Schaltzentrale kontrollieren, dass alles zur rechten Zeit am rechten Ort ist. Wer die Displays und die Filme der Überwachungskameras im Blick behalten will, braucht höchste Konzentration. Hier wird festgelegt, welche Gepäckstücke für welche Airline ausgegeben werden und welche Einschleußstellen und Speicherplätze für das Transfergepäck genutzt werden. Alles muss schnell gehen, um das Ziel einer maximal 30-minütigen „Connecting-Time“ zu erreichen. Ein Stromausfall wäre hier der GAU.
Normalerweise folgt der Koffer vollautomatisch seinem Besitzer. Deshalb, so Stefan Marx, Chef der Gepäckanlage, ist es sinnvoll, möglichst rasch die Bordkarte zu besorgen, um die Verladefreigabe fürs Gepäck zu aktivieren. Denn jedes Gepäckstück werde „systemtechnisch der Bordkarte zugerechnet“. Wer sich also mit der Bordkarte zu viel Zeit lasse, laufe Gefahr, dass sein Gepäck nicht auf dem Flug mitgenommen werde. Liegen gebliebene Koffer würden aber möglichst mit der nächsten Maschine nachgesendet, beruhigt der Experte.
Etwa 100 Gepäckstücke würden Tag für Tag am Flughafen geöffnet, sagt Marx. Nicht unbedingt wegen Bombengefahr, wohl aber weil der Verdacht bestünde, im Koffer könnten sich gefährliche Gegenstände befinden. Auch eine große Menge Marzipan könne so einen Verdacht begründen, weiß der Fachmann, denn es sehe nicht nur aus wie der Sprengstoff C4 sondern rieche auch so. Was sonst noch auffällig sein könnte? Kettensägen zum Beispiel aber auch Campingkocher oder Küchengeräte. Bei Verdacht würden die Koffer vorsichtig geöffnet („Das geht ruckzuck“), und die Gegenstände einzeln untersucht. Nur, wenn man das Schloss zerstören müsse, würde der Passagier benachrichtigt.
Damit das Gepäck möglichst schnell an seinen Bestimmungsort kommt, werden die Koffer in Wannen befördert, die eigene Identifikationsnummern haben. Rund 50 Kilometer Förderbänder gibt es allein im Terminal 2 und dem neuen Satelliten. Steht man vor so einer Anlage, über die unentwegt Gepäckstücke in ihren Wannen gleiten, hat man das Gefühl, die Koffer führen Achterbahn. Dass sie trotz allem (fast) immer da ankommen, wo ihr Passagier wartet, ist der Gepäckleitwarte zu verdanken.
Wir machen bei unserer Rundfahrt noch einen kleinen Schlenker zum Neubau des Satelliten, der im April 2016 eröffnen wird und in dem schon bald der Probebetrieb beginnt. 27 weitere gebäudenahe Flugzeugpositionen wird es hier geben, eine davon ist bereits zum Zeitpunkt der Inbetriebnahe für den A380 ausgebaut. Ganz nebenbei erfahren wir noch, wie wichtig die Fracht ist – auch für den Flugpreis. „Die Beiladefracht trägt zur Finanzierung von Passagierflügen bei“, sagt Pressesprecher Ingo Anspach.
Und dann sind wir schon wieder zurück im Besucherpark, wo im Restaurant Tante Ju ein leckeres Grillbüffet auf uns wartet. Martin Scherer, Leiter der Öffentlichkeitsarbeit, nutzt die Gelegenheit, uns über die neuen Pläne für den Besucherpark zu informieren. Da geht es nicht nur um den Ausbau des Spielplatzes zu einer Erlebniswelt mit Spielgeräten, die für die vier Kontinente Afrika, Amerika, Asien und Europa stehen, sondern auch um eine neue Ausstellung zum Thema „So funktioniert der Flughafen“, die ebenfalls im April nächsten Jahres eröffnen soll – parallel zum neuen Satelliten. In sieben interaktiven Gates, u.a. mit einem halbkugelförmigen Touchscreen für das Streckennetz, mit einer Quizturbine, einem Riesenbild „Menschen am Flughafen“ und Filmeinspielungen sollen sich die Passagiere spielerisch auf die Abläufe auf dem Flughafen einstimmen können.
Ach ja, auch der Weg der Gepäckstücke lässt sich hier per Film verfolgen – aus der Sicht eines Koffers. Und noch eines ist Thema dieser ambitionierten Ausstellung, die sich der Flughafen München im Besucherpark leistet: Die erhoffte dritte Startbahn. „Das ziehen wir ganz groß auf“, erklärt Martin Scherer, schließlich hänge davon die Zukunftsfähigkeit des Flughafens im Erdinger Moos ab.

Info Besucherpark:
Der Besucherpark mit Spielplatz und Gastronomie ist frei zugänglich. Auch die neue Ausstellung kann kostenlos besucht werden. Wer vom Besucherhügel auf die startenden und landenden Flugzeuge schauen will, zahlt einen Euro. 2014 taten das 16 000 Menschen. Eine rund einstündige Rundfahrt kostet neun Euro, fünf Euro für Kinder bis 14. Die eineinhalbstündige XXL-Version mit einigen Extras schlägt mit 14 Euro zu Buche.

 

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