Es weihnachtet sehr

Wie Puderzucker auf den Weihnachtsplätzchen liegt der Schnee auf den Allgäuer Bergen rund um Pfronten. Es ist wieder wärmer geworden, ein Nebelschleier weht durchs Tal. Weithin sichtbar ist der hohe Turm der St. Nikolaus Kirche in Pfronten Berg. „Wenn‘s im Paradies nur halb so schön ist wie in meinem Pfronten, dann bin ich schon zufrieden“, sagt der Meister in der Autowerkstatt. Man kann ihn gut verstehen. An diesem Wintertag wirkt Pfronten wie ein Stück vom Himmel, heile Allgäuer Welt.

Heile Winterwelt auf dem Schlossanger.

Beseelte Natur und heilende Kerzen

Davon zehrt auch Roswitha Ganseneder von der Kräuterwerkstatt Teeturm. Die 57-jährige Heilpflanzenexpertin und Gesundheitstrainerin ist fest in der Gegend verwurzelt, ihre Vorfahren leben seit 1645 hier. „Mir war schon als Kind klar, dass die Natur beseelt ist“, sagt die blonde Kräuterfrau, die in einem Stück Land unterhalb des Falkensteins ihr Paradies gefunden hat. Jetzt, kurz vor Weihnachten, ist viel los im kleinen Laden, wo Roswitha neben Hand gearbeiteten Souvenirs selbst gemachte Tinkturen aus Allgäuer Kräutern und vor allem Kerzen verkauft. Die Serie „Licht der Alpen“ aus nachhaltig angebautem pflanzlichen Stearin und ätherischen Ölen bringe „die Ganzheit der Pflanze ins Kerzenlicht“, sagt sie und: „unsere Pflanzen sind unsere Energie“.

Die Heilkraft der Natur in Kräuteressenzen und Kerzen.

Noch weihnachtlicher sind schmalere Kerzen wie „Lichtengel“ oder einfach „Weihnachten“, in denen Kräuter konzentriert sind, deren Duft Kindheitserinnerungen weckt. Bis zu 48 Stunden müssen die Pflanzen und Kräuter in flüssigem Wachs ziehen, das danach abgeseiht werden muss. Nach der – aufwendigen – Fertigstellung kommen die Kerzen in einen Raum, wo sie mit Blütenessenzen besprüht und mit dem berühmten Sonnengesang des Franz von Assisi besprochen werden. „Wir können das nicht mit dem Verstand erfassen“, gibt Roswitha zu, „wir müssen es spüren“. Das tun offensichtlich immer mehr Menschen, denn der kleine Laden brummt. Und die Aufträge für die Kerzen kommen nicht nur aus der Umgebung, sondern auch aus den Nachbarländern. Die Pfrontener Kräuterfrau ist stolz auf den „unglaublichen Erfolg“, den sie auch als Herausforderung sieht. Ihr liegt daran, dass die Menschen „wertschätzen, was wir haben – unseren Lebensraum“.

Gastgeber aus Tradition

Den schätzt auch die Familie Schlachter, die auf der Schlossanger Alp und auf dem Falkenstein zeigt, was Gastfreundschaft heißt. Schon 1913 gab es Gastronomie auf dem Schlossanger, da, wo die Kühe weideten; 1964 wurde die ehemalige Alp zum Gasthaus. Dem trägt das sorgsam renovierte Hotel mit der Zirbenstube Rechnung. Hier sieht es noch so aus wie früher zur Zeit der alten Wirtsleute Toni und Muck. „Wir wollen die Geschichte ins Haus integrieren“, sagt Bernhard Ebert, der aus Heidelberg ins Allgäu kam – der Liebe wegen. Denn seine Frau Bärbel, eine Institution in der Gastro-Szene (mit 23 war sie jüngste Küchenmeisterin Deutschlands), ist ein Kind der Gegend, sie hat das Gastgeber-Gen von ihren Eltern geerbt.

Auch im Restaurant der Schlossanger Alp wird’s weihnachtlich.

Das gilt auch für ihren Bruder Anton Schlachter und seine Frau Herta. Sie führen das Burghotel Falkenstein, das nach einer umfangreichen Renovierung glänzend da steht – mit einer Aussicht, die schon König Ludwig fasziniert hat. Sohn Simon, nach Lehrjahren in Sterne-Restaurants und in der Hotelfachschule zurück gekehrt, eifert seiner Tante von der Schlossanger Alp nach und beglückt die Gäste mit einer einfallsreichen regionalen, aber auch asiatisch angehauchten Küche. Im kleinen Gourmet-Restaurant Pavo kommen Mini-Leckerbissen in Schälchen auf den Tisch. „Sharing“, teilen, heißt das Gebot der Stunde, ein Konzept, das den Genuss am Essen mit Geselligkeit verbindet.  Das scheint den Michelin-Testern gefallen zu haben.  Jetzt hat der junge Chef seinen ersten Michelin-Stern bekommen – und die ganze Familie freut sich mit ihm.
„Eigentlich“, sagt der 27-jährige Simon nachdenklich, „haben wir alles König Ludwig zu verdanken.“ Der Kini wollte auf dem Falkenstein seine Vision einer vollkommenen Burg verwirklichen. Denn der Blick vom Falkenstein ist traumhaft schön – wenn nicht gerade die Nebel wallen.

Es dämmert schon auf dem Falkenstein.

Zarte Kunstwerke aus Glas

Drunten im Tal sitzt Alexander Endres seit dem frühen Morgen schon in seiner Glasbläser-Werkstatt. Der 56-Jährige mit dem dichten Haarschopf und dem kräftigen Bartwuchs hat das Handwerk von der Pike auf gelernt. Mit 16 ging er nach Zwiesel, wo er sich zum Glasinstrumentenmacher ausbilden ließ und sich nebenbei in der Glaskunst perfektionierte. Die Faszination für diese zerbrechliche Kunst hält bis heute. Selbstständig gemacht hat sich Endres nach dem Wehrdienst in der Waschküche seines Elternhauses – „mit einer 60-Watt-Birne an der Decke“. „Aber des isch halt so. Wenn ma anfangt, fangt ma kloan a.“ Heute liefert er seine fragilen Kunstwerke auch über die Grenzen, und die Kunden kommen aus ganz Bayern in seine kleine Werkstatt.

Nein, hier entsteht keine Glaskugel, sondern eine Allgäuer Kuh.

Jetzt, kurz vor Weihnachten, hat der Glasbläser Hochkonjunktur. „Gott sei dank,“ sagt er, schließlich muss er monatelang vom Weihnachtsgeschäft leben. Kugeln sind gefragt aber auch die sorgfältig geblasenen Weihnachtssterne, seine Spezialität, Engel aus Glas und – der letzte Schrei – personifizierte Weihnachtskugeln, bei denen der Glasbläser die einzelnen Buchstaben sorgsam auf die fertige Glaskugel aufsetzen muss. Noch hat er einiges auf Lager für die letzten Weihnachtseinkäufe. Und im Februar fängt bei ihm schon wieder Weihnachten an. Denn, wenn die Touristen nach Pfronten kommen, hat er dafür keine Zeit. Dann sind Kühe aus Glas gefragt oder kleine gläserne Souvenirs. Für Endres gibt es nichts, was er nicht mit Glas machen könnte.
Am liebsten aber hat er es, wenn er Besuch von Schulklassen bekommt. 70 sind es jedes Jahr. „Das ist einfach schön, wenn die Kinder mit großen Augen vor mir stehen“, schwärmt er, „wie Öl für die Seele“.

Kurz informiert

Anreisen. Pfronten verfügt über drei Bahnhöfe in Pfronten-Weissbach, Pfronten-Ried und Pfronten-Steinach.
Mit dem Auto über Kempten, Ausfahrt Oy-Mittelberg oder über Füssen und weiter auf der B310 nach Pfronten.
Wohnen. In dem weit verstreuten Pfronten gibt es zahlreiche Hotels, Gasthäuser und Ferienwohnungen für jeden Geldbeutel. In der Schlossanger Alp kostet das DZ ab 209 Euro: www.schlossanger.de
Die Familie Schlachter-Ebert hat in Pfronten-Meilingen hat noch spektakuläre Appartements „Berg und Tal Allgäu Lofts“ ab 145 Euro.

Gästekommentar in den Berg und Tal Lofts

Im Burghotel Falkenstein zahlen zwei Personen für ein „royales Themenzimmer“ ab 230 Euro: burghotel-falkenstein.de
Kräuterwerkstatt Teeturm. Badstr. 11, 87459 Pfronten, www.Kraeuterwerkstatt.com mit kleinem Café und Geschenkeladen. Seminare und Kurse nach Vereinbarung: info@kraeuterwerkstatt.com, Tel. 08363/9289209
Glasbläserei Endres. Füssener Str. 30 a, 87459 Pfronten, www.glasblaeserei-endres.de, Tel. 08363/5768
E-Mail: glasblaeserei.endres@t-online.de,  Termine zum Zuschauen nach Vereinbarung. Alexander Endres bietet auch Perlenwickelkurse an – ebenfalls nach Vereinbarung.
Informieren. Pfronten Tourismus, Vilstalstr. 2, 87459 Pfronten, Tel.8363/69888, E-Mail: info@pfronten.de, www.pfronten.de
Die Reportage entstand mit Unterstützung der Allgäu GmbH und Stromberger PR.

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