Bedrohte Pressefreiheit

Die neue Rangliste der Pressefreiheit (siehe Karte) von „Reporter ohne Grenzen“ führt vor Augen, in welchen Ländern Journalistinnen und Journalisten einigermaßen frei berichten können und in welchen nicht. Dieses Jahr sind 128 von 180 Ländern rot oder orange eingefärbt. Das heißt: In rund 70 Prozent der Staaten weltweit sind die Arbeitsbedingungen für Medienschaffende äußerst problematisch.

Deutschland rutscht ab

Deutschland steht im internationalen Vergleich gut da, doch auch hierzulande verschlechtert sich die Lage: Zum dritten Mal in Folge ist Deutschland auf der Rangliste abgestiegen, um fünf Plätze auf Platz 21. Das hat einerseits damit zu tun, dass die Lage in Lettland, Luxemburg oder der Slowakei sich verbessert hat und diese Länder an Deutschland vorbeigezogen sind – bei den absoluten Punktwerten hat Deutschland nur minimal verloren, von 90,04 auf 89,81 von 100 möglichen Punkten.

Wachsende Gewalt

Zugenommen hat aber die Gewalt gegenüber Journalistinnen, Journalisten und Medien hierzulande. 103 physische Angriffe haben „Reporter ohne Grenzen“ für das Jahr 2022 in ihrer aktuellen Nahaufnahme Deutschland dokumentiert, so viele wie noch nie seit Beginn der Zählung im Jahr 2015. Die Mehrheit der Attacken fand in extrem rechten, verschwörungsideologischen und antisemitischen Kontexten statt, besonders auf Demonstrationen.

Problem Straflosigkeit

Zwei Drittel der Angriffe geschahen in Ostdeutschland. Ein bundesweites Problem ist die Straflosigkeit – wenn Angriffe keine Folgen haben, fühlen sich die Tätergruppen ermutigt. Viele der befragten Journalistinnen und Reporter äußerten Unzufriedenheit über die Arbeit von Polizei und Justiz.

Abstiegskandidaten Russland, Türkei, Peru

International sorgten Entwicklungen wie die fast völlige Unterdrückung unabhängiger Berichterstattung in Russland infolge des Ukrainekriegs, massenhafte Festnahmen von Medienschaffenden in der Türkei und Polizeigewalt gegen Demonstrierende in Peru dafür, dass viele Länder auf der Rangliste abrutschten: Russland um neun Plätze auf Platz 164, die Türkei um 16 Plätze auf Platz 165, Peru um 33 Plätze auf Platz 110.

Unterstützung gefordert

Die teils deutlichen Abstiege und gleichzeitigen Aufstiege anderer Länder zeigen, wie volatil die weltweite Lage in einer Zeit von Krisen, medienfeindlicher Hetze und Desinformation ist.
Weltweit versuchen Regierungen und gesellschaftliche Gruppen, kritische Berichterstattung zu unterbinden. „Reporter ohne Grenzen“ fordern deshalb, dass demokratische Regierungen Medien in ihren eigenen Ländern unterstützen, Medienschaffende schützen, den Druck auf autoritäre Regime erhöhen und auch Exilmedien stärken. Desinformation darf nicht die Oberhand behalten.

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