Schlechte Zeiten für die Pressefreiheit

Auf den ersten Blick sieht es in Deutschland mit der Pressefreiheit gar nicht so schlecht aus.  Immerhin steht das Land 2024 auf Platz zehn statt wie 2023 auf Platz 26. Doch dieser Sprung, heißt es bei „Reporter ohne Grenzen“ (RSF)  ist auch der Tatsache geschuldet, dass sich andere Länder auf der Rangliste verschlechtert haben. Allerdings ist auch die Zahl körperlicher Angriffe auf Journalistinnen und Reporter rückläufig. Viele dieser Übergriffe finden demnach während Kundgebungen von Verschwörungstheoretikern oder extremen Rechten statt.

RSF  geht allerdings bei den Zahlen von einer hohen Dunkelziffer aus. Die Organisation sammelte im Jahr 2023 über die Zahl von 41 Übergriffen hinaus noch viele weitere Fälle von Gewalt gegen Medienschaffende, die jedoch – meist aufgrund fehlender Zeuginnen oder Zeugen – nicht verifiziert werden konnten.

Mehr Pressefeindlichkeit bei Kundgebungen

Insgesamt haben pressefeindliche Tendenzen in Deutschland zugenommen – besonders im Internet.   Seit dem Beginn von Israels Krieg gegen die Hamas beobachtet RSF zudem vermehrt Übergriffe auf Medienschaffende auf Pro-Palästina-Demonstrationen.  Ein ganz neues Phänomen der Pressefeindlilchkeit ist die Blockade der Zeitungsauslieferung durch Landwirte in mehreren Bundesländern.

Viel Pressefreiheit im Hohen Norden

Spitzenreiter bei der Pressefreiheit sind die skandinavischen Länder. Zum achten Mal liegt Norwegen auf Platz 1.  Als Gründe dafür werden die große Unabhängigkeit der Medien von der Politik, der gesetzliche Schutz der Informationsfreiheit und der traditionelle Pluralismus der Medienlandschaft genannt. Ähnlich gut sind die Voraussetzungen in den Nachbarländern Dänemark (Platz 2) und Schweden (Platz 3).  Danach platzieren sich die Niederlande vor Finnland.

Übergriffige Taliban in Afghanistan

Dass sich Afghanistan mit Platz 178  am unteren Ende der Tabelle befindet, verwundert wohl niemanden.  Unter den regierenden Taliban wurden im vergangenen Jahr drei Journalisten getötet, mindestens 25 Medienschaffende saßen zwischenzeitlich im Gefängnis. Reporterinnen und Reporter müssen weiterhin ständig damit rechnen, durch Sicherheitskräfte der Taliban festgenommen zu werden.

Informationswüste in Eritrea

Noch darunter befindet sich Syrien, wo sich laut RSF die ohnehin katastrophale Lage weiter verschlechtert hat.  Dutzende Medienschaffende sitzen in den Foltergefängnissen des Assad-Regimes, wurden von dschihadistischen Gruppen entführt oder gelten als verschwunden.  Das neue Schlusslicht ist Eriteria,  das sich zu einer „Informationswüste“ entwickelt hat.   Seit 2001 schottet sich die Diktatur von Isayas Afewerki nach außen hin ab und unterbindet den freien Fluss von Nachrichten und Informationen mit großer Härte und Brutalität.

Fazit und Methodik

Insgesamt, so das Besorgnis erregende Fazit von RSF, nimmt die Pressefreiheit weltweit ab. Die Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen  vergleicht die Situation für Journalistinnen, Journalisten und Medien in 180 Staaten und Territorien. Dabei stützt sie sich dabei auf fünf Indikatoren: Neben Sicherheit sind dies politischer Kontext, rechtlicher Rahmen sowie wirtschaftliches und soziokulturelles Umfeld. Diese Indikatoren werden in jedem der 180 untersuchten Staaten und Territorien ermittelt – zum einen auf Grundlage einer qualitativen Untersuchung, für die ausgewählte Journalistinnen, Wissenschaftler und Menschenrechtsverteidigerinnen in den jeweiligen Ländern einen Fragebogen mit etwas mehr als 100 Fragen beantworteten, zum anderen auf Grundlage von quantitativen Erhebungen zur Sicherheit von Journalisten und Medien. Mittels einer Formel wird daraus ein Punktwert zwischen 0 und 100 ermittelt, wobei 0 der schlechtesten und 100 der besten möglichen Wertung entspricht.  In die aktuelle Rangliste   2024 fließen Daten vom 1. Januar 2023 bis 31. Dezember 2023 ein.

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