Tag 1
Am Anfang fremdeln wir noch etwas. Relax heißt das Schiff, auf dem wir für eine Woche eine Kabine beziehen werden. „Magic“ hätte uns besser gefallen, oder „Adventure“. Wir wollen ja nicht nur entspannen, sondern auch was erleben in der Inselwelt von Dalmatien.
Die Kabine ist groß, das Bad ebenso, die Gruppe scheint in Ordnung zu sein und der Willkommen-Snack schmeckt schon mal. Nur das Wetter will nicht so recht. Über Split drohen dunkle Wolken, wir machen eine Führung bei strömendem Regen – und sind nicht die einzigen. Stadtführerin Betti findet zwar immer wieder trockene Nischen für ihre Schäfchen, aber wir kehren trotzdem tropfnass aufs Schiff zurück. Wie gut, dass es zum Abendessen eine warme Suppe gibt. Kapitän Karlo Ercegovic beruhigt: Das Wetter werde sicher besser werden, anders als bei der Gruppe vor uns, die sieben Tage Regenwetter hatte. Schöne Aussichten…
Tag 2
Am nächsten Morgen scheint die Sonne, nichts wie raus und zum Diokletian Palast, um wenigstens noch ein paar Fotos von diesem gigantischen Baukomplex aus dem vierten Jahrhundert nach Christus zu machen. Hier zwischen Säulen, Tempeln und Toren schlägt das Herz Hauptstadt von Dalmatien.
Als wir zum Schiff zurückkehren, ziehen schon wieder dunkle Wolken auf. Den geplanten Badeaufenthalt können wir wohl abschreiben. Doch der Kapitän hat vorgesorgt, unser Schiff läuft Milna ein, von weitem ein malerisches Städtchen. Aus der Nähe sehen wir, dass viele der schönen, alten Häuser dem Verfall preisgegeben sind, während dahinter gesichtslose Neubauten entstehen. Ich mag solche morbiden Orte, sie taugen für melancholische Fotos.
Aber wohnen wollten wir hier nicht. Josip Pavic (61) ist trotzdem zurückgekommen ins Haus seiner Kindheit in Dalmatien. Er hat lange bei Bad Homburg gelebt und einen Hof betrieben. Jetzt ist er wieder daheim, hat nicht nur ein Weingut mit autochthonen Reben, sondern produziert auch eine Art Aceto Balsamico, einen Süßwein nach alter Tradition, Olivenöl, das im Steintrog reift, und Naturseifen. Er freut sich über Touristen – nur finden muss man seine Vinothek.
Vor Hvar will‘s Kapitän Karlo dann doch wissen und steuert eine Badebucht an. Ein paar Unerschrockenes stürzen sich ins kalte Wasser, beklatscht von den anderen. Wir warten lieber noch ab, bis der kalte Wind abflaut.
Vor Hvar staut es sich. In der kleinen Bucht liegen schon Boote vor Anker und hinter uns warten noch mehr. Der Plan ist: Runter vom Schiff und rein ins Städtchen. Um 20 Uhr will der Kapitän wieder zurück sein. Wir erkunden Hvar treppauf und treppab – und landen in der kleinen Konoba Luviji, wo uns Markus willkommen heißt, ein 59-jähriger deutscher Brechtfan, der hier mit der „Chefin“ des Hauses sein Glück gefunden hat. „Nach drei Stunden war mir klar, dass sie der Mensch ist, mit dem ich den Rest meines Lebens verbringen möchte,“ erzählt der Mann mit der Mütze. Der studierte Chemieingenieur hängte seinen Job an den Nagel, zog nach Hvar und heiratete seine Julia. „Jetzt bin ich halt hier, mach‘ Ziegenkäse und bin Kellner,“ sagt Markus und klingt dabei ganz zufrieden.
Auch wir sind zufrieden, denn die Ziegenkäse-Auswahl ist überaus köstlich ebenso wie das Gemüse und das hausgemachte Brot. Dazu schmeckt der Wein des Schwiegervaters. Hier könnten wir es länger aushalten.
Tag 3
Die Relax ist das erste Schiff im Hafen von Hvar, hinter uns haben noch einige andere festgemacht, die auch durch Dalmatien cruisen. Es dauert also, bis wir wegkommen. Aber wir haben ja Zeit. Das ist das Schöne. Allmählich füge ich mich in den Rhythmus. Heute scheint auch die Sonne. Das Meer ist karibikgrün und lädt zum Bade. Diesmal lassen wir uns nicht lange bitten, sondern schwimmen mit den anderen in der Bucht. Danach schmeckt der Lunch an Bord umso besser. Auch der Käpt‘n wirkt zufrieden. Mit seinen 30 Jahren ist Karlo schon zweifacher Familienvater. Das Leben auf dem Schiff und die oft längere Trennung von Frau und Kindern ist für ihn kein Problem – auch dank Whatsapp. Schon als kleiner Junge ist er mit dem Großvater auf dem Meer unterwegs gewesen, erzählt Karlo. Später hat er angefangen, „ein bisschen an Bord zu arbeiten“, und seit acht Jahren ist er Kapitän. Auch seine zwei Brüder sind im „Schiffs-Business“. Etwas anderes als die Seefahrt könnte sich der 30-Jährige mit den Meerwasser-Augen nicht vorstellen.
Am Nachmittag ankern wir vor Mijet, in Pomena. Und jetzt ist die Relax eines der letzten Schiffe in der Reihe. Wir müssen durch sechs andere, um an Land zu kommen. Überhaupt diese Schiffe: In Pomena werden es später zehn hintereinander sein – wie zu Hoch-Zeiten auf dem Nil. Für den Kapitän ist es tatsächlich Millimeterarbeit, neben einem anderen Schiff festzumachen.
Wir genießen den Ausflug in den Nationalpark, die Bootsfahrt zum alten Benediktinerkloster, wo wir in der romanischen Marienkirche sogar eine paar Minuten der Stille haben, ehe eine amerikanische Mega-Gruppe über uns hereinbricht. Draußen blüht rot der Mohn zwischen den Steinen, darunter funkelt das blaugrüne Wasser des großen Salzsees. Wir umrunden die kleine Klosterinsel und lassen uns dann mit dem Boot zurückbringen zum kleinen Salzsee, wo wir ein abgelegenes Plätzchen zum Baden finden. Der Regen am Abend kann uns nicht erschüttern. Wir sitzen in einer ländlichen Konoba und schauen hinüber auf die Phalanx der erleuchteten Schiffe.
Tag 4
Die Nachbarschiffe sind schon wieder weg, als wir frühstücken. Unter wolkenverhangenem Himmel steuert der Kapitän die Relax zu einem Badeplatz in einer traumschönen Bucht, die so typisch ist für diese Inselwelt in Dalmatien. Zwischendurch blinzelt die Sonne durch ein Wolkenloch, das Wasser lockt mit Karibikfarben. „Herrlich,“ ruft der Seebar mit dem grauen Bart, der immer der erste im Meer ist und der letzte an Bord. Nichts wie rein! Es ist gar nicht so kalt.
Nach dem Lunch fährt Karlo rund um Dubrovniks Altstadt. Es gibt Sekt auf dem Sonnendeck – „Das ist in den zehn Euro extra enthalten“ – ehe wir unser Quartier für die Nacht ansteuern: Wir schlafen unter der Brücke, hatte der Kapitän gesagt, als sich Dubrovnik ankündigte – mit Brutalo-Architektur und einem Kreuzschiff nahe dem Ufer. Die Altstadt, sagt die Frau vom Tourismusbüro, „ist ausgebucht“. Und das jetzt, in der Vorsaison. Wir fahren mit dem Bus von unserem Ankerplatz zum Pile Tor, dem Eingang der Altstadt (12 Kuna) und reihen uns ein in die Touristenschar, die sich trotz des Regens durch die Gassen Dubrovniks wälzt. Wie schön, dass es wenigstens in den Seitengässchen ruhiger ist.
Eine Frau füttert gerade die Straßenkatzen, eine Gruppe junger Leute strebt einen Laden an, der sich als Hort für Game-of-Thrones-Fans empfiehlt, daneben erinnert ein Plakat an die Schlacht um Dubrovnik: Am 6. Dezember 1991 wurde die historische Altstadt von der jugoslawischen Volksarmee mit Mörsergranaten und Lenkraketen beschossen, zahlreiche Häuser des Unesco-Weltkulturerbes wurden zerstört, obwohl auf der Stadtmauer die blauen Unesco-Fahnen wehten, 19 Menschen verloren ihr Leben. Auch im Museum des Franziskanerklosters erinnern Einschusslöcher von Mörsergranaten an die folgenreiche Belagerung vor 28 Jahren. Dabei wird uns bewusst, wir glücklich wir sein können, in einem friedlichen Europa zu leben und (fast) grenzenlos reisen zu können.
Als wir die vielen Stufen bis unter die Stadtmauer erklimmen, sind wir nahezu allein. Den Rundgang, der inzwischen 200 Kuna (fast 30 Euro) kostet, haben wir uns gespart.
Dafür speisen wir gepflegt im schönen Restaurant des Prijeko Palace und schauen auf Kunst an den Wänden und über die Dächer von Dubrovnik. Draußen sausen Mauersegler über den abendlichen Himmel. Morgen könnte das Wetter schöner werden…
Tag 5
Das mit dem Wetter war leider ein frommer Wunsch. Das Netz verrät, dass sich die Sonne nicht gegen die Wolken durchsetzen wird. Wenigstens regnet es nicht – aber Badewetter sieht anders aus! Und dann gehen wir doch ins Wasser, zu verlockend ist die einsame Bucht, zu einladend das Meer. „Einfach großartig,“ jubelt der Seebär und räumt dann ein, dass das Bad diesmal „ganz besonders erfrischend“ war.
Die Stadt Korcula auf der gleichnamigen Insel sieht von weitem aus wie Klein-Dubrovnik. Hier soll der Seefahrer Marco Polo geboren sein, der meist in Venedig verortet wird. Genaues weiß man nicht, aber es gibt einen Laden mit Marco-Polo-Souvenirs und einen – jetzt schon geschlossenen – Marco-Polo-Turm. Der Aufstieg auf den Turm der Markus-Kathedrale kostet 25 Kuna. Von oben sieht man weit über die Dächer der Stadt und das blaugrüne Meer. In der Kathedrale ist es ruhig, und ich habe Zeit, das sattfarbene Gemälde des Renaissance-Genies Tintoretto am Hauptaltar zu bewundern. Dafür habe ich die 15 Kuna Eintritt gern bezahlt. Umsonst ist der Bummel durch die Gässchen und über die Stufen des Städtchens, wo vielerlei Läden die immergleichen Klamotten verkaufen. Wir spazieren noch ein Stück am Meer entlang und entdecken das kleine Restaurant Nigra, von dem aus wir den schönsten Blick auf Korcula haben. Der Kellner ist charmant, die Speisekarte klein und das Essen ausgesprochen fein. Noch ein Geheimtipp!
Tag 6
Sonne! Schon zum Frühstück leuchtet der Himmel blau, aber es weht auch ein kalter Wind. Und was sagt der Seebär? „Das nennt man Abkühlung!“ Obwohl das Wasser gefühlt mindestens zwei Grad kälter ist als gestern, tummeln sich bald 20 Wasserratten im Meer. Zum Lunch gibt es eine Hiobsbotschaft: Die Winsch ist gebrochen.
Der Kapitän nimmt‘s gelassen. Wir müssten halt die Route ändern, damit die Seilwinde für die Ankerkette repariert werden kann. Wir steuern einen Platz irgendwo im Nirgendwo an, wo ein abgetakeltes Schiff am Ufer steht. „Mit dem fahren wir weiter,“ witzelt ein Mitreisender. Aus einem schwarzen Kombi steigen zwei Männer, entern das Schiff und untersuchen den Defekt. Ein Kleinlaster hält neben dem Kombi, ein altersschwacher Kran hievt ächzend die kaputte Winsch auf den Anhänger. Sie sieht aus wie neu. Der Kapitän hat sie blank poliert als wollte er sie ausstellen.
Abends haben sich alle Gäste in Schale geworfen, Küchenchef Filip hat sich ein feines Menü einfallen lassen und unser freundlicher Kellner Jure bringt die schön dekorierten Teller mit breitem Lächeln auf den Tisch. Die ganze – achtköpfige – Mannschaft holt sich den verdienten Applaus ab, der Kapitän betanzt die Damen und gibt ein Lied zum Besten. Karlo weiß, wie man‘s macht.
Wir verabschieden uns um Mitternacht von unseren gut gelaunten Tischnachbarn. Der harte Kern hat noch bis 1.30 Uhr durchgehalten.
Tag 7
Wir wachen vor dem Örtchen Krilo auf, wo der Kapitän aufgewachsen und zuhause ist. Hier wird gerade das dritte Schiff der Familie ausgebaut, wie Karlo erzählt. Er ist bestens gelaunt, Frau und Kinder kommen an Bord und dürfen ein Stückchen mitfahren bis zu einem Strand, wo die Relax an einem Steg anlegen kann. Es ist die letzte Gelegenheit zum Baden. Nach dem ebenfalls letzten Lunch an Bord machen wir uns auf den Weg nach Trogir, begleitet von kleineren und größeren Booten. Unter einem blassblauen Himmel wogen Schaum gekrönte Wellen. Wir legen überraschend am Fähranleger an. Wieder kommt der alte Laster mit dem altersschwachen Kran. Er bringt die reparierte Winsch, die in Windeseile eingebaut wird. Dann geht‘s weiter bis vor die Altstadt, unseren Ausgangspunkt.
Und wieder ist Betti da, um uns ein paar Geschichten zu der pittoresken Altstadt zu erzählen. Zum Radovan-Portal an der Laurentius-Kathedrale zum Beispiel, wo der Künstler den Alltag seiner Zeit in Stein gemeißelt hat, einschließlich Wein und Würsten. Zum von vielen Füßen blank polierten Pflaster, das je nach Anlieger anders gestaltet ist. Und zur wechselvollen Eroberungsgeschichte Trogirs, in der Griechen sich mit Sarazenen und Kroaten sich mit Venezianern abwechselten. „Nur wir Kroaten sind geblieben,“ sagt die Führerin zufrieden. Wir folgen Betti durch das Gassengewirr, bleiben hier bei einem Künstler stehen, dort bei einem Mispelbaum und staunen über den alles überragenden Turm der Kathedrale, der Architekturgeschichte von der Romanik bis zur Renaissance spiegelt. Später klettern wir hinauf bis zur Spitze und schauen hinunter auf die Dächer der kleinen Altstadt und hinüber zum Hafen, wo die Relax liegt. Im zauberhaften Innenhof der Konoba Idro knacken wir die harte Schale gegrillter Garnelen und lassen den Abend mit einem Rosé ausklingen, der aus Dalmatien kommt.
Tag 8
Beim Abschiedsfrühstück kommt Wehmut auf. Als wir das Gepäck aus der Kabine holen, ist das Bett schon abgezogen. Pavica, unser Zimmermädchen, hat noch viel Arbeit vor sich. Der Kapitän bringt uns an Land. Das war‘s schon wieder. Aber wir haben noch Zeit, Trogir zu erkunden, bevor die Touristenscharen kommen. Noch sind wir (fast) allein, auch beim Aufstieg auf den Turm (Eintritt 20 Kuna Kirche und Turm). Aber von oben sehen wir die Besucher schon strömen, hören die Guides, die sich gegenseitig übertönen. Wir wandern um die venezianische Festung Kamerlengo aus dem 15. Jahrhundert, sitzen auf einer schattigen Bank und schauen zu, wie die Ausflugsboote hinaus- und hereinfahren. Über den trubeligen Markt bummeln wir zurück zur Altstadt und lassen uns im Restaurant Tragos ein Kalbstatar schmecken. Alles ganz entspannt – bis zur Abfahrt des Shuttle zum Flughafen. Der lässt eine Stunde auf sich warten. Nur gut, dass wir so ausgeruht sind.
Kurz informiert
Anreisen Der nächste Flughafen ist Split. Er wird von verschiedenen Airlines angeflogen, u.a. Lufthansa oder Air Croatia (ab München ab 165 Euro), aber auch Condor (ab Frankfurt ab 89,99 Euro).
Inselhüpfen Die Relax ist bei Riva Tours buchbar. Acht Tage Inselhüpfen mit HP und Stadtführungen in Split, Dubrovnik und Trogir sowie Captain‘s Dinner kosten in der Hauptsaison 1099 Euro. Zum Flughafen in Split fährt ein Shuttle: www.kroatien-idriva.de
Nationalpark Mijet Der Eintrittspreis beträgt für Erwachsene 125 Kuna einschließlich der Bootsfahrt auf die Klosterinsel.
Bezahlen Kreditkarten werden nicht überall akzeptiert, es lohnt sich, zwischendurch Euro in Kuna zu wechseln. Derzeit (Stand Mitte Juni 2019) gibt es für einen Euro 7,41 Kuna.
Essen und Trinken In Hvar Konoba Luviji, kleines Traditionsrestaurant mit guter bodenständiger Küche, Jurja Novaka 6: https://konbaluviji.business.site
In Dubrovnik Restaurant Stara Loza im Prijeko Palace, feine Küche in edlem Ambiente mit schöner Aussicht, Prijeko 22: www.prijekopalace.com
In Korcula Restaurant Nigra, feine Küche mit Blick auf die Altstadt, Put Svetog Nikole 25: nigra.korcula@gmail.com
In Trogir Konoba Idro mit romantischem Innenhof und guter kroatischer Küche: Matije Gupca 6: konobaidro.magix.net
Oder Restaurant Tragos mit schattigen Plätzen und Dachterrasse sowie leckeren Spezialitäten zu vernünftigen Preisen, Budislaviceva 3: www.tragos.hr
Die Reise wurde unterstützt von Riva Tours und der Kroatischen Zentrale für Tourismus.