Allgäu: Im Reich der Bergwiesenkönigin

Schon erstaunlich, was sich alles mit Bergwiesen machen lässt. Man kann sie anschauen, klar, auch bewundern und fotografieren. Man kann sie riechen, fühlen, manchmal auch schmecken. Aber wer weiß schon, dass es eine Bergwiesenkönigin gibt? In Pfronten im Allgäu? Kein Wunder, dass es hier, wo 13 Gemeinden einen Ort bilden, auch einen Bergwiesenpfad gibt – und ein Heumuseum. Wer das Allgäu erwandern will, muss nicht immer hoch hinaus. Auch im Tal oder auf halber Höhe kommen die Wanderer den Reizen dieser Landschaft aus Bergen, Tälern, Seen und Hügeln nahe.

Die Idylle hat auch eine Kehrseite

Und wie in Pfronten lernen sie gleich noch einiges über die Bergwiesen, die hier noch blühen dürfen. Nur zwei Mal werden sie gemäht, damit die Heilblume Arnika oder die Orchideenpflanze Knabenkraut gedeihen können. Früher wurde das gemähte Gras auf „Hoinzen“, Holzgestellen, getrocknet. In einem Garten in Pfronten kann man ein paar solcher Hoinzen entdecken und auch vor dem kleinen Heumuseum stehen sie noch, obwohl das Gras auf ihnen längst getrocknet ist. Im „Museum“, einem alten Stadel, wundert sich der Mensch von heute über die Geräte von gestern. Es war schon harte Arbeit, so eine Bergwiese zu mähen und das Heu einzubringen. Heute machen das großenteils Maschinen. Die modernen Bauern, meist Nebenerwerbslandwirte, haben kaum mehr Zeit für die aufwändige Mäh-Arbeit. Der Milchpreis ist im Keller, und immer mehr geben auf, weil sie keine Zukunft mehr sehen. Das ist die Kehrseite der „Idylle“.
Vielleicht besinnt man sich gerade deshalb im Allgäu wieder auf die alten Berufe. „Mächler“ heißen die Traditions-Handwerker in Pfronten, ein Drechsler etwa oder ein Haferlschuh-Macher. Sie haben sich auf die Touristen eingestellt, die im Allgäu noch ein Stück heile Welt suchen. Bei Schumacher Markus Nöß gibt’s für Interessierte einen „Haferlschuh-Workshop“. In fünf Tagen sollen die Urlauber lernen, ihre eigenen Schuhe zusammenzuschustern. Und das kommt an. Gerne schauen die Gäste auch dem Handweber, der Trachtenschneiderin oder dem Filigrandrechsler über die Schulter. „Wir
wollen, dass unsere Gäste unsere Traditionen verstehen und sich bei uns zuhause fühlen,“ sagt Tourismusdirektor Jan Schubert. Womöglich bietet er auch bald Bergwiesen-Mähkurse an.
Aber auch ohne Workshop können die Wanderer vom Bergwiesenpfad noch einige Erkenntnisse mitnehmen. Dass eine Kuh in einer Woche soviel Gras frisst wie sie wiegt (500 Kilogramm), zum Beispiel. Und sie erfahren, welches Kraut gegen welche Krankheit hilft, oder riechen, wie Thymian duftet.

Durch die Höllschlucht zum Edelsberg

Wer doch lieber höher hinauf will, kann durch die Höllschlucht zum Edelsberg wandern. Fürchten muss sich hier trotz des teuflischen Namens niemand, auch wenn am Wegesrand mal ein Wolf steht oder gar ein Krokodil liegt. Die Tierfiguren sind Ziele für die Bogenschützen, die in der Schlucht einen Parcours ablaufen können. Der Weg führt steil bergan, über Wurzeln und Treppen, man hört das Wasser rauschen, den Wind in den Bäumen wispern und den eigenen schweren Atem. Von droben schweift der Blick über die grünen Grasberge des Allgäus hinunter auf Pfronten und die Kirche mit dem umgestülpten Enzian als Spitze. Hier treffen die Wasserläufer und Himmelsstürmer der Wander-Trilogie Allgäu aufeinander.

Die Wander Trilogie Allgäu hat für jeden etwas

Die Allgäuer haben mit diesem Wanderwegenetz, das in diesem Jahr den ADAC Tourismus-Preis gewann, den Urlaubern ein großes Angebot gemacht: Drei Routen, drei Höhenlagen, 56 Etappen. Nichts muss man, alles kann man. Jeder wählt das Wandererlebnis, das ihm am besten zusagt: Drunten im Tal sind die Wiesengänger unterwegs, auf halber Höhe und darüber hinaus die Wasserläufer und oben auf den Gipfeln die Himmelsstürmer. Man kann sich von den Geschichten, die in den 33 Trilogieorten erzählt werden, verführen lassen, kann auf den Themenbänken rasten und die Natur genießen oder sich von einer der urigen Alpen zur Einkehr verführen lassen.
Nur eines sollte man nicht: Sich überschätzen. Auch der Abstieg kann Knie und Oberschenkel auf eine harte Probe stellen.
Von der Berglodge unterhalb der Alpspitze geht’s steil bergab – es sei denn, man nimmt den breiten Feldweg unter die Füße. Doch der schmale Pfad durch frisches Grün, dunklen Tann und schließlich entlang des Wasserfalls hat seinen eigenen Charme. Der eigentliche Wasserfallweg ist nach den Zerstörungen durch einen Hangrutsch frisch möbliert mit Eisentreppen und -Brücken. Ein ganz neues Wandergefühl. Ach ja, man hätte auch mit der Alpspitzbahn gelenkeschonend zu Tal fahren, sich mit dem AlpspitzKick, einer aufregend schnellen Zip-Line, zur Mittelstation katapultieren und von dort auf der Sommerrodelbahn hinunter nach Nesselwang fahren können. Das Allgäu ist schließlich nicht von gestern und bietet auch Wandermuffeln und Adrenalinjunkies ein Bergerlebnis.

Kein Selfie auf der XXL-Bank

Auch in Oy-Mittelberg kann man sich am Duft der Bergwiesen berauschen. Es sei denn, ein Landmann bringt gerade Gülle aus. Aber auch das gehört wohl dazu im Allgäu. Oberhalb von Mittelberg steht am Panoramaweg eine riesige Bank, ein zwölf Meter breites, sechs Meter hohes und 15 Tonnen schweres Ungetüm aus Fichtenholz. Die Riesenbank hat eine Lehne und Seitenstützen wie andere Bänke auch. Nur: Betreten oder (be)sitzen darf man sie nicht – aus Sicherheitsgründen. Ein Selfie auf der XXL-Bank geht also nicht, höchstens davor. Da fühlt man sich dann zum Zwerg geschrumpft wie im Film. Wie gut, dass die Häuser von Mittelberg Normalformat haben, dass es hier sogar noch einen Heustadel (mit echtem Heu) gibt und Bauerngärten, die nach Rosen duften. Da ist das Allgäu ganz bei sich und nicht nur eine Inszenierung.

Kurz informiert

Wandertrilogie Allgäu Zu dem Fernwanderwegenetz gibt es eigene Karten und ein Büchlein mit allen Informationen: www.allgaeu.de/wandern
Übernachten Das Allgäu kann Luxus und Budget:
Luxuriös ist die Übernachtung in der Berglodge unterhalb der Alpspitze, die Suite mit eigener Sauna kostet 450 Euro pro Nacht. Dafür hat man einen unverstellten Blick auf das Alpen-Panorama und des Nachts himmlische Ruhe: www.berglodge.de
Die Explorer Hotels, in Nesselwang steht das 3. Hotel (Neuschwanstein) wurden für ihr nachhaltiges Konzept mit dem deutschen Tourismuspreis 2013 ausgezeichnet. Die innovativen design-orientierten Budget-Hotels wollen sportlich-aktive Gäste ansprechen und auf ökologisches Wirtschaften ebenso setzen wie auf ein interaktives Community-Konzept: Die Übernachtung im DZ kostet zwischen 39 und 89 Euro je nach Saison: www.explorer-hotels.com/nesselwang
Es gibt aber auch ganz „normale Hotels“ im Allgäu. Zum Beispiel das Hotel Berghof in Pfronten mit dem einzigen Wanderbutler als Gastgeber: http://www.berghof-pfronten.de/ DZ mit Frühstück ca 200 Euro
Oder das Hotel Tannenhof in Oy-Mittelberg, das vom Deutschen Wanderverband für seine Wanderer-Freundlichkeit ausgezeichnet wurde: http://www.tannenhof-allgaeu.com/ DZ mit Frühstück ab 130 Euro
Einkehren Das Allgäu ist reich an Einkehrmöglichkeiten im Tal und auf dem Berg.
Rustikal gemütlich ist die Schankwirtschaft Wohlfahrt, wo man sich in die „gute alte Zeit“ zurückversetzt fühlt (Kleinbergstr. 61, Pfronten): http://www.eiskeller-pfronten.de/
Einen schönen Ausblick über das Pfrontener Tal und die Allgäuer Berge hat man von der Alp aus, wo man all das bekommt, was hungrige Wanderer brauchen: www.kappeleralp.de
Noch ein Stück weiter oben ist das Sportheim Böck, heute Teil der Berglodge. Auch hier wird auf der aussichtsreichen Terrasse Deftiges für Wanderer serviert: www.berglodge.de/de/genuss/Sportheim-Boeck
Frisch gebrautes Biert aus der eigenen Biermanufaktur kann man in der Postbrauerei Nesselwang verkosten, dazu gibt’s Bodenständiges wie Kässpätzle oder Schweinebraten: http://www.hotel-post-nesselwang.de/restaurant/
Zum Hinteren Wirt heißt der Gasthof Rose bei den Einheimischen. Hier gibt’s originelle Allgäuer Heuküche, aber auch Deftiges: https://www.hotel-rose-allgaeu.de/
Selbst gebackenen Kuchen und Hausmannskost kommt im originellen Café Griaß di in Rettenberg auf den Tisch: http://www.allgaeu.de/a-cafe-griass-di
Informieren Allgäu GmbH, Allgäuer Straße 1,
87435 Kempten, Service-Telefon: 0831/5753730, E-Mail: info@allgaeu.de, www.allgaeu.de

 

 

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