Es muss schon was dran sein an dieser Stadt, die 1050 erstmals erwähnt wurde und seither „immer ein Zentrum war“, wie Gästeführerin Claudia Radtke betont – bis hin zu den Reichsparteitagen im Dritten Reich und den Nürnberger Prozessen nach dem Zweiten Weltkrieg. Seine Rolle in Hitlers unseligem Reich musste Nürnberg allerdings teuer bezahlen. Nach dem Krieg war die Stadt ein Trümmerhaufen, kaum ein Stein blieb auf dem anderen. Und doch gehört Nürnberg mit der Kaiserburg und der wieder erstandenen Altstadt wieder zu beliebtesten Reisezielen in Deutschland.
Söder-City mit SPD-Oberbürgermeister
Es muss also schon was dran sein an dieser Stadt, meint auch Claudia Radtke. Sie kam vor 20 Jahren nach Nürnberg, obwohl sie nie dahin wollte. Heute will sie nicht mehr weg und teilt ihre Begeisterung für die „gewitzten Nürnberger“ gerne mit Touristen. Dass sich die Stadt wieder so lebenswert präsentiert und die Kaiserburg nicht nur ein Museum sondern sogar ein Hochzeitszimmer bekommen hat, hat auch mit Bayerns frisch gebackenem Ministerpräsidenten zu tun. Weil Markus Söder seine Heimatstadt mit Millionen fördert, wird Nürnberg schon als „Söder-City“ tituliert. Dabei hat die Stadt mit dem SPD-Mann Ulrich Maly einen der beliebtesten Stadtregenten.
Uli Hoeneß und die Rostbratwurst
Und Nürnberg hat sich wieder eine zentrale Rolle erobert – als Messe-Standort etwa mit der Spielwarenmessen. Und als Genussort mit der BrauBeviale oder der Whisky Messe. Und dann wäre da ja auch noch die Nürnberger Rostbratwurst, für die es einen eigenen Bratwurstschutzverband gibt. Er achtet auf die richtige Größe, Würze und das Gewicht. „Original Nürnberger Rostbratwürste sind sieben bis neun Zentimeter lang und 20 bis 25 Gramm schwer,“ verrät Claudia Radtke. Sie bestehen aus Schweinefleisch, das in Schafsdärme abgefüllt wird. Die Gästeführerin weiß auch, dass die meisten dieser Schafsdärme aus dem Iran importiert werden und dass alle Bratwürste, die in einem Jahr in Nürnberg produziert werden, ausreichen würden, die Welt zu umrunden. Womöglich sind es sogar noch mehr. Allein die HoWe Wurstwaren KG des Metzger-Sohns und FC Bayern Präsidenten Uli Hoeneß produziert jährlich vier Millionen Rostbratwürste. Verspeist werden die fingergroßen Würstchen gerne als „3 im Weckla“, also drei in einem Brötchen, zum Beispiel im Bratwursthäusle in der Altstadt. Hier werden sie noch nach alter Tradition auf Buchenholzkohle geröstet – von Vietnamesinnen. Auch da ist Nürnberg in der Gegenwart angekommen.
Würstchen-Dreierlei in der Kochschule
Doch die Würstchen lassen sich auch noch anders genießen. Im Sommer gerne als Saure Zipfel, in Essigsud eingelegt. Und dann gibt‘s noch echte Feinschmecker-Rezepte mit Nürnberger Rostbratwürsten. In der Kochschule Cookionista kann man sie gleich dreifach genießen: In einem Salat, in einer Art Bratwurst-Quiche und verfeinert mit Balsamico -Sauce. Da entdeckt man in den Würstchen ganz neue Geschmacksnuancen (siehe auch Rezept)…
Wolfram Zilk von der Congress- und Tourismuszentrale Nürnberg, den schon die Statur als Genießer ausweist, ist begeistert von der Idee des Würstchen-Dreierleis. Auch der gebürtige Passauer Zilk wollte eigentlich nie nach Nürnberg. Inzwischen hat er es 40 Jahre hier ausgehalten und sagt: „Jetzt bringt mich hier niemand weg.“
Ein Kultbier aus alter Zeit
Es muss also schon was dran sein an dieser Stadt, die auch die Jugend anzieht. Des Abends steppt der Bär unter der Burg am Tiergärtnertorplatz nahe dem Dürer-Haus. Dicht an dicht sitzen meist junge Leute auf dem Pflaster, trinken, essen, reden und feiern. Touristen mischen sich unter Studierende, Einheimische treffen auf Fremde. Die Jugendherberge im Schloss, wohl eine der schönsten der Welt, ist nahe.
Einen Katzensprung entfernt ist die Brauerei im Altstadthof, „die erste Brauerei, die nach dem Zweiten Weltkrieg wieder öffnete“, so Wolfram Zilk, „und eine der ersten, die nach ökologischen Grundsätzen braut“.
Diplom-Braumeister Reinhard Engel hat 1997 das Rotbier wieder entdeckt, das als klassisches Nürnberger Stadtbier bis 1905 hier gebraut wurde und über 600 Jahre lang die beliebteste Biersorte in Nürnberg war. Kein Wunder, dass das Spezialbier viele Nachahmer fand.
Winterwärmer und Whisky
Heute produziert die innovative Hausbrauerei zehn bis zwölf verschiedene Biersorten, darunter auch den Winterwärmer, einen Gewürztrunk, wobei das Malz von regionalen Biobauern kommt. Schließlich hatte der gebürtige Oberpfälzer Engel seine erste Stelle bei der ökologisch orientierten Neumarkter Lammsbräu. Malz ist auch die Grundlage für das Kultgetränk der Schotten und der Iren, ihr „Lebenswasser“, den Whisky. Warum also nicht Whisky brennen, dachte sich Reinhard Engel 2003. Es dauerte, bis sich der Erfolg einstellte. Doch mittlerweile lehrt Engel die Iren und Schotten das Fürchten. Zusammen mit Sohn Maximilian hat er den „stärksten Single Malt der Welt“ kreiert, den 74-prozentigen „Ayrer‘s Mastercut“. Und schon 2015 wurde der Bio-Whisky aus der hauseigenen Destille Ayrers auf der InterWhisky als bester deutscher Whisky ausgezeichnet. Auch der Name hat Tradition: Der Altstadthof hieß bis 1568 Ayrershof. Der Whisky trägt den alten Namen in die Zukunft.
Mehr Vielfalt im Bio-Netzwerk
Es muss also schon was dran sein an Nürnberg, dass es so kreative Menschen anzieht. Die Stadt tut auch einiges für ihr Image und sieht sich gar als BioMetropole. Sie ist Mitglied des Netzwerks BioStädte mit derzeit 12 Städten, das regionale Erzeuger und Bio-Produkte fördern will. „Wir verstehen uns nicht als nationalistisch abgesteckten Bereich, sondern als europäisches Netzwerk,“ betont Dr. Peter Pluschke vom Umweltreferat im Nürnberger Stadtrat. Man wolle weg vom „vergrämten Öko-Image und hin zu einer bunten Vielfalt“. Dazu gehöre auch der Falafel-Verkäufer aus Syrien oder eben die Küchenhilfe aus Vietnam. „Da passiert auch innerhalb der Gesellschaft etwas,“ konstatiert Pluschke zufrieden. Womöglich liegt es an dieser Offenheit Nürnbergs, dass die Stadt so sympathisch wirkt.
Kurz informiert
Wohnen. Die Jugendherberge in der Kaiserburg verfügt über 335 Betten, die vorwiegend für junge Menschen gedacht sind. Auch Familien sind willkommen: www.jugendherberge.de/jugendherbergen/nuernberg-253/portraet/
Mitten im Herzen der Stadt hat das Sorat Hotel Saxx am Hauptmarkt 17 eröffnet. DZ ab 97 Euro: www.sorat-hotels.com/de/hotel/saxx-nuernberg.html
Anschauen. Im schönen Fembohaus, Burgstr. 15, lohnt sich die Dauerausstellung „Krone-Macht-Geschichte“, wo man per Audioguide in 1000 Jahre Geschichte eintauchen kann. Eintritt sechs Euro, mit NürnbergPass 1,50 Euro: https://museen.nuernberg.de/fembohaus/dauerausstellung/krone-macht-geschichte/
Kochen. Ein Bratwurst-Kochkurs für Gruppen kostet bei Cookionista, Bucherstr. 9B, 29 Euro pro Person ohne Getränke: https://cookionista.com
Tipp. Vom 7. bis 9. September ist der Nürnberger Burggraben, Am Hallertor, Schauplatz für das Mittelalterliche Burggrabenfest. Höhepunkt sind die Feuergeister von „Firefly“, die bei Einbruch der Dunkelheit am 6,5 Meter hohen Trapezrahmen begeistern. Aufgespielt wird von „Bene Vobis“ und „Schattenschweif“. Der Eintritt ist frei: www.burggrabenfest.de/
Informieren. Congress- und Tourismus-Zentrale Nürnberg, Frauentorgraben 3, 90443 Nürnberg, Hotline 911/2336-0, E-Mail tourismus@nuernberg.de, https://tourismus.nuernberg.de/
Und so geht der Cookionista-Bratwurstsalat
Zutaten (für vier Personen): 12 Nürnberger Rostbratwürstchen, 1 rote Zwiebel, 1 rote Paprika, 2 Frühlingszwiebeln, 2 Zweige Petersilie, 1 EL dunkler Balsamico, 1/2 TL Senf, 1/2 TL brauner Zucker, Salz, Pfeffer, 3 EL Olivenöl
Zubereitung: Die gebratenen Würstchen schräg in mundgerechte Stücke schneiden und in eine mittelgroße Schüssel füllen. Die rote Zwiebel schälen, würfeln und zugeben. Ebenso die entkernte und gewürfelte rote Paprika, die in feine Ringe geschnittenen Frühlingszwiebeln und die klein geschnittene Petersilie. Den Balsamico Essig in einer kleinen Schüssel mit Senf und Zucker verrühren, das Olivenöl darunter schlagen, bis eine cremige Sauce entsteht. Dressing zu den Salatzutaten geben und untermengen. Mit Salz und Pfeffer kräftig würzen. Den Salat zehn Minuten ziehen lassen und – falls nötig – noch nachwürzen. Guten Appetit!