Einen Reiseführer wollten sie nie schreiben, und doch haben ihre Kult-Krimis um den grantelnden Kommissar Kluftinger ein Allgäu auf die touristische und literarische Landkarte gesetzt, das die wenigsten kennen. Die Autoren kennen es umso besser: Volker Klüpfel und Michael Kobr sind waschechte Allgäuer. Ihre Liebe zur Heimat schlägt sich nicht nur in den bodenständigen Charakteren nieder. Sie präsentieren auch immer neue Landschaften und Orte, zu denen sie Geschichten erzählen können.
Kluftis Welt auf einer Karte
Und so kommt es, dass die Allgäu GmbH unter dem Titel „Mörderisch spannendes Allgäu“ eine Panorama-Karte zu „Kluftis Welt“ herausgebracht hat. Nicht ganz uneigennützig, wie Simone Zehnpfennig einräumt. Die blonde, sportliche Allgäuerin, zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit, ist mit den Krimis zur Kluftinger-Expertin gereift. „Wir sind den Autoren so dankbar, dass sie in ihren Romanen auch das andere Allgäu beschreiben,“ sagt sie. „Nicht das Allgäu, das alle kennen, sondern das Allgäu, in dem die Menschen ihren Alltag leben.“
Eine unterschätzte Region sei das, meinen die Autoren, unerwartet facettenreich und multikulti. Im Schatten von Oberbayern hätten die Allgäuer eine Art Minderwertigkeitskomplex entwickelt, dafür aber ihre Bodenständigkeit bewahrt.
Der 13. Krimi
Auch im nunmehr 13. Krimi „Lückenbüßer“ dürfen Klufti-Fans auf seinen Spuren einige besondere Orte im Allgäu kennenlernen. Zum Beispiel das Ofterschwanger Horn, das Kluftinger nicht nur wegen der Aussicht auf Sonthofen besonders schätzt, sondern auch, weil man bequem mit dem Sessellift bergan schweben kann. Dann auch die „Alpenstadt Sonthofen“, die mit dem Monumentalbau der NS-Ordensburg die Autoren zu einem Ausflug in die Geschichte inspirierte.
Rätsel am blutenden See
Historische Hintergründe und Sagen prägen die Krimis ebenso wie der Allgäuer Alltag und die Allgäuer Landschaft. Der Krimi „Seegrund“ etwa spielt am malerischen Alatsee, wo von einem Goldschatz aus der NS-Zeit gemunkelt wird. Vor allem die Verfilmung hat den Tourismus an dem See beflügelt, der auch als „blutender See“ bekannt ist. Schuld an der meist im Frühling und Herbst auftretenden „Blutfärbung“ sind allerdings keine mörderischen Aktionen, sondern Schwefelpurpurbakterien. Bei einer Krimiführung, die von Mai bis September von der Touristinfo Füssen angeboten wird, kann man mehr darüber erfahren.
Sagenhafte Kartause
Ohne „Erntedank“ läge die Kartause Buxheim trotz ihres beeindruckenden Chorgestühls wahrscheinlich noch im Dornröschenschlaf. Im Krimi geschehen hier Morde nach dem Vorbild von Allgäuer Sagen. „Seit Kluftinger hier ermittelt hat, kommen immer mehr Besucher“, freut sich Simone Zehnpfennig. Die Kartause steht Besuchenden jederzeit offen.
Die Heimat des Urzeitaffen
Das gilt allerdings nicht für die Tongrube in Pforzen, die als Fundstätte des Urzeitaffen Udo weltweit Schlagzeilen gemacht hat. Der Krimi „Affenhitze“ spielt entsprechend in Paläontologenkreisen. Eine Wanderausstellung widmet sich seit 2022 dem Thema. Derzeit ist sie in Memmingen zu sehen, 2025 kommt sie zurück nach Pforzen. Im Ort entsteht gerade ein Info-Pavillon, in dem Repliken der Funde aus der Tongrube zu sehen sein sollen – die Originale liegen in der für die Grabungen verantwortlichen Uni Tübingen. Die „naturgeschichtliche Fundstelle“ schwärmt Torsten Stöckle vom Udo-Förderverein habe ein komplettes Ökosystem offenbart mit über 130 Wirbeltierarten, darunter Riesenkraniche, Schleichkatzen und der wohl älteste Pandabär der Welt. Wer dieser Urwelt nahe kommen will, soll bald von einer Plattform aus hinunter in die Grube blicken können, verspricht Stöckle.
Die Zeit im Wandel
Vieles, was in den Krimis beschrieben wird, kann man bei einem Besuch vor Ort wieder erkennen. Aber auch im Allgäu ist so manches im Wandel. Selbst im beschaulichen Altusried, Kluftis Heimatort. Derzeit ist ein neues Rathaus im Bau, auch sonst hat sich gegenüber der Zeit, als der erste Krimi „Milchgeld“ entstanden ist, einiges verändert. „Die Bücher stehen für die Zeit, in der sie entstanden sind“, erklärt Michael Kobr. „Inzwischen ist Milchgeld ein historischer Roman.“
Road Movie im alten Passat
Ob historischer Roman, Heimatroman oder Krimi – erfolgreich sind die Kluftinger-Bücher allemal. Im Memminger Stadtmuseum eröffnet im Oktober eine Wanderausstellung zum „Erfolgsrezept der Allgäu-Krimi Reihe“. Unter dem Titel „Kluftingers Geheimnis“ sind die Besuchenden eingeladen, in Kluftis Welt einzutauchen. Zu sehen ist eine „imaginierte Kluftinger-Welt“, so Kuratorin Dr. Veronika Heilmannseder. Im „Garten“ des Kluftingerhauses hängt eine Leinwand. Auf der fahren die Autoren in einer Art Road Movie im alten Passat Kluftingers durch „ihr Allgäu“ und nehmen die Zuschauenden mit in die Entstehungsgeschichte der Krimis.
„Ohne Auto geht im Allgäu nix“, erklärt Michael Kobr. „Hier ist das Auto ein Moment der Freiheit, mit dem man viel abseits der ausgetretenen Pfade erleben kann.“
Freilichtbühne und Dengelstein
Memmingen etwa, natürlich auch Kempten, die Allgäu Metropole, und Altusried, das Herzstück der Kluftinger-Krimis. Dazu Bad Grönenbach, Füssen, Oberstdorf… Wer sich ins Auto setzt, um das Allgäu auf Kluftinger-Spuren zu erobern, kommt ganz schön rum. Und die Autoren? Was sind ihre Lieblingsplätze? „Ganz klar die Freilichtbühne Altusried“, sagt Volker Klüpfel, „da schlägt das Herz des Orts.“ Michael Kobr denkt eher an den Dengelstein im Kemptener Wald, „ein magischer Ort“ – auch im Krimi „Erntdank“.
Wie geht es weiter?
Im bisher letzten Krimi „Lückenbüßer“ liebäugelt Kluftinger mit der Politik. Wie geht es wohl weiter? Gibt es überhaupt noch einen 14. Kluftiger-Krimi? Volker Klüpfel lacht. „Auf jeden Fall! Wir denken gerade darüber nach, die Lesenden wählen zu lassen, wie der Kommissar sich entscheidet.“ Und noch eine Neuigkeit hat Klüpfel: Es wird eine neue Kino-Verfilmung geben, zu der er mit am Drehbuch schreibt. Womöglich setzt der Film dann noch mehr Allgäuer Orte auf die touristische Landkarte.
Kurz informiert
Die Karte „Möderisch spannendes Allgäu“ gibt es bei der Allgäu GmbH zum Download: https://www.allgaeu.de/kultur/typisch-allgaeu/kluftinger
Bestellt werden kann sie unter https://www.allgaeu.de/service/prospekte
Die Wanderausstellung „Kluftingers Geheimnis“ im Stadtmuseum Memmingen, Zangenmeisterstr. 8, ist von Die bis So zwischen 11 und 17 Uhr zu sehen. Vom 23. Dezember bis 4. März ist sie geschlossen: www.memmingen.de
Auch die Autoren haben Reisetipps parat: www.kluepfel-kobr.de/kluftinger-reisetipps.html
Der neue Kluftinger-Krimi „Lückenbüßer“ ist bei Ullstein erschienen und kostet 24,99 Euro: www.ullstein.de/werke/lueckenbuesser
Allgemeine Infos zum Allgäu über die Allgäu GmbH www.allgaeu.de