Weihnachten ist auch eine Zeit für Geschenke. Und trotz der digitalen Konkurrenz bleiben Bücher für den Gabentisch beliebt. Aus dem großen Angebot der Verlage habe ich einige besonders bemerkenswerte Bücher herausgesucht, über die sich Menschen freuen, die gerne reisen.
Wasser-Welten
Um nichts weniger als um „Die Entdeckung des blauen Planeten“ geht es in diesem bemerkenswerten Bildband. Beeindruckende Satellitenbilder machen deutlich, wie Wasser unsere Welt mit gestaltet hat, wie wichtig Wasser als Element des Lebens ist aber auch wie knapp die Ressource Wasser durch die Eingriffe der Menschen wird. Wir sehen Wasser in der Wüste und im gefrorenen Zustand; wir sehen, wie Wasser zu Energie wird und wie ganze Landstriche durch Bewässerungssysteme ausgetrocknet werden; wir sehen die Kunstwelten der Emirate und das von immer mehr Hochwasser bedrohte Venedig; wir sehen Mega-Liner schwimmenden Städten gleich vor kleinen Inseln und die traditionellen Schilfinseln auf dem Titicacasee. Es ist eine Reise von einem Ende unserer Welt zum anderen, eine Reise entlang des Wassers, ohne das es kein Leben auf unserem Planeten gäbe und das wir doch oft sinnlos vergeuden und verschmutzen. Ganz so als wäre es unerschöpflich. Dass dem nicht so ist, erklären die lesenswerten Essays zwischen den Bildern. Ein Bildband nicht nur zum Blättern sondern auch zum Nachdenken (Entdeckung des Blauen Planeten, Frederking & Thaler, 303 S., 59 Euro)
Adria-Nostalgie
Die Adria, das war über Jahrzehnte hinweg der Sehnsuchtsort der Deutschen, der Inbegriff von bella Italia, von dolcefarniente. Am „Teutonengrill“ bräunte sich die Wirtschaftswundergeneration und träumte vom Land, wo die Zitronen blüh‘n. Denn ohne sich dessen bewusst zu sein, folgten die Adriareisenden den Spuren von Goethe und seiner Italienreise. Uwe Rada beschreibt in seinem Buch „Die Adria – Die Wiederentdeckung eines Sehnsuchtsortes“ die vielen Klischees, die diese Reisenden im Gepäck hatten und nimmt uns mit in das Provinzstädtchen Adria, das „an seinem Meer ein Schattendasein führt“. Er erzählt aus der Geschichte der Völker rund ums ehemalige griechische Meer, von Eroberern und vom frühen Tourismus und er nimmt seine Leser mit auf eine Reise, die bis nach Albanien führt, dorthin, wo die Adria gerade wieder entdeckt wird. Und natürlich auch nach Kroatien und die Riviera der Adria in Lovran – immer auf der Suche nach dem „kulturellen Gedächtnis des Raums“, dem Genius loci. Man folgt Rada gerne auf seiner Reise durch Zeit und Raum, lässt sich ein auf diese Adria, die viel mehr ist als Kindheitserinnerung. (Uwe Rada, Die Adria – Die Wiederentdeckung eines Sehnsuchtsortes, Pantheon, 336 S., 14,99 Euro)
Hoch-Gefühle
Es ist der „Evergreen“ unter den Bergbüchern, das Alpenvereinsjahrbuch. Und die Ausgabe BERG 2014 hat’s in sich: 256 Seiten Reportagen, Porträts und Interviews mal kritisch, mal nostalgisch. Dazu immer wieder aufregende Bilder aus der Welt der Berge und des Bergsports. Da beschäftigt sich das Kapitel BergFocus mit dem Klimawandel und damit, was die Energiewende mit ihren Megaprojekten in den Bergen anrichtet aber auch mit den Auswüchsen der Spaßgesellschaft in den Alpen. Da präsentieren die BergWelten aber auch den Hochschwab, das „ursteirische Gebirge“ am Ostrand der Alpen, wo die Welt noch in Ordnung scheint. In BergSteigen gibt’s Reportagen zu den verschiedensten Spielarten des Alpinismus – vom Wandern übers Extremklettern bis zum Familienurlaub im Himalaya. Dann wären da noch die Kapitel BergMenschen, BergWissen und BergKultur: Porträts, Sachkunde, Nachdenkliches und ein kritischer Blick zurück auf die eigene Geschichte. Viel Lesestoff also, und nicht nur für Alpenvereinsmitglieder. (Alpenvereinsjahrbuch BERG 2014, Tyrolia, 256 S., 16 Euro)
Wolkenkratzer-Feeling
War der 1985 verstorbene Schriftsteller E.B. White ein Prophet? Liest man seinen Text aus dem Jahre 1948 könnte man es glauben. Denn hier schreibt White von New York, das sowohl die „perfekte Zielscheibe als auch die perfekte Demonstration der Gewaltlosigkeit“ ist, „dieses hoch aufragende Zielobjekt, das an den Wolken kratzt und den vernichtenden Flugzeugen auf halber Strecke entgegenkommt.“ Whites Text steht statt eines Vorwortes in dem gewichtigen Bildband „Absolute New York“, der mit einer unerhörten Bilderfülle prunkt, einem Bilderschatz aus 40 Jahren Fotografie. Horst Hamann hat „die Stadt, die niemals schläft“ in all ihren Facetten kennen und lieben gelernt und er hat sie porträtiert: Die Wolkenkratzer – ja, auch die Doppeltürme des World Trade Center -, die Parks und die Subways, die Szenekneipen, die Künstler, die Freaks und die Hoffnungslosen. In Schwarzweiß und in Farbe. Ein Bilderreigen, der schwindlig macht. „Jedes Bild ein Spaziergang“, zitiert Freddy Langer im Nachwort den Fotografen, „jedes Bild eine Geschichte“. Und, möchte man hinzufügen: Jedes Bild eine Erinnerung. Ein monumentaler Bildband nicht nur für New-York-Liebhaber. (Horst Hamann, Absolute New York, Edition Panorama, 400 S., 98 Euro)
Appetit auf Armenien
So kann man auch Lust auf Reisen machen: Indem man die Gerichte des Landes vorstellt, mit appetitanregenden Bildern und der Geschichte dahinter. Armenien zum Beispiel, jenes uralte Land, das über die Jahrhunderte unter Fremdherrschaft litt und auch nach der Unabhängigkeit 1991 nur unvollkommen ist. Susanna Sarkisian lebt in Deutschland, ist Armenierin und kennt sich aus in der Küche aber auch in der Geschichte ihres Landes. Und so findet man in diesem außergewöhnlichen Buch nicht nur ungewöhnliche Rezepte wie Bratwürste mit Granatapfelkernen oder Malvensuppe, sondern auch einen ausführlichen Text über das Lieblingsfest der Armenier, das Neujahrsfest, „das fließend in das Weihnachtsfest übergeht, das die Armenier seit über 1700 Jahren am 6. Januar feiern“. Gerne folgt man der Autorin durch ihr Land, in Kirchen und Küchen, zu Seen und Weinkellereien. Auch die Fotos der Landschaft und der Menschen machen Lust aufs Land. (Susanna Sarkisian, Eine kulinarische Reise durch Armenien, BuchVerlag für die Frau, 224 S., 26,90 Euro)
Erinnerungen an Tibet
Jaroslav Poncar war 1985 der erste Europäer, der Tibet von Ost nach West durchquert hat. In dem opulenten Bildband mit grandiosen Panoramaseiten präsentiert Poncar die Fotos, die er zwischen 1985 und 1993 auf dem Dach der Welt gemacht hat, darunter bisher viele unveröffentlichte Aufnahmen. Sie zeigen ein Land, das es so nicht mehr gibt. Vier Reisen hat Poncar nach Tibet unternommen, oft unter abenteuerlichen Bedingungen. Und immer hat er Wert darauf gelegt, einmalige Augenblicke festzuhalten wie 1987 auf dem Weg zur Quelle des Indus, als er den Kailash fotografierte und lange auf das ideale Licht wartete. „Diesen Blick zurück zum Kailash hat vor uns nur Svami Pranavananda in den 1930er Jahren genossen“, notierte er zufrieden in seinem Tagebuch. Der Besuch der Indus-Quelle empfand der Weltreisende als „Höhepunkt aller meiner Himalaja-Reisen“. Der Bildband mit Texten des Asienexperten John Keay nimmt den Betrachter mit auf diese eindrucksvollen Reisen und vermittelt ihm tiefe Eindrücke aus einem Land, das einmal war. (Jaroslav Poncar, Tibet, Edition Panorama, 314 S., 78 Euro)
Neidfaktor garantiert
Eine Suite für 35 000 Euro die Nacht im Ty Warner Penthouse in New York, die Hütte in Oberlech für 490 000 Euro die Woche inklusive Butler, die Teilnahme am Dogenball in Venedig für 750 Euro oder doch gleich die Helicopter-Safari für zwei Personen in Äthiopien für schlappe 50 050 Euro? „Was kostet die Welt?“ fragen die beiden Reise-Autoren Margit Kohl und Jochen Müssig provokant und stellen in kurzen Texten und einladenden Fotos „Die 100 exklusivsten Reisen, die man sich leisten können müsste“ vor. Luxus pur auf Privatinseln und in Grand Hotels, auf dem Schiff und im Zug. Eine Weltreise in 40 Tagen für 920 000 Euro (immerhin für zwei Personen), die Welttour zu den zehn besten Reisemotiven für gerade mal 87 360 Euro für 30 Tage und zwei Personen oder die Weltumrundung im Privatjet (24 Tage, 88 000 Euro). Und in nächster Zukunft vielleicht doch noch die zweieinhalbstündige Weltraumreise für 200 000 Euro. Wer da nicht blass vor Neid wird! Das Büchlein selbst ist immerhin erschwinglich. (Margit Kohl/Jochen Müssig, Was kostet die Welt?, Bruckmann, 192 S., 14,99 Euro)