Wer haftet bei Rail & Fly? Reiserechtler Prof. Dr. Ernst Führich klärt auf. In einigen Bundesländern haben die großen Ferien schon begonnen, damit startet auch die alljährliche Reisewelle. Viele Familien reisen mit dem Zug zum Bahnhof. Was sie dabei beachten sollten:
Reiseveranstalter bieten oft neben dem Paket aus Flug und Hotel auch eine Zugverbindung zum Flughafen an. Seit Jahren müssen sich die Gerichte mit der Haftung beschäftigen, wenn Reisende wegen einer Zug-Verspätung ihren Flug verpassen. Denn nicht immer fallen die „Rail and Fly“-Angebote unter das Pauschalreiserecht der §§ 651a ff. BGB, darauf weist der Reiserechtler Prof. Dr. Führich hin. Rechtlich müsse zwischen mehreren Konstellationen unterschieden werden.
1. Zug als Teil einer Pauschalreise
Damit der Reiseveranstalter auch für den Zug zum Flug haftet, müsse die Zuganreise ausdrücklich als Teil der Pauschalreise vereinbart sein. Dann sei die Bahn „Erfüllungsgehilfe iSd § 278 BGB des Reiseveranstalters bei der diesem obliegenden Erbringung der Gesamtreiseleistung“. Vertragspartner der Reisenden wäre dann allein der Reiseveranstalter. Führich verweist auf eine Entscheidung des BGH, wonach Reisende von einer Inklusivleistung ausgehen können, wenn für das Zugticket kein eigener Preis aufgeführt ist (BGH 29.6.2021, X ZR 29/20, NJW 2021, 2880 = RRa 2021, 217).
Dabei reiche es schon, wenn Pauschalreisende anhand der Unterlagen den Eindruck haben, dass der Bahntransfer zum Flughafen eine Eigenleistung des Reiseveranstalters ist. Dann hafte der Reiseveranstalter auch für die Verspätung eines Zugs und alle Folgekosten.
2. Zug als vermittelte Fremdleistung
Der Reiseveranstalter haftet allerdings nicht für eine verspätete Zuganreise, wenn er bei der Buchung seine Stellung als Vermittler deutlich gemacht und darauf hingewiesen hat, dass die Zugfahrt lediglich in Kooperation mit der Bahn durchgeführt werde und der Reisende für seine rechtzeitige Anreise zum Flughafen selbst verantwortlich ist. „Entscheidend ist, dass aus den Buchungsunterlagen klar ersichtlich ist, dass dass die Zuganreise keine eigene Veranstalterleistung ist“, so Führich.
3. Zeitpuffer einplanen
Ob Teil des Pauschalreisepakets oder nur vermittelte Fremdleistung der Bahn, in jedem Fall, sei ein ausreichender Zeitpuffer für die Fahrt zum Flughafen einzuplanen, sagt der Reiserechtler. Nur dann könne man sich bei Verspätungen auf das Pauschalreiserecht berufen. Der Veranstalter könne den Reisenden Vorgaben – wie drei Stunden vor Abflug – in den Reiseunterlagen machen. Diese sollte man unbedingt einhalten, um sich im Zweifelsfall auf die eigenen Rechte berufen zu können. Führich verweist dazu auf einen Fall, der 2021 vor dem BGH verhandelt wurde. Der Reiseveranstalter hatte demnach gefordert, die Zugverbindung so zu wählen, dass der Abflughafen spätestens zwei Stunden vor Abflug erreicht werden kann. Die Abflugzeit war 12.05 Uhr, die planmäßige Ankunft des Zuges sollte 9.35 Uhr sein. Damit habe diese Zugverbindung den genannten Vorgaben entsprochen, so der BGH.
4. Keine Haftung der Bahn
Grundsätzlich, erklärt Führich, hafte die Deutsche Bahn bei Verspätungen nicht für Folgeschäden wie für verpasste Flüge. Ansprüche könnten Pauschalreisende also nur gegenüber dem Veranstalter geltend machen, wenn die Zuganreise Teil seines Reisepakets ist. Dafür müssten Reisende allerdings unter anderem den vom Veranstalter vorgegebenen Zeitpuffer eingehalten haben.