Klimawandel: Was hilft gegen warme Winter?

Dieser Winter hat uns mit seinen Kapriolen immer wieder überrascht. Da passte es, dass es genau zu dem Termin so richtig klirrend kalt wurde, als die Touristische Runde das Thema „Warme Winter“ diskutieren wollte. Und jetzt, da nach meiner Rückkehr aus Sri Lanka das Protokoll ansteht, haben wir’s wieder mit einer Warmfront zu tun. So ganz abwegig ist das Thema Klimawandel in den Bergen also doch nicht.

Klimawandel bedroht nicht nur den Wintersport

Das stellt auch Thomas Frey vom Bund Naturschutz klar: „Das Klima ändert sich. Da ist sich die Wissenschaft einig.“ Der Mann aus dem Allgäu ist zwar erfreut darüber, dass bei der Klimakonferenz in Paris, das Problem zumindest erkannt wurde und dass die Politik beschlossen hat, dass man dagegen etwas tun müsse. Nur was? Frey sieht großen Handlungsbedarf nicht wegen der Skifahrer, die im Winter ohne Schnee dastehen könnten. Sondern auch, weil bei einer ungebremsten Erwärmung große Teile der Welt unbewohnbar werden würden. Die Fluchtbewegungen, die durch den Klimawandel zu erwarten seien, stellten sicher alles bisher Dagewesene in den Schatten.
Dr. Tobias Hipp vom Deutschen Alpenverein hat in Klimawissenschaft promoviert. Für ihn ist es „eine Tatsache, dass sich die Jahreszeiten verschieben“. Der Herbst dauere länger, der Schneefall käme später. Diese Aussage bezweifelt der Skitourismus-Forscher Günter Aigner aus Kitzbühel. Er könne keine Tendenz erkennen, dass die Winter später anfangen. Schon bisher würde das Schneedecken-Maximum erste Mitte Februar erreicht, in großen Höhen gäbe es den meisten Schnee sogar erst Ende März.

Der Winter beginnt an Weihnachten

„Die Skigebiete sperren oft zu einem Zeitpunkt zu, wenn der meiste Schnee liegt,“ kritisiert Aigner. Tief winterliche Verhältnisse an Weihnachten seien zwar vom Zeitgeist erwünscht, statistisch aber „Schwachsinn“. „Die Debatte Weihnachten ohne Schnee werden wir noch in 50 Jahren führen,“ prophezeit der Experte. Schneearme Winter habe es schließlich auch schon in den 1920er Jahren gegeben.
Eine Aussage, die Augustin Kröll von den Bergbahnen Oberstdorf unterstützt. 1928 etwa habe man Ende Dezember mit der Nebelhornbahn Schnee für die Sprungschanze vom Berg heruntertransportiert. Der Winter beginne seit jeher um Weihnachten und nicht Ende November. Den Klimawandel will Kröll trotzdem nicht wegdiskutieren. Die Bergbahnen rechneten mit einem Anstieg von 1,5 Grad in 30 Jahren. Für diese Zeit könne man mit den technischen Möglichkeiten unserer Zeit den Wintersport sichern und damit die Lebensgrundlage der Bevölkerung in den Bergregionen. Dabei müsse man die Schneesituation differenziert betrachten. Auf keinen Fall stimme die Aussage: je niedriger das Skigebiet desto geringer die Schneemenge. In Oberstdorf habe man acht Monate Winter, fahre mit dem Nebelhorn regelmäßig bis Anfang Mai Ski, und in der Regel schließe das Skigebiet mit eineinhalb Meter Schnee auf den Pisten. Für den Bergbahn-Direktor steht fest: „Ohne Schnee und Sonne geht im Winter gar nichts.“
Naturschützer Frey sieht Fellhorn und Nebelhorn „wegen der Höhenlage“ als nicht typisch fürs Allgäu. In Immenstadt etwa gebe ein Skigebiet nach dem anderen auf, auch weil man nicht in Beschneiung investieren wolle. Kritik übt Frey an einem möglichen Präzedenzfall Riedberger Horn, wo durch einen Zusammenschluss der Balderschwanger Lifte mit Grasgehren ökologisch sensible Lagen gefährdet seien. Der Eingriff in die streng geschützte Kernzone C des Bayerischen Alpenplans wäre für den Bund Naturschutz ein Sündenfall.

Eine Expansion ist heute schon zu teuer

Die Aussage von Günter Aigner, dass solche Diskussionen in Österreich „relativ sinnlos“ seien, weil „kaum ein Skigebiet expandieren will“, will Tobias Hipp so nicht stehen lassen. Für ihn sind Zusammenschlüsse auch Expansionen, vor allem, wenn sie mit Neuerschließungen verbunden seien wie etwa der Zusammenschluss von St. Anton-Rendl mit Kappl oder der zwischen Pitz- und Ötztal. Aigner hält es trotzdem für „extrem unwahrscheinlich, dass es in 20 Jahren mehr Lifte gibt“. Eine wirkliche Expansion sei heute schon zu teuer: Die Modernisierung der Liftanlagen, die Beschneiung und die Infrastruktur kosteten viel Geld. Das könnten sich die wenigsten Skigebiete leisten. Die großen österreichischen Skigebiete wollten nur noch in die Qualität wachsen, nicht in die Größe.
Der heutige Skifahrer erwarte sich eine weiße Piste ohne Steine, perfekt präpariert, assistiert Augustin Kröll und nennt Südtirol als Vorbild. Dort gebe es in der Regel auch wenig Naturschnee aber eine perfekte Beschneiung seit Jahrzehnten. Naturschützer Frey kritisiert dagegen Fördergelder für Schneekanonen und Seilbahnanlagen. Die gäbe es nur für kleine Unternehmen, die nicht in der Lage seien, ihr Skigebiet zu unterhalten, stellt Kröll klar. Die Seilbahn sichere Arbeitsplätze und Umsatz für ganze Bergregionen. Deshalb sei eine solche Förderung auch sinnvoll.
Es gehe darum, die Natur „ordentlich zu managen“. Schließlich lebten die Alpen vorm Tourismus. Schon jetzt gebe es Angebote jenseits des Pistenbetriebs wie Winterwandern, Rodeln oder Schneeschuhgehen. Das Tourengehen dagegen sieht der begeisterte Tourengeher kritisch, weil die Störung der Natur durch Skitouren (und Schneeschuhwandern) oft größer sei als durch volle Skipisten.

Kein Abgesang auf die weiße Jahreszeit

Tobias Hipp räumt ein, dass Tourengehen „ein großer Trend“ ist, der auch kritisch zu sehen sei. Deshalb appelliere der Alpenverein auch, sensible Räume zu meiden. „Wir zeigen nicht mit dem Finger auf die Bergbahnbetreiber“, stellt Hipp klar. Der DAV, in dem sowohl Tourengeher wie auch Alpinfahrer ihren Platz hätten, sei dran interessiert, dass Skigebiete erhalten bleiben. Allerdings sollte nicht in geschützte Räume eingegriffen werden. Skigebietserweiterungen stünde der Alpenverein „äußerst kritisch“ gegenüber.
Schließlich bringt Attila Scheiber vom Top Mountain Crosspoint noch einen Vergleich in die Diskussion ein: Sandoz brauche mehr Energie als alle Skigebiete zusammen, behauptet der Unternehmer, der im April im Skigebiet Hochgurgl ein Motorradmuseum eröffnen wird. Scheiber plädiert dafür, die noch vorhandenen Skigebiete mit modernsten Liftanlagen und Beschneiung aufzurüsten. „Wir müssen uns alle anstrengen, damit die Menschen in den Alpen bleiben“, erklärt er. Das sei auch im Sinn des Umweltschutzes, denn eine Reise nach Dubai sei wesentlich umweltschädlicher als ein Liftbetrieb in den Bergen samt Beschneiung. Mit dem Motorradmuseum wolle er etwas bauen, was für den Sommer ebenso attraktiv ist wie für den Winter. „Sonst lockt man ja keinen Hund hinterm Ofen vor.“
Aspen hat keine Probleme mit zu wenig Schnee oder warmen Wintern. Dennoch hat man sich auch im US-Wintersportort Gedanken gemacht, wie man den Winterurlaub noch erlebnisreicher gestalten könnte. Und weil die Besitzer der vier Skiberge Kunstfans sind, lag es nahe, auch die Skifahrer an Kunst heranzuführen, so Julia Moser von Uschi Liebl PR, die Aspen in Deutschland vertritt. Schon die Skikarten, von Künstlern gestaltet, seien kleine Kunstwerke, 2014 habe zudem das Aspen Art Museum eröffnet und auch im Skigebiet gebe es künstlerische Installationen.
Auch ohne solche zusätzlichen Attraktionen halten die Referenten den Winter mit weißen Gipfeln für attraktiv. Einen Abgesang auf die weiße Jahreszeit wollen sie jedenfalls noch nicht sehen.

Infos im Internet

www.seilbahnen.de
www.zukunft-skisport.at
www.winterchronik.de
http://www.bund-naturschutz.de/alpen/aktuelles.html
http://www.alpenverein.de/chameleon/public/6e698d57-e4b1-cf4f-74a5-f868dc68817d/Panorama-6-2014-Thema-Klimawandel_24564
www.netzwerk-winter.at

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