Stürmische Begegnung mit Bellinzona

Ein kalter Wind fegt durch die gepflasterten Gassen im Castelgrande, der größten der drei Burgen von Bellinzona, jagt am azurblauen Himmel die weißen Schäfchenwolken vor sich her. Tolle Stimmung für Fotografen, aber ganz schön frostig. Ein Influencer-Pärchen lässt sich davon nicht stören und fotografiert sich gegenseitig vor der 800 Meter langen Burgmauer, während sich die meisten Besucher in windgeschützten Ecken drängen.

Vom Winde verweht

Damit haben wir nicht gerechnet, als wir drunten von der Sonnen überfluteten Piazzetta della Valle in den Lift gestiegen sind. Nicht ohne Bewunderung für das spektakuläre Betontor, das der Architekt hier vor die Aufzugbauten gestellt hat.

Spektakulärer Aufgang zum Lift

Kaum sind wir draußen, stürzt sich der Wind auf uns, zerrt an Mänteln und Jacken. Doch unsere Führerin Carolina Peter – blond und blauäugig – ist gnadenlos. Zumindest das imposante Castelgrande, Teil der mittelalterlichen Befestigungsanlagen von Bellinzona und 2000 von der Unesco zum Weltkulturerbe erklärt, müsse man sich genauer anschauen, mahnt sie.

Bollwerk gegen die Eidgenossen

Den Spaziergang auf der monumentalen Umfassungsmauer des Bollwerks schenken wir uns trotzdem, wir würden Gefahr laufen, weggeweht zu werden. Eine Alternative wäre die Flucht in den unterirdischen Gang im Inneren der Mauer, der im 15. Jahrhundert selbst von Reitern auf ihren Pferden genutzt werden konnte. Es sind dicke Mauern, mit denen sich die damaligen Burgherren, die Herzöge von Mailand, gegen den Ansturm der Eidgenossen schützten. Uns schützen sie gegen die heftigen Windböen.

Windgeschützt zwischen den Mauern

Fantastischer Burgen-Blick

Aber Carolina hat Recht. Castelgrande, zwischen 1984 und 1991 restauriert und dabei aufs Wesentliche reduziert, ist mehr wert als nur einen Blick aus einer windgeschützten Ecke oder einen Tunnelspaziergang. Allein die Aussicht über die von Zinnen gekrönte Mauer auf die anderen beiden Burgen ist fantastisch.  „Mein absoluter Lieblingsplatz“, sagt unsere sturmerprobte Führerin.  Man könnte jetzt hinüber wandern zum Castello Montebello und noch weiter nach oben, wo das Castello di Sasso zwischen Bäumen hervorlugt. Einen halben Tag würde die Wanderung dauern, meint Carolina. Erreichbar sind die beiden Burgen auch mit dem kleinen Burgenzug Artú, der in Altstadt abfährt.

Blick über die Zinnen von Castelgrande auf Castello Montebello und Castello di Sasso

Verführerischer Markt

Uns aber, die wir inzwischen ordentlich durchgepustet sind, zieht es nun doch dahin, wo es wärmer ist. Hinunter in die Altstadt, wo heute am Samstag gerade Markt ist. An den Ständen in den alten Gassen wird alles feil geboten, was das Schlemmerherz begehrt: Pfeffer aus dem Maggia-Tal, Vollkorn-Polenta, Salsicche, Erdbeeren, Schokolade und der mit Kräutern gewürzte Büsciòn, ein cremiger Frischkäse in Zapfenform. Daneben finden sich Stände mit Schmuck, Kunsthandwerk, Klamotten. Es ist kaum ein Durchkommen, denn dieser Markt gehört zu den schönsten im Tessin. Auch im „Wohnzimmer der Stadt“, der Piazza Collegiata, stehen die Marktstände.

Tessiner Spezialitäten auf dem Markt

Von einem Palazzo aus dem 18. Jahrhundert, der Casa Chicherio, blicken Dante, Ariost und Petrarca auf das bunte Treiben. Auf der Treppe zur Stiftskirche sitzen vom Einkaufen Erschöpfte in der Sonne.

Rathaus und Obelisk

Wir schlagen uns bis zum Rathaus durch, um den schönen Innenhof mit den Loggien zu bewundern. Hier präsentieren Bilder Szenen aus der Geschichte der Hauptstadt des Tessins. Dann will uns Carolina noch den Obelisk auf der Piazza Indipendenza zeigen, der 1903 zum 100. Jahrestag des Tessiner Beitritts zur Eidgenossenschaft errichtet wurde. Schließlich wäre da noch das Theater aus dem Jahr 1847, und, so Carolina „als einziges in der Schweiz im italienischen Stil“.

Der schöne Innenhof des Rathauses

Genuss im alten Gewölbe

Ach, es gäbe noch so viel zu sehen. Aber uns knurrt der Magen, wir wollen wenigstens ein paar der Köstlichkeiten, die wir auf dem Markt gesehen haben, auch genießen. Da ist die Cantinin dal Gatt eine gute Adresse. In den alten Gewölben der traditionellen Trattoria wird die regionale Küche mit viel Kreativität frisch interpretiert. Dazu ein oder zwei Gläschen weißer Merlot. Genuss pur.

Feine Kombination mit regionalen Zutaten

Gute Ideen im Info Point

Und danach? Können wir uns treiben lassen durch die Hauptstadt des Tessins mit dem so kriegerisch klingendem Namen und der langen kriegerischen Geschichte. Carolina empfiehlt fürs Shopping die Via Stazione.  Ideen liefert auch der innovative Info Point auf der Piazza Collegiata. Im Atrium der ehemaligen Staatsbank, entworfen vom weltberühmten Tessiner Architekten Mario Botta, liegen nicht nur die üblichen Flyer aus. Hier kann man sich multimedial und spielerisch informieren und in einem spektakulären Kaleidoskop die Stadt der Burgen aus einer ganz neuen Perspektive entdecken.

Überraschende Blickwinkel im Info Point

Kurz informiert

Anreisen. Bellinzona ist gut mit dem Zug zu erreichen. Mit dem Ticino Ticket ist man auch vor Ort flexibel.

Wohnen. Hotel Unione am Fuß des Castelgrande und nahe der Fußgängerzone in der Via Henri Guisan 1.  DZ ab 140 Euro: https://hotelunione.org/de
Hotel & Spa Internazionale gegenüber dem Hauptbahnhof, Viale Stazione 35,  DZ ab 260 Euro: https://hotel-internazionale.ch/de 

Castelgrande. Der Lift zur Burg und die Besichtigung der Außenanlagen von Castelgrande sind kostenlos.  Wer tiefer in die Geschichte eindringen will, zahlt für den Eintritt ins Museum 15 Franken.  Es gibt auch ein Kombi-Ticket für alle drei Burgen, den Fortezza Pass für 28 Franken: https://fortezzabellinzona.ch/de/besuch/

Burgenromantik im Castelgrande

Ticino Ticket. Gäste, die in Hotels, Jugendherbergen oder auf dem Campingplatz übernachten, erhalten ab einer Übernachtung das kostenfreie „Ticino Ticket“. Es ermöglicht die kostenfreie Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs und vergünstigt Eintritte zu Sehenswürdigkeiten und Freizeiteinrichtungen: www.ticino.ch/de/ticket.html

Informieren. Touristinfo Tessin: www.ticino.ch/de

Hinweis.  Die Recherche wurde unterstützt von Touristinfo Tessin.

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