Schiff ahoi auf den Seychellen

Die Seabird, eines der Schiffe von Silhouette Cruises,  schaukelt träge im kleinen Hafen nahe der Hauptstadt Victoria auf Mahé, der größten Insel der Seychellen. Noch wird beladen und wir müssen warten, ehe wir an Bord dürfen. Es ist heiß in der Sonne, und wir sind müde vom langen Flug. Ein Bett wäre jetzt schön – oder auch ein bisschen Schatten. Aber der ist rar. Immer mehr Passagiere treffen ein, das Gepäck stapelt sich am Steg. Dann endlich das Signal zum Aufbruch. Junge Männer hieven kistenweise Gemüse aufs Schiff, rohe Eier, unser Gepäck und eine riesige Staude grüner Bananen. Wir sind die letzten, die an Bord dürfen.

Der dunkelhäutige Kapitän trägt eine Rastamütze

Zeit zum Ausruhen gibt es nicht. Erst müssen wir lernen, was wir alles nicht dürfen, um uns nicht in Gefahr zu bringen. Müssen das Schiff kennen lernen – und die Besatzung. Der dunkelhäutige Kapitän trägt eine Rastamütze, der blonde Tauchlehrer ein Lippenpiercing. Drei Frauen sind mit an Bord, die hübsche Diane, die mollige Nelly und Marsha, das Küken. Dazu noch der Koch, der Maschinist und zwei Helfer. Auch wir Passagiere sind ganz unterschiedlich: Zwei Paare aus Österreich, eines aus dem Elsass und eines aus der Auvergne, eine allein reisende Ärztin aus München, Flitterwöchner aus Mecklenburg, ein Pärchen aus Gießen und wir. Im Lauf dieser Woche werden wir uns näher kennen lernen.
Doch jetzt müssen wir erst einmal die Überfahrt nach Praslin überstehen. Denn es weht mehr als ein mildes Lüftchen und die Seabird pflügt durch die hohen Wellen wie eine Schiffsschaukel. Nur gut, dass ich doch noch eine Tablette gegen Seekrankheit eingeworfen habe. Praslin ist schon lange in Sichtweite, aber wir scheinen kaum näher zu kommen. Dann endlich ankert die Seabird – höchste Zeit, die Kabine aufzusuchen. Ich fühle mich schlapp, aber das abendliche Barbecue weckt meine Lebensgeister.

Die Geheimnisse der Coco de Mer im Vallée de Mai

Am nächsten Tag ist es immer noch windig. Wir lassen uns mit den Flitterwöchnern zum Baden an einen einsamen Strand bringen. Das hellgrüne Wasser ist angenehm warm, aber kein Fisch in Sicht. Die Schnorchler haben am Riff immerhin eine Schildkröte gesehen. Da sind wir schon etwas neidisch. Der Ausflug ins Vallée de Mai entschädigt uns für das entgangene Rendezvous mit der Schildkröte. Patricia, rund und schwarz und resolut, weiht uns in die Geheimnisse der Coco de Mer ein, die nur hier und auf der Insel Curieuse wächst. Die hohen, schlanken Palmen können 250 bis 300 Jahre alt werden und lassen sich gehörig Zeit, ehe sich sich als männlich oder weiblich outen. Erst nach 25 Jahren zeigen sich die geschlechtlichen Unterschiede und die sind krass. Der Blütenstand der männlichen Palmen ähnelt einem langen Penis, die Nüsse der weiblichen Palmen sehen aus wie ein Frauenschoß. „Die Coco de Mer ist wie die Menschen,“ lacht Patricia. Kein Wunder, dass der britische General Charles Gordon die Meeresnuss-Palmen als „Baum des Lebens“ und Praslin als den Garten Eden bezeichnet hat. Die sagenhafte Riesennuss aus dem Märchenwald von Praslin war so manchem Potentaten viel Geld wert und ist heute noch als Sammelobjekt begehrt. Gut 5000 Coco-de-Mer-Palmen wachsen im Vallée de Mai, und im Dämmerlicht dieses grünen Dschungels fühlen wir uns in die Urzeit versetzt, als diese Inseln mit ihren seltsamen Granitfelsen noch den Tieren und Pflanzen gehörten.

Unterwegs in den Inner Islands des Seychellen-Archipels

115 Inseln umfasst der Seychellen-Archipel, darunter 45 Granitinseln. Wir sind in den Inner Islands unterwegs und werden mit dem Schiff auch unbewohnte Inseln anlaufen, wo die Natur sich selbst überlassen bleibt. Das ist auch der Grund, warum wir mit Silhouette Cruises und der Seabird unterwegs sind und uns nicht in einem Hotel einquartiert haben. Dass die See hier auch stürmisch sein könnte, das habe ich wohl verdrängt.
Am Himmel zieht wieder eine dunkle Wolkenfront auf, und Alex, der Kapitän,  macht sich Sorgen wegen des Wellengangs. Er wird die Route etwas ändern müssen und will uns trotzdem ermöglichen, alle Inseln wie geplant zu sehen. Einfach ist das nicht, räumt der Kapitän ein, der mit seinen 30 Jahren schon sieben Jahre See-Erfahrung hinter sich hat. Wobei die Seabird nie allein unterwegs ist, die Schwester-Schiffe von Silhoutte Cruises,  Sea Star und die Sea Pearl, begleiten uns – und alle drei Schiffe erreichen La Digue nach Plan.

Die Schönheit von La Digue hat sich herumgesprochen

Rund 2000 Menschen leben auf der gut neun Quadratkilometer großen Insel, die Fischer treffen wir gleich im Hafen. Und wir sind keineswegs die einzigen Touristen hier, es gibt einen Radverleih, eine Bank, Läden und Taxis. Wir entscheiden uns für ein Taxi, das wir uns mit Lili und Loulou aus dem Elsass teilen. So haben wir Gelegenheit, die ganze Insel zu sehen, denn unser netter Taxifahrer will uns für die 100 Euro, die er kassiert hat, auch was bieten: Die schönsten Ecken der Insel, leere Strände auf der einen Seite, kleine malerische Häuser, einen alten Friedhof… Die Straßen sind so schmal, dass kaum zwei Pkw aneinander vorbeikommen. Aber der (Auto-)Verkehr hält sich auch in Grenzen. Vor ein paar Jahren waren hier außer Fahrrädern nur Ochsenkarren unterwegs. Doch auch diese kleine Insel, die man in vier Stunden umrunden könnte, ist nicht aus der Welt gefallen. Ihre Schönheit hat sich ganz offensichtlich herumgesprochen. Der Weg zur Source d’Argent, dem Strand aller Strände, führt durch L’Union Estate, ein eingezäuntes Gelände, auf dem das renovierte „Plantation House“ steht, bekannt aus dem Film „Goodbye Emmanuelle“. Auch der Friedhof, auf dem die ersten Siedler begraben sind, ist noch vorhanden, und in einem ummauerten Pfuhl warten ein paar Riesenschildkröten auf Touristen. Doch alle wollen ihn sehen, den Strand von Source d‘Argent mit seinen spektakulären von durchsichtig türkisem Wasser umspülten Granitfelsen und dem weißen Pudersand. Er wurde so oft fotografiert und gefilmt, dass jeder ihn zu kennen glaubt. Und in natura ist er noch viel schöner!

Andere Inseln haben auch schöne Strände

Aber andere Inseln haben auch schöne Strände: Wir schnorcheln vor Coco Island zwischen neonbunten Fischen und liegen faul im schneeweißen Sand. Wir lassen uns von den gigantischen Wellen vor Grande Soeur schaukeln und schauen auf eine grandiose Szenerie, die ein Spaßbad-Designer nicht besser hätte hinbekommen können. Ach ja, hier ließe es sich aushalten. Aber Grande Soeur ist eine Privatinsel und schließt Punkt 15 Uhr.
Aride ist anders. In dem Naturreservat, das vor allem den Vögeln gehört, leben gerade mal sechs Menschen. Albert ist einer von ihnen. Der dunkelhäutige Naturschützer mit den Rastalocken hat unter anderem in Paris an der Sorbonne studiert, aber seit 19 Jahren lebt er auf der Insel und könnte sich ein anderes Leben gar nicht mehr vorstellen. Und das, obwohl Aride monatelang von der Außenwelt abgeschlossen ist.

Im Vogel-Paradies Aride leben gerade mal sechs Menschen

Albert lebt mit der Natur, und seine Begeisterung für die Vögel Arides, die schneeweißen Feenseeschwalben, die ebenholzschwarzen Rohrsänger, die grauen Noddis oder die Räuber der Lüfte, die Fregattvögel ist ansteckend. Wir kriechen durchs Unterholz, um versteckte Küken in ihrem Laubbett aufzuspüren, scannen jedes Blatt, um womöglich einen Gecko zu entdecken, klettern auf den höchsten Felsen, um das Flugballett der Fregattvögel zu bewundern und freuen uns über die saftig-süße Ananas, die Albert uns zur Belohnung aufschneidet.
Wie Aride ist auch Curieuse eine unbewohnte Insel. Sie war es nicht immer. Über zwei Jahrhunderte – noch bis Mitte des 20. Jahrhunderts – wurden hier Leprakranke in Quarantäne gehalten. Die Häuser der Station hat sich die Natur zurückgeholt, nur das Haus des Arztes ist noch erhalten. Heute wird Curieuse gerne für einen Barbecue-Ausflug genutzt. Auf beiden Seiten der Insel gibt es einen überdachten – und eingezäunten – Grillplatz.

Rendezvous mit den Riesenschildkröten von Curieuse

Und gleich bei der Ankunft werden wir von den Riesenschildkröten begrüßt, die auf der Insel heimisch sind. Sie sind es gewohnt, von den Touristen gefüttert zu werden und können ganz schön aufdringlich werden. Ein brunftiges Brüllen signalisiert, dass ein Männchen gerade seinen Trieb befriedigt – ein Schauspiel, das sich auch unser Trüppchen nicht entgehen lässt. Beim Barbecue haben wir dann jede Menge Zaungäste, die kleinen roten Kardinalvögel bringen sich in Position, und sogar eine der riesigen Landschildkröten kratzt beharrlich an den Holzlatten der Umzäunung. Das Gras hinter dem Zaun ist halt immer besser als das davor.
Am Himmel liefern sich die weißen Schäfchenwolken derweil einen aussichtslosen Kampf mit den schwarzen Gewitterwolken – und noch ehe wir baden gehen konnten, werden wir nass, von oben.  Keine Aussicht mehr auf Schnorcheln und Fische. Unser Koch versöhnt uns mit dem Platzregen. In der winzigen Kombüse zaubert Bernard scharfe Hähnchen- oder Fischcurries, leckere Saucen und feine Desserts – und verliert dabei nie seine gute Laune. „Kochen ist meine Leidenschaft,“ sagt der dunkelhäutige Maitre und hobelt Kraut für seine Salatkreation mit Zwiebeln, Tomaten, Gurken und Karotten. Während wir auf der Insel Gegrilltes schlemmten, hat Bernard eine Hochzeitstorte für die Flitterwöchner gebacken. Die gibt‘s zum Dessert und ein Glas Sekt dazu. Steffen wird ganz rot vor Freude und Verlegenheit, als er die Torte anschneidet. Und das ganze Schiff lässt das Pärchen hochleben.

Selbst die Salatbläter sind vom Wind verweht

Die Bananen an der Staude sind gelb geworden – und unsere Reise neigt sich dem Ende zu. Unter einem eisgrauen Himmel rollt die Seabird durch die Wellen, legt sich mal nach links, dann wieder nach rechts. Doch inzwischen sind wir (fast) alle seefest. Nur im Freien zu essen – das klappt zum Abschied nicht. Der Regen hält sich nicht an die Plane und mit dem Wind fliegen die Salatblätter davon. Trotz des manchmal grauen Himmels ist Ina aus München so braun geworden wie sie es sich gewünscht hat. Die Österreicher haben in einer Vollmondnacht einen dicken Fisch gefangen, der Taucher hat einen Rochen gesehen. Und wir? Würden gerne noch länger diese wunderschöne Inselwelt genießen.  Womöglich trauen wir uns ja mit Silhouette Cruises auch mal in die Outer Islands.

Kurz informiert

Silhouette Cruises. Die Reederei verfügt über zwei moderne und zwei historische Segelschiffe. Die einwöchigen Segel-Kreuzfahrten mit Silhouette Cruises starten jeden Samstag ab Mahé in Richtung Praslin, La Digue, Curieuse und Aride oder Cousin und zurück. Zwischen Mai und Oktober legen die beiden historischen Schiffe aufgrund der Windverhältnisse in Praslin ab, der zweitgrößten Insel der Seychellen: www.seychelles-cruises.com
Umwelt. Schon 1993 haben die Seychellen als weltweit erstes und bis jetzt einziges Land den Naturschutz in ihre Verfassung aufgenommen. Auch Silhouette Cruises setzt auf den Naturschutz. Die Segelschiffe fahren fast ausschließlich Inseln an, die von staatlichen Naturschutzorganisationen, Stiftungen sowie NGOs betreut werden. Die Passagiere, die beim Insel-Hopping diese Inseln entdecken, leisten ihren Beitrag zur Erhaltung der Naturparadiese und zahlen eine obligatorische „Marine Conversation Fee“ von 180 Euro.
Einreisen. Bei der Einreise wird kostenlos ein Touristenvisum ausgestellt. Voraussetzung ist ein Unterkunftsnachweis (Voucher) für Übernachtungen.
Anreisen. Condor fliegt direkt von Frankfurt nach Mahé. Emirates verbindet die Seychellen über Dubai.
Bezahlen. Währung auf den Seychellen ist die Seychelles Rupie. Ein Euro entspricht rund 14 Rupies (Stand Ende Januar 2017). Aber man kann fast überall auch mit Euro bezahlen. Manchmal wechseln die Händler sogar günstiger als die Bank.
Informieren. Seychelles Tourist Office, Berner Straße 50, 60437 Frankfurt, Tel. 069/ 29720789, E-Mail: info@seychelles-service-center.de, www.seychelles.travel

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