MMM Corones: Messners sechster Streich

 

Von Ferne sieht es aus wie ein großer Monitor, der direkt aus dem Berg herauswächst. Das MMM Corones auf dem Kronplatz ist das sechste Messner Mountain Museen und der krönende Abschluss des Projekts, das Reinhold Messner verwirklicht hat.
Der Kronplatz ist ein „möblierter Berg“, schon lange. Ein Berg im Dienst des Tourismus. Oben auf dem kahlen Gipfel steht die Friedensglocke zwischen den Bergstationen, kann man im Sommer Trampolin springen, mit dem Mountainbike downhill rasen und mit dem Skyflyer über dem Abgrund schaukeln – oder man kann ins sechste Messner Mountain Museum gehen. Mit dem MMM Corones hat der Kronplatz eine Attraktion bekommen, die auch im Sommer ziehen soll.
Dabei war eigentlich alles ganz anders geplant. Skirama Kronplatz wollte eine Aussichtsplattform auf dem Berg errichten, von dem man einen 360Grad-Blick hat von den Dolomiten bis zum Ortler. Bauen sollte sie Star-Architektin Zaha Hadid. Doch dann kam Reinhold Messner. Südtirols berühmtester Bergsteiger und notorischer Grenzgänger hatte schon fünf Museen in die Dolomiten gestellt. Er könne sich vorstellen, auf dem Kronplatz ein sechstes Messner Mountain Museum zu bauen, schlug er den Verantwortlichen vor.
Warum nicht? Firmian auf Schloss Sigmundskron, das Herz der Mountain Museen, ist eine Erfolgsgeschichte. Auch Bruneck ist stolz auf das MMM Ripa im Schloss und Juval, gleichzeitig Wohnsitz der Familie Messner, lockt viele Bergsteiger an ebenso wie das MMM Ortles in Sulden oder Monte Rite im Cadore, das Museum im ehemaligen Fort. Doch Reinhold Messner hatte auch seine eigenen Vorstellungen, wie das Museum aussehen sollte. In den Berg hinein sollte es gebaut werden. Zaha Hadid? Nicht gerade Messners erste Wahl. Aber dann sah der Skeptiker die Pläne – und war fasziniert.
Fasziniert ist der Museumsgründer immer noch. Am Tag nach der Eröffnung kommt er im hellen Anzug, Ton in Ton zur Farbe des Museums, zu einem Interview mit dem italienischen Fernsehen. Zuvor hat er noch Zeit, sich die Besucherscharen anzuschauen, die durchs Museum streifen. „Viel zu viele Menschen“, grummelt er in den charakteristischen Bart, „die verstellen ja die ganze Aussicht“. Maximal 30 würde er auf einmal hineinlassen in den Berg, sagt er. Aber am ersten Tag müsse man wohl ein Auge zudrücken. Und ja, stolz ist er auch, räumt der Medienstar ein. Schön sei das Museum geworden, so schön wie er es sich nicht hätte träumen lassen.
Tatsächlich ist das in den Berg hineingebaute Museum mit seinen typisch Hadidschen Rundungen alles andere als eine düstere Höhle. Durch drei riesige Fenster jeweils am Ende eines „Fingers“ strömt Licht in die Ausstellungsräume, die sich dem Thema „Große Wände“ widmen, der „Königsdisziplin des Alpinismus“. Oder, wie der Ausstellungsmacher es formuliert: „Ich erzähle von der Entwicklung des modernen Bergsteigens, von der Ausrüstung, wie sie sich im Laufe von 250 Jahren verbessert hat, von Triumphen und Tragödien an den berühmtesten Bergen der Welt.“ Philosophen und Dichter kommen mit ihren Aussagen an den Wänden zu Wort, auch Reinhold Messner selbst wird zitiert. „Wo beginnt der Alpinismus, wenn der Tourismus den Mount Everest erreicht hat?“ fragt er auf einer der Wände und auf einer anderen kann man lesen: „Erschlossene Berge sind wie ein kaputt gegangenes Spielzeug.“ Ob das auch für den Kronplatz gilt?
Reinhold Messner weiß, dass seine Heimat ohne Tourismus nicht existieren könnte, dass der Kronplatz seinen Reichtum dem Skibetrieb verdankt. Da ist der 71-Jährige Realist (geworden). „Es ist unglaublich spannend auf einer derartige Bühne seine Geschichten zu inszenieren“, sagt der Macher und beobachtet wohlwollend, wie sich die Besucher um die Vitrinen mit den „Reliquien“ drängen, wie er die Sammlung von Ausrüstungsgegenständen nennt, die bei berühmten Erstbesteigungen eine Rolle gespielt haben.
Die Skirama Kronplatz als Bauherr hat keine Kosten gescheut, um das Museum zu verwirklichen. Drei Millionen Euro wurden für die aufregende Betonhülle investiert und der Bau verlangte den Ingenieuren und Arbeitern einiges ab. Allein 1,4 Tonnen wiegt jedes der dreifach verglasten Fenster, das mit dem LKW auf den Berg geschafft werden musste. Im Inneren musste alles auf Maß gearbeitet werden. Keines der 380 hellgrauen Betonfertigteile gleicht dem anderen und für den dunkelgrauen Sichtbeton im Inneren wurden pro Kubikmeter fünf Kilogramm Farbpigmente beigemischt. Maßarbeit.
Von der zentralen Plattform im Museumsinnern aus, sieht man alle drei „Finger“, die jeweils in einem Fenster enden und so die Brücke bilden zwischen den Exponaten drinnen und den Bergen draußen. Das mittlere Fenster öffnet sich zu einer Terrasse – so ist der Kronplatz doch noch zu seiner Aussichtsplattform gekommen.

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