Krüger Nationalpark: „Wir halten auch für Mistkäfer“

23 000 Pflanzen-, 147 Säugetier-, 493 Vogelarten und 114 unterschiedliche Reptilien sichert der Krüger-Park das Überleben. Auf einer Fläche so groß wie Hessen sind sie nach dem Gesetz geschützt, auch wenn 2280 Straßenkilometer den Park durchschneiden. Noch viel größer – mit 35 000 Quadratkilometern so groß wie Portugal – ist der Great Limpopo Transfrontier Park im Länderdreieck Südafrika, Simbabwe und Mozambique. Und irgendwann soll das Schutzgebiet sogar 100 000 Quadratkilometer umfassen. Das wäre in etwa die Größe Islands. Doch noch ist das Ganze nur eine Vision, haben die Ranger und Camp-Besitzer doch schon im Krüger-Park alle Hände voll zu tun, um die Tiere vor der immer dreister werdenden Wilderer-Mafia zu schützen.
Die hat es vor allem auf die Nashörner abgesehen, deren Hörner gemahlen als ein Aphrodisiakum gelten, das vor allem von reichen Chinesen hoch geschätzt wird. 2013 brachte ein Kilo Nashornpulver 50 000 Euro ein und dem Krüger-Park einen traurigen Rekord. Mehr Rhinos als in den Jahren zuvor wurden von Wilderern erlegt oder lebensgefährlich verletzt, erzählt Matthew Louw, Manager im Buffalo Rock Camp, am abendlichen Lagerfeuer – und das, obwohl der Kampf inzwischen mit Drohnen und Gift geführt werde und Südafrika auch Truppen einsetze, die aus Somalia abgezogen wurden. 6000 der urzeitlichen Dickhäuter wurden 2013 gezählt, 2008 waren es noch 9000. Matthew macht auch den grenzüberschreitenden Park verantwortlich für den Aderlass im Krüger. „Die Behörden in Mozambique sehen das alles nicht so streng.“ Und Simbabwe habe ganz andere Probleme als den Schutz der Tiere. Jetzt handelt die Regierung und evakuiert 500 Nashörner aus dem Krüger Nationalpark. Das sind genauso viele wie in den ersten sechs Monaten dieses Jahres von Wilderern abgeschlachtet worden waren.
Auch im Nationalpark muss der Schutz der Tiere immer mehr verstärkt werden.
Wie wichtig dieser Schutz ist, erleben wir, als wir mit dem dunkelhäutigen Elvis, einem gemütlichen Dicken, auf Pirsch gehen. Der 40-Jährige ist seit 14 Jahren Ranger und hat nicht nur Augen wie ein Luchs, sondern auch viel zu erzählen. Dass ein Impala-Männchen einen Harem von 20 Weibchen hat, entlockt den mitfahrenden Männern ein bewunderndes „Oh!“ – doch das Schicksal der Alten, die von den Jungen vertrieben werden, würden sie dann doch lieber nicht teilen. Die schönen, grazilen Impalas sind, so Elvis schonungslos, „das Hauptfressen des Parks“.
Nicht aber die kecken Warzenschweine, die mit ihrem wie eine Antenne aufragendem Schwanz, so witzig aussehen. Sie könnten sogar einem Leoparden gefährlich werden, warnt der Ranger. Und dann lobt er die Warzenschwein-Mütter, die „verantwortungsbewusster mit ihrem Nachwuchs umgehen als manche Menschenmutter“. Auch die Zebras mit ihren supermodischen Streifen – nichts anderes als eine natürliche Camouflage – sind laut Elvis alles andere als Kuscheltiere.
Plötzlich taucht hinter einer Kurve eine Giraffe mit Baby auf. Wir kommen den beiden ganz nahe sehr zur Freude der Fotografen – für die Tiere scheinen wir gar nicht zu existieren. Elvis kann gerade noch erklären, dass die langhälsigen Giraffen im Stehen schlafen und beim Trinken am meisten verwundbar sind, als etwas anderes seine Aufmerksamkeit auf sich zieht. Etwas Kleines. Ein Scarabäus, der eine Mistkugel über die Straße rollt. Auch für den Mistkäfer halten wir – und sehen, dass er nicht allein ist. Ein ganzer Trupp Käfer bringt den ganzen Boden in Bewegung.
Raschelt da etwas im Gebüsch? Elvis erspäht einen Wasserbock und einen zerzausten Adler auf einem Baum. Dann erfährt er von einem anderen Ranger, wo ein paar Nashörner gerade ein Schlammbad nehmen. Und auf dem Weg dorthin können wir einen Gepard bewundern, den schnellsten Jäger im Park. Dass die schöne Raubkatze auch schnurrt wie ihre zahme Verwandte, können wir nicht hören. So nah trauen wir uns denn doch nicht ran. Dafür werden wir Zeuge von Wellness auf Rhino-Art. Die Dickhäuter pissen ganze Wasserfälle in den Schlamm, in dem sie sich dann genüsslich wälzen. Unter der heißen Sonne trocknet die schwarze Schlammpackung schnell zu einer dicken grauen Kruste, die später in Klumpen abfällt. Am Straßenrand türmt sich frische Rhino-Scheiße zu einem dampfenden Berg. „Nashorn-Bullen markieren so ihr Revier“, doziert Elvis, „je größer der Haufen desto mächtiger der Bulle. Da sollte ein Jüngerer besser Reißaus nehmen.“
Wir überlassen die Nashörner ihrem Vergnügen und fahren in den Sonnenuntergang. Ein mächtiger Büffel steht gegen den Horizont wie der berühmte Osborne-Stier. Auf der Wiese daneben lagert eine ganze Herde. Dass der Büffel das gefährlichste Tier im Krüger-Park ist, haben wir nicht gewusst. „Völlig unberechenbar“ sei so ein Bulle, warnt uns Elvis. Immerhin gehört der Büffel wie Nashorn, Löwe, Leopard und Elefant zu den Big Five, die jeder Safari-Tourist gesehen haben will.
Doch wo sind die Elefanten? 15 000 soll es im Krüger-Park geben und keiner zu sehen. Auch kein Löwe und schon gar kein Leopard. Aber gemach, wir haben ja noch einige Tage Zeit – und eine Nachtfahrt vor uns. Der Mond hängt wie eine trunkene Sichel am Himmel, als wir uns auf die Pirsch machen. Wir hören einen Löwen brüllen, sehen aber nur einen Schakal von hinten. Das Licht des Scheinwerfers schreckt ein Buschbaby auf, das uns mit riesengroßen Augen vorwurfsvoll mustert. Über dem nächtlichen Zeltcamp wölbt sich ein funkelnder Sternenhimmel, der uns das Gefühl gibt, ganz weit weg zu sein von der Zivilisation, auch wenn wir am Lagerfeuer von Ferne einen Zug rattern hören.
Elefanten haben wir dann doch noch gesehen: einen imposanten Bullen so beängstigend nah, dass wir vor lauter Überraschung zu fotografieren vergasen. Und dann gleich eine ganze Sippe mit Babys. Auch der König der Tiere gab sich die Ehre, posierte nonchalant für ein Großporträt und legte sich dann zur Ruhe, satt vom Fleisch eines kleinen Büffels, den er im Schatten eines Baums deponiert hatte. Nur der Leopard ließ sich nicht blicken. Aber dafür hatten wir ja seinen schnellen Bruder, den Gepard, gesehen. Genug jedenfalls um zu erkennen, wie wichtig der Erhalt dieses Schutzgebiets für die Tiere – und auch für uns Menschen – ist. Allein der Unterhalt des Krüger-Parks kostet Millionen, der Kampf gegen die Wilderer-Mafia noch gar nicht eingerechnet. Er ist jeden Cent wert.

Info:
Einreisen: Bei der Einreise muss der gültige Reisepass noch mindestens zwei freie Seiten haben. Verlangt wird auch der Nachweis über die bezahlte Rückreise (Rückflugticket).
Anreisen: Viele Airlines fliegen Johannesburg an, auch der staatliche Carrier South African Airlines in Kooperation mit Lufthansa (ca 1000 Euro).
Krüger-Park: Über eine Million Besucher kommen jährlich in den ältesten Nationalpark Afrikas. Schon 1898 wurde auf Betreiben von Paul Krüger ein kleines Schutzgebiet ausgewiesen, 1926 wurde das Schutzgebiet auf knapp 20 000 Quadratkilometern ausgeweitet. Mit dem „National Park Act“ wurde der „Kruger National Park of South Africa“ aus der Taufe gehoben.
Safari: Wer will, kann den Krüger-Park auch auf eigene Faust durchfahren. 837 Straßenkilometer sind asphaltiert. Der Eintritt kostet 20 Euro. Im ganzen Park gibt es Camping-Plätze, Hütten, Lodges und Tented Camps, die auch individuell zu buchen sind: http://www.kruger-nationalpark.de/
Interessant ist die Mischung zwischen einem Tented Camp wie dem Buffalo Rock Tented Camp (zwei Nächte inkl. vier Game Drives, Frühstück und Abendessen pro Person etwa 400 Euro, http://www.krugertented.com/) und einem Luxus-Camp wie der Kapama Lodge mit Pool und Spa Suites (Standard Suite mit VP und zwei Game Drives ab 180 Euro: http://www.kapama.co.za/)
Informieren: South African Tourism, Friedensstr. 6, 60311 Frankfurt, Tel 0800/1189118 (kostenfrei), http://www.dein-suedafrika.de

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