Wer vom Marmara Meer her nach Istanbul kommt, sieht zuallererst die Stadt der Moscheen: Blaue Moschee, Hagia Sophia, Süleyman Moschee. Noch beherrschen ihre Minarette den Himmel über der Stadt auf den sieben Hügeln, noch prägen ihre gerundeten, fast schon körperlichen Silhouetten das Bild von Istanbul. Doch schon lange wächst die Stadt über sich hinaus, schrauben sich gläserne Wolkenkratzer himmelwärts und stehlen den schlanken Minaretten die Schau. Istanbul, vormals Konstantinopel und noch früher Byzanz, heute eine 15- oder auch 17-Millionen-Metropole – niemand weiß das so genau – ist eine Stadt im Wandel, und das nicht erst seit dem Kulturhauptstadtjahr 2010.
„Wer in Saudi-Arabien gräbt, stößt auf Öl, hier in Istanbul ist es
Geschichte“, sagt Sibel Benli, PR-Direktorin der Four Seasons-Hotels
Istanbul. Direkt neben dem Haus in Sultanahmet förderten Ausgrabungen
römische Ruinen zutage – vermutlich auch die Mauern eines
Gerichtsgebäudes. Das Hotel selbst war noch im letzten Jahrhundert ein
Männergefängnis. Heute ist es eine Oase des Luxus. Der spektakuläre
Glaspavillon im üppig grünen Innenhof lädt zu einer kleinen Stärkung
ein, bevor man sich auf den Weg macht – zu Fuß. Hier in den engen Gassen
der alten Stadt sind die Fußgänger schneller als die Autos, die sich im
Gewirr der Einbahnstraßen zu verirren drohen.
Ohne großen Aufwand und in kürzester lässt sich in Sultanahmed ein
Jahrtausend durchschreiten. In der mächtigen Hagia Sophia (Eintritt ca
12 Euro) aus dem sechsten Jahrhundert, einst größte Kirche der
Christenheit, dann Moschee und heute Museum, drängt sich die in Stein
gemeißelte Geschichte der uralten Stadt geradezu auf. Gleich daneben
verlockt der nicht minder imposante Topkapi-Palast (Eintritt ca 12 Euro)
aus dem 15. Jahrhundert zu einer Zeitreise durch vier Jahrhunderte
osmanischer Geschichte. Tipp: Auch wenn der Harem extra kostet, lohnt
es sich, die 6,50 Euro draufzulegen. Luxuriöse Bäder und üppige
Aufenthaltsräume vermitteln einen Eindruck alter Herrscher-Herrlichkeit
und täuschen über die Tatsache hinweg, dass Hunderte von Frauen in
diesen abgeschiedenen Quartieren ihr ganzes Leben verbrachten.
Von den
verschiedenen Terrassen aus zeigt Istanbul ein immer wieder neues
Gesicht: Pera, die „alte“ Neustadt mit dem Galata-Turm, Besiktas mit dem
so europäisch anmutenden Dolmabahce-Palast und den vielen Hotels, das
Kneipenviertel Ortaköy unter der Bosporos-Brücke und überm Marmara Meer
das asiatische Üsküdar mit alten Holzhäusern. Weit hinten am Horizont
der Atatürk Flughafen und die neuen Viertel, wo modernistische Wohntürme
in den Himmel wachsen oder auch Bakirköy mit seiner großen Kultur- und
Shoppingmeile, auch ein Tipp für Menschen mit wenig Zeit.
Im sorgsam gepflegten Park sonnen sich die Palastkatzen. Istanbul ist
auch eine Stadt der Katzen. Sie sitzen im Kaffeehaus und auf Grabmälern,
schlafen auf Autodächern und in Schaufenstern, gut versorgt von den
Bürgern der Stadt. Nur der Zutritt in die Moscheen bleibt ihnen
verwehrt. Dabei wäre es der sprichwörtliche Katzensprung vom
Topkapi-Palast zur Blauen Moschee aus dem 17. Jahrhundert, mit ihren
sechs Minaretten und der wie schwebend wirkenden Kuppel ein Wunderwerk
osmanischer Baukunst. Im Park davor sitzen Türkinnen mit Kopftüchern
neben freizügig gekleideten jungen Frauen, alte Männer mit grauen Bärten
neben Touristen mit Fotoapparaten auf dem Bauch. Mittendrin ein
Sesamkringel-Verkäufer mit seinem Wägelchen. Ein knuspriger Kringel, auf
Wunsch mit Streichkäse, schmeckt auch zwischendurch ebenso wie ein Glas
dunkelroter Granatapfelsaft von einem der Saft-Stände.
So gestärkt kann
man sich in den Untergrund wagen: Stege führen durch das mystische
Wasserreich der Yerebatan-Zisterne aus dem sechsten Jahrhundert, im
Lichtschein spiegeln sich die 336 Säulen scheinbar bis ins Unendliche.
Hier könnte man die Zeit verträumen – wenn man sie denn hätte. So aber heißt es rasch Abschied nehmen vom „Versunkenen Palast“. Wer
Lärm und Gedränge nicht scheut, kann sich noch zum Großen Basar
aufmachen, einem wahren Labyrinth von Läden, Teehäusern und
Antiquitätenhändlern. Vorsicht, hier verliert man leicht den Überblick.
Und wer tatsächlich einen Teppich oder auch Schmuck kaufen will, sollte
sich Zeit nehmen zum Betrachten und zum Handeln. Das gehört in einem
türkischen Basar einfach dazu. Wem das alles zu stressig ist, dem sei
die kleine Händlergasse an der Hagia Sophia empfohlen, wo es wesentlich
ruhiger zugeht und viel Kunsthandwerk im Angebot ist, das sich gut als
Souvenir für zuhause eignet.
In der steilen Gasse hinter der Hagia Sophia können sich müde
Stadtspaziergänger bei einem Glas Tee im Cat Coffee, dem Katzencafé,
erholen und sich dazu die traditionelle Wasserpfeife gönnen.
Umschmeichelt von der Katzenfamilie des Hauses sind sie dann so richtig
in Istanbul angekommen – auch wenn sie in der Kürze der Zeit nur eine
Facette der so vielfältigen türkischen Metropole sehen konnten.