Träge fließt der Neckar vor Heidelberg dahin. Auf dem Fluss sind Ruderboote und Standup-Paddler unterwegs, eine Schwanenfamilie kreuzt ihren Weg und bringt einen der Paddler aus dem Gleichgewicht. Am Ufer machen sich Nilgänse in Großfamilien breit, Migranten aus Ostafrika. Sie teilen sich den Weg mit Spaziergängern und Studenten.
Die Welt zu Gast in der Studentenstadt
Über die Brücke, die hinüber führt zum eingerüsteten Karlstor strömen Touristen aus aller Welt. Ein babylonisches Sprachgewirr erfüllt die Gassen von Alt-Heidelberg.
Und die Restaurants kontern mit globalem Anspruch: Links ein Inder, rechts ein Thai, in der Mitte ein Chinese, türkische Kebab-Läden, französische Bistros, Italiener und Griechen. Man sitzt draußen, wo die besten Plätze längst besetzt sind; in der Hauptstraße – Einkaufsmeile und Fußgängerzone – ist kaum ein Durchkommen. Die ganze Welt scheint in den Gassen der alten Studentenstadt zu Gast zu sein. Und die Universität, die seit ihrer Gründung im 14. Jahrhundert eine mehr als wechselvolle Geschichte hinter sich gebracht hat, trägt das Ihre dazu bei.
Der alte Studentenkarzer ist eine Sehenswürdigkeit
Den alten Karzer zumindest sollte man gesehen haben. Hier saßen noch zu Anfang des letzten Jahrhunderts die unbotmäßigen Studiosi ein und verewigten sich an den Wänden mit Porträts und mehr oder minder gelungenen Reimen. Zwei Bettgestelle in dunklen Löchern, ein Plumpsklo – gemütlich war die Zeit im Karzer sicher nicht.
Die Studenten der Neuzeit schauen und staunen. Zum Staunen lädt auch die Respekt gebietende Aula ein, die heute als Konzertsaal dient, im Erdgeschoss kann man sich über die Geschichte der Universität informieren, die jede Menge Nobelpreisträger hervorgebracht hat. 30 000 Studenten sind heute hier immatrikuliert, sie verjüngen das Stadtbild Heidelbergs nachhaltig.
Das Schloss ist ein Instagram-Hotspot
Natürlich kommen die meisten Touristen wegen des Schlosses – einem imposanten Bau, der über dem Neckartal und der Stadt thront wie ein kolossaler Wächter aus Stein. Die Bergbahn bringt fußlahme Touristen hinauf zum Schloss und noch weiter nach oben zum Aussichtspunkt auf dem Königsstuhl, mit 567 Metern der höchste Berg des kleinen Odenwalds. Doch die meisten steigen schon an der ersten Station aus. Sie wollen das Schloss fotografieren – und sich dazu. Es gibt tolle Instagram-Punkte mit Blick auf den Neckar und die Stadt, mit der schönen Renaissance-Fassade des Ottheinrichbaus als Hintergrund oder mit dem berühmten „großen Fass“. Wer hier heroben essen will, kommt an Martin Scharff nicht vorbei.
Der Sternekoch als Schlossherr
Der Sternekoch aus Dinkelsbühl bespielt mit seiner Kochkunst nicht nur die im Neckar liegende Patria, ein schönes, kleines Schiff, das zu den Heidelberg Suites gehört. Er ist auch quasi der „Schlossherr“ in Heidelberg. Der 55-Jährige mit dem grau-melierten Spitzbart herrscht über die Säle und den Ausschank am großen Fass. Seine Truppen sorgen für die Verköstigung während der Schlossfestspiele und bei Hochzeiten. Und der Maitre kennt auch die Sage vom Hofnarren Perkeo, der seit seiner Kindheit nur Wein getrunken hatte. Als er im hohen Alter erstmals krank wurde, soll ihm seine Arzt empfohlen haben, Wasser zu trinken. „Perkeo befolgte den Rat an und starb am nächsten Tag,“ berichtet Martin Scharff.
Das kann seinen Gästen nicht passieren. Denn natürlich kennt der Sternekoch auch die besten Winzer der Gegend und darüber hinaus. Derzeit ist er schwer beschäftigt, denn in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Apothekenmuseum im Schloss entsteht ein Kräutergarten.
Aromen aus dem Kräutergarten
Kräuter gehören zu Scharffs Küche, seit er nach Lehrjahren u.a. bei Harald Wohlfahrt vor 27 Jahren den ersten Stern erkocht hat – schon damals mit einer Art Fusion Cuisine, wie sie heute aktuell ist. Im Sternelokal auf dem Schloss können Gäste erschmecken, mit welchen Aromen und Geschmacksnuancen der 55-Jährige die Küche bereichert. Und gleich nebenan, in der Backstube, geht’s regional zur Sache mit Saumagen-Würsten und Sauerkraut oder Flammkuchen. „Ich koche alles – von der Bratwurst bis zur Gänseleber,“ sagt Martin Scharff. Berührungsängste kennt der Vater von zwei Töchtern und Mitbegründer der Jeunes Restaurateurs nicht. Aber eines ist wichtig, um Erfolg zu haben, verrät er: „Man muss mit Herzblut dabei sein. Sonst ist es sinnlos.“
Wo Eichendorff und Hölderlin wanderten
Wer sich auf dem Schloss oder in Heidelbergs Gassen durchgefuttert hat, hat mehrere Möglichkeiten, die Kalorieren wieder los zu werden. Er kann entweder ein Ruderboot mieten oder sich zu Fuß aufmachen, um über den Schlangen- zum Philosophenweg zu gelangen. Die Tour – 300 Meter steil bergan – ist garantiert Schweiß treibend. Oben erwartet die Wanderer ein schöner Blick auf den Neckar und hinüber zum Schloss. Hier sollen schon Eichendorff und Hölderlin gewandert sein – als auf dem Höhenzug noch Wein gedieh. Sie haben zur Romantisierung der Stadt am Neckar beigetragen. Die Weinberge sind verwildert, gelegentlich verstecken sich gepflegte Gärten hinter Gitterzäunen. Am Liselotte-Platz – er erinnert an Liselotte von der Pfalz, die aus politischen Gründen den Bruder des französischen Sonnenkönigs heiratete – lädt ein Rundbank zur Rast.
Liselotte von der Pfalz und die Brotsuppe
Die Herzogin von Orleans blieb auch an Frankreichs Hof ihrer Heimat verbunden. Für die französische Küche am Hof ihres Gatten hatte sie wenig übrig: „All das frembt Zeug ist mir zuwider,“ ließ sie die Anverwandten in Heidelberg wissen, „den chocolat find ich zu süß, caffé kompt mir vor wie Ruß und das thé wie eine halbe Medicin“. Statt dessen sehne sie sich nach dem Krautsalat und der Brotsuppe ihrer Kindheit.
Dass man in Heidelberg auch heute noch sein Herz verlieren kann, beweisen die Liebesschlösser auf der Karlsbrücke. Findige Pärchen haben sie an den eisernen Ringen auf den Steinquadern befestigt. Ob sie dabei wohl an den alten Schlager von der lauen Sommernacht gedacht haben, an den eine kleine Gedenktafel in der Hauptstraße erinnert?
Kurz informiert
Schloss. Die Fahrt mit der Bergbahn bis zur Schlosshaltestelle kostet sieben Euro und beinhaltet auch den Eintritt. Der Zutritt zum Fass-Saal und zum Apothekenmuseum ist frei. Nach Vereinbarung gibt es auch Führungen durch die Säle: www.schloss-heidelberg.de/besucherinformation/
Studentenkarzer. An der Rückseite der Alten Universität liegt in der Augustinergasse 2 der Studentenkarzer. Hier büßten von 1778 bis 1914 die Studenten für „Kavaliersdelikte“. Von April bis Oktober ist der Karzer täglich von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Das Kombiticket für Universitätsmuseum, Alte Aula und Studentenkarzer kostet für Erwachsene 3 Euro. HeidelbergCard. Für einen Tag kostet die Karte 15 Euro, für zwei Tage 17 Euro. Sie berechtigt zur freien Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln, enthält das Schlossticket inkl. Bergbahn und bietet Ermäßigungen bei Stadtführungen, Shopping und Kultur. Erhältlich ist sie bei den Tourist-Informationen.
Wohnen. Natürlich gibt es in Heidelberg die unterschiedlichsten Unterkünfte – vom Luxushotel bis zur Jugendherberge. Schön und zentral am Neckerufer gelegen sind die Heidelberg Suites, ein außergewöhnliches Small Luxury Hotel, DZ ab 258 Euro: www.heidelbergsuites.com
Essen & Trinken. Ein besonderes Erlebnis ist ein Dinner auf der Patria mit einer kleinen Rundfahrt auf dem Neckar: www.heidelbergsuites.com/patria/
In der Steingasse reihen sich die Restaurants aneinander. In der Gasthausbrauerei Vetter sitzen Touristen neben Studenten. Zum eigenen Bier gibt‘s deftige Brotzeiten: www.brauhaus-vetter.de/de
In der Schlossweinstube verwöhnt Sternekoch Martin Scharff seine Gäste mit einer raffinierten Mischung aus regionaler und internationaler Küche: www.heidelberger-schloss-gastronomie.de/scharffs-schlossweinstube/
Informieren. www.heidelberg-marketing.de/, Info-Tel. 06221/5844444, info@heidelberg-marketing.de