Ihr Kinderlein kommet, oh kommet doch all! Zur Krippe her kommet, in Bethlehems Stall, und seht was in dieser hochheiligen Nacht, der Vater im Himmel für Freude uns macht.
Der katholische Pfarrer Johann Christoph Friedrich von Schmid verfasste 1798 in Thannhausen die Zeilen zu diesem Weihnachtslied, das bis heute am Heiligen Abend in den Kirchen – und an der Krippe – gesungen wird. Und Schmids romantische Krippen-Beschreibung prägt die Gestaltung der Weihnachtskrippe: Das Kindlein auf Heu und auf Stroh, die „redlichen Hirten“, die betend davor knien, der „Engelein Chor“, der hoch oben jubelnd schwebt. Und dann noch die braven Leute, die zum Kindlein pilgern:
Manch Hirtenkind trägt wohl mit freudigem Sinn Milch, Butter und Honig nach Betlehem hin; ein Körblein voll Früchte, das purpurrot glänzt,ein schneeweißes Lämmchen mit Blumen bekränzt.
Man könnte glauben, Josef Madlener, der als Maler der schwäbischen Weihnacht gilt, hätte die Zeilen des 1768 in Dinkelsbühl geborenen Geistlichen, den König Ludwig I. 1837 in den Adelsstand erhob, in Bilder umgesetzt.
Musizierende Engel und neugierige Eichhörnchen
Fasziniert stehen die Besucher vor den halb lebensgroßen Figuren der Madlener Krippe im Antonierhaus in Memmingen. Was es da nicht alles zu entdecken gibt: Einen Mann, der auf einer Karre Hausrat herankarrt, einen kleinen Jungen mit einem Bündel unterm Arm und einem Vogel im Käfig, musizierende Engel, neugierige Eichhörnchen, eine Sänfte, aus der vielleicht einer der heiligen drei Könige entstiegen ist, einen Zitherspieler und die heilige Familie samt dem Christkind auf Stroh in der „Madlener Hütte“.
Josef Madlener ist ein Zeitgenosse Picassos
Josef Madlener, der Allgäuer Maler aus Amendingen, ist nicht so bekannt wie Picasso, obwohl er im selben Jahr geboren wurde, 1881, und obwohl der gelernte Dekorationsmaler an der Münchner Kunstakademie studiert hat. Doch „die modernen Strömungen“ gingen an dem Bauernsohn vorbei, erklärt Dr. Wolfgang Bayer, der Leiter des Memminger Kulturamts. Weder für die Sezession noch für den Blauen Reiter habe Madlener sich begeistern können.
Er malte am liebsten seine schwäbische Heimat
Lieber malte er Schafe in der Allgäuer Landschaft, religiöse Motive und immer wieder die heilige Familie. Wie Schmid versetzte Madlener das Geschehen der Weihnacht aus dem milden Westjordanland in seine winterliche Heimat. Seine Motive auf Adventskalendern und Postkarten haben die Vorstellung von Weihnachten über viele Generationen geprägt – und wecken bis heute nostalgische Gefühle. Das gilt auch für die Bücher mit Madlener Weihnachtsszenen, die noch in den 1950er Jahren Bestseller waren.
Sein Waldschrat stand Pate für Toliens Gandalf
Die trauten Gemälde – ja doch, hier passt das Adjektiv – an den Wänden zeigen Maria und Josef, die mit ihrem Esel in den Sonnenuntergang ziehen oder auch Maria und das Kind im Stall, gewärmt von ein paar Schafen. Und immer wieder die Krippe und die Voralpenlandschaft im Hintergrund. Ja, Madlener ist der Maler der Schwäbischen Heimat. Aber er hat auch anderes gemalt. Es ist noch gar nicht so lange her, da war der Name Madlener auch Menschen außerhalb des Allgäus ein Begriff. Galt doch sein „Waldschrat“ als Vorbild für J.R.R. Tolkiens Zauberer Gandalf, der im „Herrn der Ringe“ eine bedeutende Rolle spielt.
Im Hutmuseum trägt ist auch Maria gut behütet
Draußen wabert Glühweinduft durch die Gassen, spiegeln sich die Lichter in der Memminger Ach. Hoch-Zeit der Weihnachtsmärkte. Da will sich das Hutmuseum in Lindenberg – ja genau, das Lindenberg, wo Udo Lindenberg seinen Hut her hat – nicht verschließen. Zum ersten Mal gibt es hier eine Sonderausstellung „Krippen und Hüte“. 80 Krippen aus aller Welt laden dazu ein, zu sehen, wie die einzelnen Länder „das Weihnachtsgeschehen in ihren eigenen Alltag integriert haben“, so Museumsleiterin Angelika Schreiber.
Der usbekische Josef hält den Daumen hoch
Da trägt das Christkind in der Krippe ein Inka-Mützchen, versteckt sich die Muttergottes unter einem riesigen Sombrero, weisen sich die Gabenbringer mit dem traditionellen kambodschanischen Kopfschmuck als Würdenträger aus. Es gibt Krippen aus Mexiko und aus Thailand, aus Kambodscha und Ghana, aus Deutschland und aus Polen. Ganz unterschiedlich ist die Interpretation der heiligen drei Könige: Mal verkörpern sie drei Kontinente, mal sind sie alle schwarz. „Vieles hier ist Massenware,“ sagt die Museumsleiterin. „Kitsch und Kunst“ lägen in dieser Ausstellung nah beieinander und genau diese Spannung sei gewollt. So unterschiedlich die einzelnen Krippen auch sind, zum Thema „gut behütet“ passen sie alle. Kein Wunder also, dass Josef in der usbekischen Krippendarstellung den Daumen hoch hält: Ein „Like“ für diese etwas andere Krippenausstellung.
Vor der Krippe glauben Kinder wieder an Märchen
In Kaufbeuren brennt schon bald die vierte Kerze auf dem riesigen Adventskranz vor der Dreifaltigkeitskirche, dem größten der Welt. Auf dem Adventskalender, hinter dem sich die Fassade des Rathauses versteckt, sind die meisten Türchen geöffnet, und auf dem Weihnachtsmarkt bummeln dick eingemummelte Käufer durch die festlich geschmückten Budengassen – wie in vielen Orten im Allgäu. Leise rieselt der Schnee, die Gipfel der Berge sind schon überzuckert, am Straßenrand tragen die Tannen einen weißen Wintermantel und weiße Mützen. Es ist klirrend kalt draußen. Doch bei den Weihnachtsmärkten und Krippenausstellungen wird einem warm ums Herz. Hier werden Erwachsene wieder zu Kindern und Kinder glauben wieder an Märchen. Pfarrer Schmid würde sich freuen.
Infos: Josef Madleners Weihnachtskrippe im Innenhof des Antonierhauses ist bis 7. Januar zu sehen, Di bis So, 9 bis 19 Uhr,geschlossen am 24., 25. und 31.12. sowie am 1.1.2018, www.mewo-kunsthalle.de/ausstellungen/madlener_krippe.html
Die Krippenaussstellung im Hutmuseum von Lindenberg ist bis 2. Februar geöffnet, Di – So , 9.30 – 17 Uhr, montags geschlossen. Nicht geöffnet am 24. 25.,31.12. und am 1.1.2018
Erwachsene zahlen zwei Euro Eintritt (Kombikarte mit Deutschem Hutmuseum möglich):
www.deutsches-hutmuseum.de/aktuelles/sonderausstellung.html
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