Scheinwelten

„Sie sagen immer: Dort ist ein Layer. Du weißt schon, englisch für Schicht. Weil du mit dem Visioner das sehen kannst, was sie wie Schichten über die Wirklichkeit legen.“

Ursula Poznanski hat schon mit ihrem ersten Roman „Erebos“ die Gefahren der neuen technologischen Möglichkeiten aufgegriffen und mit dem intelligenten und gut gemachten Thriller den Jugendliteraturpreis der Jugendjury gewonnen. Jetzt legt die österreichische Autorin noch einmal nach und mit „Layers“ einen All-Age-Roman vor, der sich mit den Möglichkeiten einer Datenbrille befasst. Google glass stand wohl Pate für die Idee, doch das, was Poznanski daraus macht, kann dem Silicon-Valley-Riesen wohl kaum gefallen.
Denn der Visioner, um den es hier geht, bringt nicht nur die Geheimnisse von Menschen ans Licht, er kann sie auch mittels getürkter Botschaften manipulieren. Das muss der 16-jährige Dorian schmerzlich erfahren. Der vor seinem prügelnden Vater auf die Straße geflohene Jugendliche erfährt nach einer Auseinandersetzung mit einem diebischen Penner den Schock seines Lebens. Als er aufwacht, liegt der Mann in einer Blutlache neben ihm. Hat Dorian ihn umgebracht und die Tat verdrängt? Wie gerufen kommt da ein junger Mann, der dem obdachlosen Jungen ein neues Heim verspricht – und dabei scheinbar kaum auf den toten Penner achtet.
Als er in die Villa von Raoul Bornheim kommt, kann Dorian sein Glück kaum fassen. Der Millionär scheint sich für in Not geratene Jugendliche zu engagieren – ohne etwas dafür einzufordern. Doch der erste Eindruck täuscht. Bornheim setzt die Jugendlichen zur Verteilung von Flugblättern und Werbegeschenken ein. Dorian lässt sich zunächst bereitwillig darauf ein, zumal er sich in Stella, ein Mädchen aus der Villa, verliebt hat. Doch irgendwann wird er misstrauisch. Da gibt es zu viele Vorschriften und merkwürdige Farbregeln. Warum bekommt er plötzlich rote Kleidung statt der bisherigen grünen? Warum dürfen die Jugendlichen in der Villa nicht sehen, wo sie steht? Und warum schreckt einer der Adressaten, dem Dorian eines der geheimnisvollen Werbegeschenke überreichen soll, vor der Annahme zurück?
Als Dorian das Kästchen öffnet, macht er sich zum Außenseiter. Denn die Brille, die er darin findet, liefert ihm Wissen, das nie für ihn bestimmt war und ihn zu einer Gefahr für die Drahtzieher hinter der Villa macht. Dorian kann nicht zurück, er wird zum Gejagten, der immer öfter die virtuelle Realität nicht mehr von der Wirklichkeit trennen kann. Am Ende zieht er fatale Schlüsse und arbeitet so denen in die Hände, die ihn von Anfang an manipuliert haben.
Wie immer gelingt es Ursula Poznanski die Leser mit unerwarteten Wendungen zu verblüffen. So hält sie  trotz einiger Längen die Spannung bis zum doch noch guten Ende. Die Fragen, die sie in ihren spannenden Thriller verpackt, sind nicht nur für junge Leser wesentlich: Kann ein guter Zweck alle Mittel heiligen, auch die von Terror-Akten? Wie leicht lassen sich Menschen manipulieren, wenn sie am Rand der Gesellschaft stehen? Und schließlich auch: Was ist Realität?
Info: Ursula Poznanski, Layers, 445 S., 14,95 Euro, ab 15, www.layers-buch.de

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