Vor einem halben Jahrhundert hat der „Club of Rome“ die „Grenzen des Wachstums“ angemahnt – folgenlos. Seither „hat sich die Weltbevölkerung mehr als verdoppelt, hat sich der Konsum mehr als verzehnfacht, haben sich die ökologischen Bedingungen der Welt dramatisch verschlechtert“, wie Ernst Ulrich von Weizsäcker resümiert. Die Vereinten Nationen haben inzwischen mit der Agenda 2030 17 Ziele für eine nachhaltige Entwicklung definiert, darunter die Bekämpfung der Armut, Maßnahmen zum Klimaschutz und zu mehr Energieeffizienz. Die EU will bis 2050 klimaneutral sein. Auch die Reisebranche hat das Thema Nachhaltigkeit auf ihre Fahnen geschrieben. Denn Tourismus ist weltweit in die Kritik geraten. Die Themen sind bekannt: Overtourism, Vermüllung der Strände, Wasserknappheit, Ausbeutung der Ressourcen… Nun ist die TUI als größter Veranstalter Europas aktiv geworden und hat auf der griechischen Ferieninsel Rhodos einen auf fünf Jahre terminierten Lernprozess für nachhaltige Tourismusentwicklung angestoßen.
Unter der Schirmherrschaft des griechischen Premierministers Kyriakos Mitsotakis haben die TUI Group, die TUI Care Foundation und die Region Südliche Ägäis ein „Labor für den nachhaltigen Tourismus der Zukunft“ auf Rhodos ins Leben gerufen. Das Co-Lab setzt bei seiner Arbeit auf Zusammenarbeit und Austausch – nicht nur mit der Tourismusindustrie vor Ort, sondern mit der gesamten Branche.
Verlängerung der Saison
Für den griechischen Premier ist die Verlängerung der Saison eine der Prioritäten in der langfristigen Tourismusstrategie. Griechenland wolle ein neues Kapitel aufschlagen, sagte Mitsotakis, und „ein Jahrzehnt der Krisen und des Schmerzes“ hinter sich lassen. Man werde sehr hart daran arbeiten, dass das Projekt ein Erfolg werde. Fritz Joussen, CEO der TUI Group, wies darauf hin, dass Tourismus eine „Force for Good“ sei, eine Kraft für das Gute. Es werde keine ökologische Nachhaltigkeit geben, „wenn wir nicht auch die soziale und wirtschaftliche Dimension der Nachhaltigkeit in den Fokus nehmen“.
Als größter Wirtschaftssektor in den Destinationen trage der Tourismus auch zu mehr sozialer Teilhabe bei. Das Co-Lab könne als Labor für den nachhaltigen Tourismus der Zukunft dienen und solle in den nächsten fünf Jahren Blaupausen für andere Destinationen schaffen. „In diesem Jahrzehnt der nachhaltigen Transformation soll das Co-Lab zeigen, wie ein ganzheitlicher Ansatz für mehr Nachhaltigkeit funktionieren kann – für die Menschen, die in den Reisezielen leben, für die Reisenden, die Umwelt und für die Unternehmen der Tourismusindustrie,“ so Joussen. Als ein Baustein der TUI- Nachhaltigkeitsagenda solle das Co-Lab Rhodos in Zusammenarbeit mit der TUI Care Foundation und der Regierung der Region Südliche Ägäis den Wandel vorantreiben.
100 Millionen Euro für erste Projekte
„Wir brauchen die Unterstützung aller Partner“, ergänzte Thomas Ellerbeck, Vorstandsvorsitzender der TUI Care Foundation. Eine nachhaltige Entwicklung liege „in unser aller Verantwortung“. Dem stimmte der Gouverneur der Region Südliche Ägäis George Chatzismarkos zu: „Wir investieren in Nachhaltigkeit, um unseren Respekt für die künftige Generation zu zeigen – aber auch um unsere Wirtschaft zu stärken.“ Ein erstes konkretes Projekt ist laut Chatzimarkos diese Woche gestartet – zum Wasser-Management und Abfall-Recycling auf Rhodos. Die dafür benötigten mehr als 100 Millionen Euro würden von Griechenland auch aus Mitteln des EU-Wiederaufbaufonds finanziert.
Beste Voraussetzungen auf Rhodos
Rhodos, das 60 Jahre Tourismus-Geschichte hat, bietet nach Einschätzung der TUI „als weltweite Top-Destination beste Voraussetzungen, um Innovationen für mehr Nachhaltigkeit im Tourismus zu testen und ihr Zusammenspiel zu verstehen“. Auf der Insel gäbe es schließlich alle Komponenten, die einen Urlaub ausmachen“: Hotels, Flughäfen, Kreuzfahrten, Transfers und Mobilität, Ausflüge. Das zeige „die ganze Komplexität der Herausforderungen“.
Mehr Touristen auf die Insel
Nach den Plänen des Co-Lab soll Rhodos weltweit zum Leuchtturm einer nachhaltigen Tourismusentwicklung werden. Es gehe um den Schutz von Natur und Biodiversität, umriss Melvin Mak vom Co-Lab die ehrgeizigen Ziele, um Aus- und Weiterbildungsangebote für die Menschen vor Ort, um Energie-, Wasser- und Müllmanagement und generell darum, den ökologischen Fußabdruck der Touristen zu verringern, ohne das touristische Wachstum zu hemmen. Schließlich will TUI in diesem Jahr drei Millionen Kunden nach Griechenland bringen – doppelt so viele wie 2019 und etwas mehr als im Jahr 2019.