Reisen und Lesen: Bücher zu Weihnachten

Alle Jahr wieder die Frage: Was schenke ich wem zu Weihnachten? Bücher sind immer wieder eine gute Wahl – auch im Zeitalter von Kindle und iPad. Die elektronischen Geräte machen sich einfach nicht so gut im Regal wie ein schöner Bildband, und manch einer, der den lieben langen Tag am PC sitzt, greift am Abend doch gerne mal wieder zum gedruckten Buch – zur Entspannung. Wir haben uns für Sie im riesigen Büchersortiment dieses Herbstes umgesehen und sagen Ihnen, was Sie am besten wem unter den Weihnachtsbaum legen.

Für Genießer.
Die Reihe  Merian Porträts sieht schon von außen einfach zauberhaft aus, mit ihren Bonbonfarbenen Umschlägen erinnert sie ein bisschen an die berühmten Suhrkamp-Taschenbüchern.  Allerdings sind die Umschläge hier nicht aus banaler Pappe, sondern hochwertig mit Leinen verstärkt. Auch inhaltlich hat man einen Anspruch, will das Flair weltberühmter Metropolen über ihre berühmten Bürger einfangen. In 20 Biographien erzählen die unterschiedlichsten Autoren Stadtgeschichte, von den Anfängen bis zur Gegenwart. Keine leichte Aufgabe, aber eine interessante Lektüre. Fürs nächste Jahr besonders interessant: Rio de Janeiro. Ulrike Wiebrecht hat sich der Welthauptstadt des Samba, die 2014 die Fußball Weltmeisterschaft veranstalten wird, auch über Tom Jobin („The Girl from Ipanema“) und den Fußballer Ronaldo genähert. Aber natürlich lässt sich auch Autoren wie Stefan Zweig und Paulo Coelho zu Wort kommen, sie erzählt die unglaubliche Geschichte des Schmuck-Magnaten Hans Stern und sie führt auf die Spuren des wegweisenden Architekten Oscar Niemeyer, der 2012 im gesegneten Alter von 104 Jahren starb. So soll es sein, über die Personen erfährt der Leser Spannendes zum Reiseziel, echte „Geheimtipps“, nicht nur solche, die mittlerweile überall digital verfügbar sind. 
Info: Merian Porträts, Eine Stadt in Biographien, Travel House Media, 176 S., 16,99 Euro, z.B. Rio von Ulrike Wiebrecht 

Für Abenteurer

Auch bei DuMont gibt es eine neue Reihe zu vermelden, die ebenfalls von der Aufmachung her für Büchersammler interessant ist. Die Titelbilder auf den weißen Umschlägen lassen ahnen, dass der Inhalt ein anderer ist als bei den üblichen Reiseführern. Der Verlag hat sich viel vorgenommen: „Die neuen DuMont Reiseabenteuer beginnen dort, wo die Nachrichten aufhören: Sie zeigen aus erster Hand das wirkliche Leben und die Welt, die hinter den Daten, Fakten oder Schlagzeilen liegt.“ Unter den Autoren, die diesen Anspruch erfüllen sollen, sind junge deutsche Journalisten wie Jens Mühling, der sich auf die Suche nach der „wahren russischen Seele“ begibt oder Philip Hedemann, der mit dem Geländewagen durch Äthiopien fuhr. Mit Colin Thubron ist aber auch ein „Großmeister des Travel Writing“ dabei. Der Globetrotter aus London beschreibt seine Reise entlang der Seidenstraße. Vor den aktuellen  Ereignissen in Ägypten besonders spannend: Gerald Drissners „Als Spion am Nil“.  Auch wenn Drissner die Situation kurz nach der Revolution beschreibt, erfährt der Leser doch viel über die ägyptische Mentalität, die Liebe zum „Schönreden“ und die tief verwurzelte Frömmigkeit, auch darüber, woran die Machthaber immer wieder scheitern. Es sind Innenansichten eines Landes, das Touristen meist nur als Kulisse für Reisen in die Geschichte oder für einen Strandurlaub erleben. 
Info: DuMont Reiseabenteuer, ab 14,99 Euro, z.B. Gerald Drissner, Als Spion am Nil – 4500 Kilometer ägyptische Wirklichkeit, 268 S., 14,99 Euro

Für Entdecker
Ausgerechnet ein Deutschlandband für Entdecker? Unbedingt. Denn diese fotografische Reise zu „unseren Naturparadiesen“  lädt dazu ein, „Deutschlands Landschaften“ mit anderen Augen zu sehen. Berthold Steinhilber hat die oft vergängliche Schönheit von Mooren und Herbstwäldern, von frühlingsgrünen Wiesen, geheimnisvollen Grotten und blauen Quellen eingefangen. Seine großformatigen Fotografien von einer weitgehend menschenleeren Natur regen zum Träumen an und machen Lust auf eigene Exkursionen nicht nur ins allseits Bekannte, sondern auch in Gegenden, die bis heute ein Schattendasein führen wie etwa die Schwäbische Alb. Schade, dass die Texte von Roland F. Karl dazu gelegentlich eher uninspiriert sind („Die spiegelglatte Wasseroberfläche des Bodensees glänzt als Juwel vor alpiner Kulisse“). Aber die Bilder sprechen ohnehin für sich. 
Info: Berthold Steinhilber, Deutschlands Landschaften – eine Reise zu unseren Naturparadiesen, Frederking & Thaler, 240. S., 49,99 Euro 
Für Bahnfahrer
Das Flugzeug ist schneller, das Auto individueller, aber das Zugfahren ist für viele immer noch „die kultivierteste Form des Reisens“, wie Martin Howard schreibt – ganz besonders, wenn man mit den legendären Zügen unterwegs ist, in deren Schönheit dieser Bildband schwelgt. Der Venice Simplon Orient Express etwa galt als „König der Züge und der Zug der Könige“. Agatha Christie hat sich von ihm ebenso inspirieren lassen wie Alfred Hitchcock, er war Schauplatz für James Bond und steht bis heute für den Luxus auf Schienen.  Nicht minder luxuriös sind der Royal Scotsman, der auf spektakulären Strecken ins Herz Schottlands fährt, oder der Al Andalus,  der in den schönsten Städten Andalusiens Halt macht. Ob Golden Eagle Luxury Trains,  Eastern Oriental Express oder Palace on Wheels – auch in Asien wird nobel gereist.  In Australien halten The Ghan und Indian Pacific das Luxus-Banner hoch,  in Peru windet sich der  Hiram Bingham durch die Anden bis zur Inka-Stadt Machu Picchu und  der Andean Explorer fährt zum Titicacasee. Rocky Mountaineer und The Canadian auf dem amerikanischen Kontinent, Blue Train und Rovos Rail auf dem afrikanischen beschließen dieses Bilder-Buch für Eisenbahnfreunde, das mit großformatigen Bildern aufwartet, durch die nicht immer ein Luxuszug braust. 
Info:  Martin Howard, Unvergessliche Reisen – In legendären Zügen um die Welt, DuMont, 192 S., 29,99 Euro 
„ ‚Was wollen Sie eigentlich wissen? Ist es ihre Geschichte oder unsere‘,  wende ich ein. ‚Schon ihre, meine ich, aber auch ein bisschen unsere, wir sind doch dabei,‘ sagt die ältere Frau. ‚Wir sind doch nur Zuschauer‘,  sagt das Mädchen.“ Sia Bronikowski liebt solche Begegnungen im Zug, weil sie immer wieder überraschen, weil sie für eine kurze Zeit teilhaben lassen an einem anderen Leben. Und dazu muss man einfach nur einsteigen in die S-Bahn, in den Regionalzug oder den ICE – und offen sein für andere.  Wer sich anstecken hat lassen, kann auf den hinteren Seiten gleich loslegen mit seiner Geschichte.  
Info: Sia Bronikowski, Einstieg in Fahrtrichtung – Begegnungen im Zug, Unionsverlag, 191 S., 12,95 Euro 
Für Europäer
Wer will schon von sich behaupten, Europa zu kennen. Nessebar etwa, das „Juwel am Schwarzen Meer“, ein bulgarisches Weltkulturerbe. Telc in Südmähren, dessen Renaissance-Marktplatz Puppenstuben-Charme hat. Das portugiesische Zisterzienser-Kloster  Alcobaca, das von einer Liebe kündet, die stärker war als der Tod. Der Nationalpark Hainich im Westen Thüringens, Deutschlands größer zusammenhängender Laubwald. Oder der schottische Cairngorms National Park, wo der Whisky Trail verläuft. Natürlich finden sich unter den 100 Sehnsuchtszielen, die Wolfgang Rössig für diesen Apa Guide zusammengestellt hat, auch bekannte wie Paris, St. Petersburg, Rom, die griechischen Meteora-Klöster oder das tschechische Marienbad. Die einen kann man neu, die anderen wieder entdecken. Dazu laden knappe Texte und bunte Bilder ein, für den Fall der Fälle gibt es sogar Tipps für die Anreise und die Unterkunft vor Ort. 
Info: Wolfgang Rössig, Europa neu entdecken – über 100 Sehnsuchtsziele, Polyglott Apa Guide, 336 S., 21,95 Euro 
Für Brückenbauer
Brücken bringen Menschen näher zusammen, sind Symbol der Versöhnung und – oft auch monumentale Bauwerke. Sie überqueren Schluchten, Flüsse, Meeresbuchten und verbinden sogar Kontinente. Es gibt Hängebrücken und solche aus Holz, Brücken aus Eisenbeton, schwimmende Brücken, Klapp- und Bogenbrücken, moderne Schrägseilbrücken und uralte Viadukte aus Stein. Es gibt Brücken, die Kunstwerke sind und einfache Zweckbauten. Der opulente Band „Brücken der Welt“ versammelt Beispiele aus allen Kontinenten. Die spektakulären Fotos werden mit kundigen Texten unterfüttert. In einem davon geht es auch um die Brücke in Literatur, Philosophie und Kunst, in einem anderen um Brückenbau und Zivilisation. Doch mehr noch als die interessanten Texte inspirieren Bilder, die drastisch vor Augen führen, wie brüchig so eine Brückenverbindung sein kann aber auch wie grenzenlos optimistisch.
Info: Karl Lang, Brücken der Welt, Edition Panorama, 320 S.,78 Euro 
Für Hotelliebhaber
Wer hat sich nicht schon einmal überlegt, warum sein Hotel so und nicht anders eingerichtet ist, warum ihn die Farbzusammenstellung an Asien erinnert oder an Afrika oder warum er das Gefühl hat, dass in diesem Haus nichts zum anderen passt. Wer tiefer eindringen will in die Farbenlehre der Hotels, der kann sich in einem dicken Buch informieren, das ihn damit konfrontiert, welche Farbzusammenstellung protzig und welche sachlich ist, entspannend oder poetisch, international oder dörflich. Die Autoren bieten immer ganze RAL-Farbpaletten an und zeigen in Bildausschnitten, wie die Nuancen in Räumen zusammenwirken. Kühler nordeuropäischer Stil kontrastiert da beispielsweise mit warmen mediterranen Farben. Das Werkbuch, das Hoteliers Anleitungen für die Gestaltung des Interieurs an die Hand gibt, hilft auch den Hotelliebhabern dabei herauszufinden, in welchem Ambiente sie sich wohl fühlen und warum das so ist. 
Info: Wolf D. Karl Hrsg., Farben der Hotels, Callwey, 447 S., 79 Euro 
Für Weihnachts-Enthusiasten
Man mag es oder man mag es nicht. Es gibt fast nichts dazwischen. Wer Weihnachten mag, tut es mit ganzem Herzen und voller Freude. Für solche Enthusiasten kommt dieses Büchlein im schönen roten Einband gerade recht. Im handschmeichlerischen Kleinformat sind Weihnachtsgeschichten aus aller Welt versammelt, u.a. von Nikolaj Gogol, Adalbert Stifter, Arthur Conan Doyle und Guillaume Apollinaire. Während Sherlock Holmes in der Geschichte um den „Blauen Karfunkel“ eine ganze Persönlichkeit aus einem alten Hut zaubert, zu dem er an einem Weihnachtsmorgen gekommen ist und en passant einen Juwelendiebstahl aufklärt, erzählt Dostojewskij in „Der Knabe am Weihnachtsabend beim Herrn Jesu“ eine russische Version der herzzerreißenden Sterntaler-Geschichte. Man sieht, dieses Weihnachtsbüchlein hat’s in sich. 
Info: Stille Nacht – Die schönsten Weihnachtsgeschichten aus aller Welt, Manesse, 448 S., 19,95 Euro 

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