Terroranschläge, Naturkatastrophen, politische Umwälzungen: Die Reisebranche ist scheinbar durch nichts zu erschüttern. Doch die Reisenden sind nicht mehr so treu wie ehemals. Die Türkei etwa hat auch durch die Politik Erdogans Stammgäste verloren, viele an Griechenland. Und weil bei den deutschen Touristen Sicherheit hoch im Kurs steht, wird Deutschland auch 2018 wieder das beliebteste Reiseziel der Deutschen sein. Was aber ist mit den Trendzielen, die zum Beispiel Lonely Planet propagiert, mit der Bucket list für Weltenbummler?
Südkorea ist Top auf der Bucket List
Da sucht man Deutschland vergeblich. Dafür steht Chile bei Lonely Planet ganz vorne. 200 Jahre Unabhängigkeit kann das südamerikanische Land feiern und mit der Atacama Wüste und dem Nationalpark Torres del Paine bietet es grandiose Natur. Nicht viel näher ist Südkorea auf Platz 2. Wegen der Olympischen Winterspiele zieht das fernöstliche Land sicher mehr Touristen an als bisher. Allerdings wird die Unberechenbarkeit des nordkoreanischen Nachbarn auch einige Olympia-Touristen auf Abstand halten. Näher dran an Deutschland ist die Nummer 3, Portugal, die mit Kultur und Kulinarik Spanien Konkurrenz macht.
Kulturhauptstadt und Unabhängigkeitsjubiläum
Aber dann: Dschibuti auf Platz 4! Ein wahrhaft exotisches Reiseziel. Das kleine Land hat mit dem Assalsee, einem Kratersee 155 Meter unter dem Meeresspiegel, den tiefsten Punkt Afrikas zu bieten und leidet bisher sicher nicht unter Massentourismus. Malta mit der Kulturhauptstadt des Jahres, Valletta, behauptet sich hinter Neuseeland auf Platz 6 vor Georgien. Das geschichtsträchtige Land am Kaukasus feiert 100 Jahre Unabhängigkeit und ist – anders als die Nummer 8, Mauritius – auch noch kein typisches Touristenziel.
Mehr Fernreisen bei den Veranstaltern
Wenig Überraschung bieten China und Südafrika auf Platz 9 und 10. Da sind die Lonely Traveller wohl eher nicht lonely, sondern mit jeder Menge Pauschalreisender unterwegs. Denn Südafrika gehört auch bei TUI, Thomas Cook & Co zu den wichtigsten Zielen des Jahres 2018 ebenso wie China. Wie im letzten Winter schon haben die Veranstalter auch für dieses Jahr das Fernreiseprogramm noch mehr ausgeweitet.
Weltreise oder Wanderung durch die Wüste
Nichts für Globetrotter, die schon alles kennen. Für sie hat National Geographic Expeditions eine Weltreise in 22 Tagen aufgelegt. Der Trip im Privatjet beginnt in Seattle und führt zu touristischen Highlights wie Kyoto, der Wüste Gobi, Sibirien, Reykjavík und Grönland – immer begleitet von Experten. Wem das zu banal ist oder zu wenig Abenteuer verspricht, dem empfiehlt Intrepid Travel eine Wanderung mit Nomaden und ihren Kamelen durch die Wüste in Dschibuti. Ja, das ist es wieder, das kleine ostafrikanische Land, das auch Lonely Travel 2018 ganz vorne sieht.
Stilvoll unterwegs auf der Schiene
Alles zu anstrengend? Wie wär’s dann mit einer Reise auf Schienen? Da ist man meist bequem unterwegs, speist luxuriös in edlem Ambiente und lässt das exotische Leben draußen vorbeiziehen wie in einem Film. Lernidee lädt mit dem Eastern & Oriental Express dazu ein, stilvoll durch Südostasien zu reisen. Auch in Europa sind vermehrt touristische Luxuszüge unterwegs wie der Royal Scotsman in Schottland, der Grand Hibernian in Irland oder der Al Andalús in Spanien.
Kreuzfahrt ohne schlechtes Gewissen
So eine Zugreise hat etwas von einer Kreuzfahrt. Auch die liegt 2018 wieder im Trend: Allein 16 neue Kreuzfahrtschiffe werden auf den Weltmeeren unterwegs sein, einige davon auch so umweltfreundlich, dass die Gäste kein schlechtes Gewissen mehr zu plagen braucht. Die Aida Nova etwa ist weltweit das erste Kreuzfahrtschiff, das komplett mit Flüssigerdgas (LNG) betrieben werden kann und die MS „Roald Amundsen“ von Hurtigruten ist das erste Expeditionsschiff mit Hybridtechnologie. So sollen schädliche Emissionen soweit wie möglich vermieden werden.
Größe ist nicht alles, Luxus ist gefragt
Mit 6300 Passagieren hält die neue Symphonie of the Seas den Größenrekord. Doch Größe ist nicht alles. Im Gegenteil. Kleinere Schiffe werden immer beliebter – vor allem für Expeditionen. Die National Geographic Venture nimmt gerade mal 100 Passagiere an Bord, wenn sie nach Alaska aufbricht. Auf der Seabourn Ovation finden zwar sechsmal mehr Passagiere Platz, dafür werden sie von ebenso vielen dienstbaren Geistern betreut, wenn sie im Mai zur Jungfernfahrt in Venedig in See sticht. Solcher „Ultraluxus“ ist natürlich nicht für lau zu haben. Trotzdem sind etliche der Touren schon jetzt ausgebucht.
Luxus ist auch 2018 einer der großen Trends. Allerdings geht es beim Reisen mehr um individuelle Erlebnisse, um Muße, um exklusive Inneneinsichten und einzigartige Erlebnisse, wie sie etwa Zeit Reisen versprechen oder auch Geoplan und airtours private travel, die maßgeschneiderte Reisen für Individualisten auflegen.
Ziele fürs kleine Budget
Leisten können sich solche Reisen nur die wenigsten, deshalb listet Lonely Planet auch Reiseziele für Touristen mit kleinem Budget auf, an erster Stelle Tallinn, die Hauptstadt von Estland, gefolgt von Lanzarote und Arizona. Dass Polen unter den ersten zehn mit dabei ist, wundert nicht. Aber Großbritannien? Klar, nach der Brexit-Entscheidung schwächelt das Pfund, und davon profitieren Reisende. Ebenfalls als günstiges Reiseziel hat Lonely Planet Essaouira in Marokko ausgemacht. Marokko ist auch bei FTI ein Trendziel. Die Münchner haben das Charterprogramm nach Agadir ausgebaut, aber vor allem die Königsstädte im Blick. Nicht unbedingt Geheimtipps.
Die finden sich auch im Lonely Planet Städteranking nicht zuhauf. Kapstadt (2), Los Angeles (3) und Merida in Mexiko (4), Seoul (7), Lissabon (8) und Moskau (9) sind schon jetzt beliebte Städteziele. Mit der neuen Cité du Vin und dem Unesco-Welterbe-Status schaffte es allerdings Bordeaux auf Platz 1, Platz 5 gab es für das mazedonische Ohrid, ein eher noch unbekanntes Ziel, auch das italienische Pistoia (6) ist (fast) noch ein Geheimtipp, während Portland als „Pionier der nachhaltigen Lebenskultur“ und „eine der coolsten Städte der USA“ schon Kultstatus hat.
Jenseits des Overtourism
Das Städteranking zeigt, dass es nicht immer die Top-Sehenswürdigkeiten oder die Metropolen sein müssen, die ohnehin überlaufen sind und mit dem Overtourism-Syndrom zu kämpfen haben wie Barcelona, Venedig oder Dubrovnik. Das haben auch die Reiseveranstalter erkannt. Kleinere Städte holen auf: Pistoia statt Florenz, Linz statt Wien, Bochum statt Berlin, Malaga statt Madrid, Porto statt Lissabon. Die Städtereisen-Kataloge von Dertour oder Studiosus sind vielfältiger geworden. Man muss nicht unbedingt dahin reisen, wo Touristen nicht gern gesehen sind.
Und noch ein Trend macht sich breit, der versingelten Gesellschaft geschuldet. „Me and More“ heißt es bei Studiosus, „Wanderfan trifft Reisepartner“ bei Wikinger. Alleinreisende sollen in passender Gesellschaft das Reisen genießen. Vielleicht in Albanien, das bei Kayak als Nummer 1 auf der Bucket List steht – vor Aserbaidschan und Ghana.
Nicht eine Bucket list sondern viele
Ach ja, dann gibt’s auch noch ganz persönliche Bucket Listen, eine eigene TUI Bucket list, einen Bucket List Kalender und sogar eine Instagram Bucket list, auf der die Lavendelfelder der Provence mit der Terracotta Armee in Xi’an, dem Titicaca See in Peru oder dem Okawango-Delta in Botswana konkurrieren. Bei soviel Listen besteht zumindest nicht die Gefahr, dass die Favoriten von Travellern überlaufen sind, die eigentlich die Loneliness suchen und statt in der Einsamkeit in einer Menge Gleichgesinnter landen.