Pompeji: Konkurrenz für den Faun

In Pompeji lässt derzeit ein polnisch-französischer Künstler die antiken Ausgrabungen alt aussehen: Igor Mitoraj, 1944 in Oederan geboren, bei Krakau aufgewachsen und 1914 in Paris gestorben, war durch Ausstellungen in aller Welt berühmt geworden. Einer seiner größten Wünsche war, seine eher klassische Kunst da auszustellen, wo sie ihre Vorbilder hat. Pompeji hat dem Künstler nun zwei Jahre nach seinem Tod den Traum erfüllt: 28 seiner riesigen Bronzeskulpturen stehen und liegen zwischen antiken Säulen, auf dem Forum, in den Bädern: Dädalus, der Zentaur, ein geflügelter Ikarus, ein ruhender Kopf. Die Ausstellung, die noch bis zum Januar zu sehen sein wird, will eine harmonische Verbindung zwischen Archäologie und zeitgenössischer Kunst schaffen. „Die Helden und Götter aus der Mythologie bevölkern die Straßen und Plätze der Stadt, die vom Vesuv begraben wurde, indem sie wie Traumfiguren aus den Ruinen auftauchen,“ sagte Massimo Osanna, Pompejis Superintendent.

Mitorajs Skulpturen wirken wie die Rückkehr der Titanen

Tatsächlich sind Mitorajs Giganten so auffällig präsent, dass sie den eigentlichen Ausgrabungen die Schau stehlen, erst recht den Repliken wie etwa dem berühmten Faun. Winzig wirkt er im Vergleich zu Mitorajs Skulpturen, die eher wie Titanen wirken denn wie Götter- oder Heldenfiguren. Selfies mit den Skulpturen sind so begehrt, dass sich die Besucher an ihren Standorten ballen.  Was interessiert da ein neu entdecktes Mosaik, wenn man sich beim Befingern eines Riesenkopfes selbst inszenieren kann? Womöglich ahnen viele der Besucher nicht einmal, dass diese Skulpturen, die so klassisch wirken, nicht aus antiker Zeit stammen, sondern von einem Künstler der Gegenwart. In Pompeji, wo laut Théophile Gautier „zwei Stufen das antike vom modernen Leben trennen“, verschmelzen Mitorajs Bronzen mit den Ausgrabungen zu einer fast mystischen Einheit.

Pompeji leidet unter den Besuchermassen

Doch auch sie können nicht verhindern, dass die riesige Ausgrabungsstätte leidet. Die Besuchermassen setzen den antiken Bauwerken zu,  auch die Zeit meint es nicht gut mit den Ausgrabungen.  Derzeit wird zwar überall vermessen und gearbeitet. Pompeji soll behindertengerecht werden – und noch mehr Touristen anziehen. Von fünf Millionen ist die Rede. Währenddessen kämpfen Restauratoren und Bauphysiker gegen den Verfall. Pompeji, so fürchten sie, könnte ein zweites Mal untergehen.
Info http://www.pompeiisites.org/

 

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