Es ist ein goldener November im Park von Schloss Pillnitz, ein flammender Herbst. Zufrieden schaut Dr. Christian Striefler, Herr über Sachsens Schlösser und Gärten, auf die blühende Herbstbepflanzung.
„Pillnitz ist doch ein wunderbarer Ort,“ sagt der groß gewachsene Geschäftsführer, „ein Gesamtkunstwerk“. Stimmt. Das Schloss an der Elbe gehört zu den meist fotografierten Bauten im Dresdner Umland. Und der Garten ist Europa im Kleinen – französische, englische, holländische und natürlich auch deutsche Einflüsse sind hier harmonisch vereint.
Klimawandel und Denkmalpflege
Nur der Klimawandel macht Striefler und den 16 Gärtnern im Park Sorgen. Der Buchsbaumzünzler bedroht die so schön gestutzten Buchsbäume, und für empfindliche Bäume sind widerstandsfähigere Artgenossen im Gespräch. „Da kommt man dann schon in Kollision mit der Garten-Denkmalpflege,“ weiß Striefler. Trotzdem müsse man Veränderungen in die Planung mit einbeziehen.
Ein Winterkleid für die Kamelie
Die berühmte Kamelie, vermutlich 1776 aus Japan zugereist und 1801 vom Schlossgärtner im Parkt eingepflanzt, profitiert von diesen warmen Tagen. Noch braucht sie nicht ihr gläsernes Winterkleid, ein sechseckiges High-Tech-Wunder auf Schienen, das seit 1992 das alte Holzhaus ersetzt. 8,90 Meter hoch ist diese älteste Kamelie Europas, elf Meter misst sie im Durchschnitt.
Wer das Prachtstück umrunden will, muss 33 Meter gehen. Jetzt ist die Kamelie nur dunkelgrün, aber im Februar wird sie wieder ihr rotes Blütenkleid anlegen. Dann ist sie die Königin im Pillnitzer Park und empfängt Kamelien-Liebhaber aus aller Welt.
Der Christmas Garden bringt Licht in den Park
Doch auch in der Vorweihnachtszeit hat Pillnitz seinen Reiz. Erstmals wird hier vom 14. November bis 16. Januar der „Christmas Garden Dresden“ präsentiert – nach dem Vorbild des berühmten Kew Garden in London. Striefler ist voller Vorfreude: „Wir können es kaum erwarten, Pillnitz im Glanz des Christmas Garden Dresden strahlen zu sehen,“ sagt er. Illuminationen verwandeln Schloss und Garten in eine schimmernde Märchenlandschaft. Aufwendig gestaltete festliche Motive erzählen Geschichten von Rentieren, Engeln oder dem Weihnachtsmann.
Der rund zwei Kilometer lange Rundweg führt vorbei an 20 Lichtinstallationen, die den Schlosspark zum Leuchten bringen. Und natürlich wird auch das Glashaus der legendenumwobenen Kamelie im magischen Weihnachtsglanz erstrahlen.
Im Weinkeller macht sich Kunst breit
In den Gewölben von Schloss Pillnitz hat Sachsens Vorzeige-Winzer Klaus Zimmerling über Jahre seine Weine hergestellt und gelagert. Inzwischen haben sie im eigenen Keller eine ungewöhnliche Heimat gefunden. Ungewöhnlich deshalb, weil dieser Keller auch Kunst beherbergt. Zimmerlings Frau, Malgorzata Chodakowska, eine quirlige Blondine aus Polen, hat hier einen Teil ihrer großen und auffallend gut proportionierten Skulpturen untergebracht. So nah kommen sich Wein und Kunst selten. Aber Chodakowska entwirft ja auch die Etiketten für die charakteristischen Halbliterflaschen mit Zimmerling-Weinen.
Die beiden sind ein Paar wie aus dem Bilderbuch. Kennen gelernt haben sie sich beim Wandern in der Tatra. Auf 2000 Metern Höhe hat Malgorzata den einsamen Wanderer angesprochen. Am Abend haben sie sich wieder getroffen und beim Frühstück Adressen ausgetauscht. Zwei Wochen später kam sie nach Dresden, und er stand „mit Jesuslatschen und schwarzem Anzug auf dem roten Teppich und hielt eine rote Rose in der Hand“. Das zweite Rad für sie hatte er gleich mitgebracht. „Wir fuhren im Nebel an der Elbe entlang und ich fühlte mich wie im Märchen,“ erinnert sich die Künstlerin. Damals wusste sie gleich, dass es etwas Ernsthaftes ist. „Wir Frauen lieben doch Theater,“ sagt sie und zwinkert der Gesprächspartnerin zu.
Die Sache mit dem Jahrhundertsommer
Sie hat in Warschau und Wien Bildhauerei studiert,er Maschinenbau in Dresden. Doch Wein ist schon lange die Leidenschaft des ebenso eigenwilligen wie attraktiven Mannes. 1992 pachtete Zimmerling von der Gärtnerischen Produktionsgenossenschaft (GPG) den Rebhang Rysselkuppe und angrenzende Flächen. Vier Hektar groß ist das Weingut heute. Auf dem Pillnitzer Königlichen Weinberg gedeihen auf verwittertem Granit Riesling, Grauburgunder, Weißburgunder, Kerner, Gewürztraminer und Traminer. Auf Herbizide und synthetische Pestizide verzichtet der Winzer. Heute gehören seine Weine zu den besten und bekanntesten in Sachsen – und sie sind schnell ausverkauft.
Während der Winzer seinen hochgelobten Sekt ausschenkt, eine Rarität, die es nicht jedes Jahr gibt, sinniert er über den Jahrgang 2018. „Heuer werden viele Winzer anfangen, im Keller rumzubasteln und Säure zugeben,“ vermutet er. Zu süß seien die Trauen durch den Jahrhundertsommer und die große Trockenheit. Und in Zukunft? Zimmerling kneift die Augen zusammen und schaut in die Sonne: „In Zukunft muss wohl mehr in die Bewässerung investiert werden.“
Der Weinberg und seine Geschichte
Walter Rogge macht sich darüber noch keine Gedanken. Er freut sich über diesen wunderbaren Spätherbst, der seiner Straußenwirtschaft noch späte Kundschaft beschert. Rogge, ein kerniger, lebenslustiger Mann, dem der Schalk aus den Augen spricht, ist einer der Hobbywinzer, die einen Teil des Königlichen Weinbergs bearbeiten und ihren Wein von der Genossenschaft keltern lassen.
Während er großzügig Wein aus der charakteristischen Sachsenkeule ausschenkt und seine Frau dazu Häppchen auftischt, kommt man sich näher. Der Gastgeber gibt sich bodenständig, aber er fühlt sich einer langen Tradition verpflichtet.
Schon seit 600 Jahren, berichtet er, wurde hier Wein angebaut. Und weil Rogge nicht nur den Wein liebt, sondern auch die Gegend und ihre Geschichte, hat er sich in einem Verein für eine außergewöhnliche Kirche engagiert.
Zum Advent gibt’s Musik in der Weinbergkirche
Mitten in den Weinbergen steht die Weinbergkirche „Zum Heiligen Geist“ – seit 300 Jahren. Wo gibt‘s denn das sonst, fragt der Winzer in die Runde. Dann schließt er die Kirche auf und packt sein Saxophon aus. Die Musik füllt den lichten Kirchenraum mit dem schönen Altar aus dem 17. Jahrhundert. „Hier kann man nur jubeln,“ ruft Rogge aus und reißt mit seiner Begeisterung auch die Besucher mit.
Nach der Wende, erzählt er auf dem Weg durch die Weinberge, habe sich die Interessengemeinschaft Weinbergkirche gegründet. „Das ging dann ruckzuck mit der Sanierung.“ Hilfe kam auch aus dem Westen: Das Technische Hilfswerk Hamburg restaurierte die Fenster. 1994 gab‘s dafür einen Preis vom Denkmalschutz. Inzwischen finden wieder Hochzeiten und Taufen in dem kleinen Gotteshaus statt. „Die Kirche muss unter die Leute kommen,“ sagt Rogge bestimmt. An Weihnachten werden musikalische Festgottesdienste und Konzerte viele Menschen in das Kirchlein locken – und Walter Rogge kann wieder jubeln.
Kurz informiert
Schlosspark. Der Park von Schloss Pillnitz kostet drei Euro Eintritt. Ab 5. Dezember und bis 29. März ist der Eintritt in den Park frei, das Palmenhaus kostet dann 3 Euro. Kinder bis 16 Jahre zahlen nichts: www.schlosspillnitz.de/de
Der Christmas Garden Dresden findet hier vom 14. November bis 16. Januar statt, täglich von 16.30 Uhr bis 22 Uhr. Einritt unter der Woche 15, am Wochenende 17 Euro: https://christmas-garden.de/dresden/
Weingut Zimmerling. Bergweg 27, 01326 Dresden, im Winter keine Öffnungszeiten: www.weingut-zimmerling.de/
Straußenwirtschaft Walter Rogge, Wünschendorferstr. 6a, 01326 Dresden, im Winter geschlossen: www.pillnitzer-weinberg.de
Weinbergkirche „Zum Heiligen Geist“, Bergweg 3, 01326 Dresden: www.weinbergkirche.de/
Übernachten. Mitten im Wein kann man in der Pension Meurer wohnen, mit einem Garten vor der Türe und dem schönsten Blick aufs Elbtal. DZ mit Frühstück 75 Euro: www.pension-meurer.de
Informieren. TMGS Tourismus Marketing Gesellschaft Sachsen, Bautzner Str. 45 – 47, 01099 Dresden, www.sachsen-tourismus.de
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