Da sitzt er auf einer weißen Bank auf der Plaza de la Merced und schaut sinnend in die Luft. Manchmal bekommt er Gesellschaft: Vor allem Touristinnen lassen sich gern mit dem Mann fotografieren, der sich im Leben und in der Kunst so gern mit Frauen umgeben hat. Im Rücken der Bronzefigur, die den gereiften Picasso zeigt, steht sein Geburtshaus.
Hier, wo der Ausnahmekünstler am 25. Oktober 1881 zur Welt gekommen ist und seine ersten Bilder gemalt hat, ist der Sitz der Fundación Picasso. Im ersten Stock dann ein paar Erinnerungen an die Familie Picasso, alte Möbel, das Taufkleidchen, Skizzen, Fotografien – eine bürgerliche Umgebung. Der Vater war Lehrer an einer Kunstgewerbeschule. Als freischaffender Maler stand er ganz in der Tradition der akademischen Malerei des 19. Jahrhunderts.
Der Vater malte Tauben, der Sohn den Vater
„Mein Vater malte Bilder für Esszimmer, Rebhühner oder Tauben, Tauben und Kaninchen“, schrieb der Sohn später. Tauben malte Picasso auch: Sie bevölkern noch heute die Plätze seiner Geburtsstadt, und mittendrin im historischen Zentrum steht eine große Skulptur halb Taube, halb Hand, die „Paloma Quiromantica“, eine surrealistische Hommage des Bildhauers José Seguiri nicht an den Taubenmaler Picasso, sondern an den ebenfalls in Malaga geborenen Dichter Rafael Pérez Estrada. Picasso, der sogar seine Tochter Paloma nannte, hätte sie wohl gefallen.
Der junge Pablo malte schon früh, vom Vater angeleitet, naturalistisch. Und er malte den Vater – als grüblerischen, strengen Mann. Da war er gerade mal 14 Jahre alt und lebte mit den Eltern schon in La Coruna. Das Bild des Vaters ist im Picasso-Museum von Malaga zu sehen – im herrschaftlichen Buenavista Palast im ehemaligen jüdischen Viertel. Vor zwölf Jahren konnte Malaga dieses beeindruckende Museum eröffnen und damit dem großen Sohn einen angemessenen Rahmen bieten.
Das Museum in Malaga verdankt sich auch der Familie
Doch ohne die Großzügigkeit der Erben wäre das nicht möglich gewesen. Schwiegertochter Christine Ruiz-Picasso, die Witwe von Picassos Sohn Paulo, und ihr jüngster Sohn Bernhard haben den Nachlass geplündert und dem Museum 155 Bilder geschenkt, dazu Zeichnungen, Druckgraphiken und Skulpturen aus allen Schaffensperioden. Insgesamt sind im drittgrößten Picasso-Museum der Welt 204 Werke des großen Malers versammelt, darunter die unterschiedlichsten Porträts der Frauen seines Lebens: Ganz traditionell Olga Khokhlova mit Mantilla (wofür ein Tischtuch herhalten musste); Francoise Gilot wie eine Sphinx; die blutjunge Marie-Thérèse Walter; die exzentrische Geliebte Dora Maar mit erhobenen Armen; seine letzte Frau Jacqueline sitzend, das Gesicht sowohl von vorn als auch als Profil. Gemalte Familiengeschichte sind auch Sohn Paulo mit weißer Mütze auf einem Esel und das Altersporträt als Musketier mit Schwert – und natürlich die Eltern, vom Schüler gemalt. Neben dem gestrengen Vater das Porträt einer hingebungsvollen Mutter.
So wandert der Besucher durch Picassos Leben und durch seine unterschiedlichen Kunst-Perioden. Ein Erlebnis nicht nur für Kunstliebhaber. Die Exponate wurden von Sotheby’s auf Hunderte von Millionen Euro taxiert. Schließlich erzielen „echte Picassos“ auf Auktionen weltweit Höchstpreise.
Picasso und die deutschen Maler in einer Sonderausstellung
Schon zu Lebzeiten war der Künstler, der in Madrid und Barcelona studiert hatte und lange in Paris lebte, berühmt – und reich. Vor allem in Deutschland wurde er früh geschätzt. Das Picasso-Museum in Malaga lud deshalb mit einer Sonderausstellung dazu ein, Picassos Einfluss auf deutsche Maler nachzuvollziehen und gleichzeitig zu erkennen, wie groß der Einfluss deutscher Renaissance-Maler auf den Spanier war. Interessante Parallelen waren zu entdecken bei Gemälden von Max Beckmann und Ernst Ludwig Kirchner oder Karl Schmidt-Rottluff, bei dem Kriegs-Zyklus von Otto Dix. Picasso selbst hatte keinen Kontakt zu den deutschen Zeitgenossen. Aber er liebte Cranach und Grünewald, näherte sich den Malern und ihren Werken in vielen Studien. Die Besucher können diese dekonstruktive Annäherung von Bild zu Bild verfolgen. 75 Arbeiten von Pablo Picasso waren für dies Sonderausstellung nach Malaga gekommen, dazu mehr als 100 Arbeiten von 17 deutschen Künstlern der klassischen Moderne und von der alten Meistern. Ein erstaunlicher Dialog, der Picasso in seiner Vaterstadt in neuem Licht zeigt.
Die Spuren der Kindheit
Der Maler selbst ist Ende 1900 zum letzten Mal für ein paar Wochen in Malaga gewesen. Und doch, so behaupten die Malaguenos, habe die die malagenesische Kindheit tiefe Spuren in seinem Werk hinterlassen. In der Iglesia de Santiago können Besucher dieser Kindheit nachspüren. Hier, wo schon seine Großeltern und die Eltern getraut worden waren, wurde der kleine Pablo getauft – in malagenesischer Tradition auf auf die Namen Pablo, Diego, José, Francisco de Paula, Juan Nepomuceno, María de los Remedios, Crispiniano de la Santísima Trinidad. Ganz in der Nähe steht die Schule Vincente Espinel, wo er die Schulbank drückte, ehe er zehnjährig mit den Eltern nach La Coruna zog. Käme er heute zurück nach Malaga, er würde einiges an Vertrautem finden wie die Alcazaba oberhalb der Stadt, die imposante Kathedrale mit dem unvollendeten zweiten Turm, alte Bodegas wie die „Antigua Casa de Guardia“. Aber er würde sich auch wundern über die allgegenwärtigen Neonreklamen, die wuchtigen Hochhäuser, die gigantischen Kreuzfahrtschiffe im Hafen. Nur die Tauben tun so, als wären nicht über 100 Jahre vergangen.
Info Malaga
Picassos Geburtshaus, Plaza de la Merced 15, Öffnungszeiten täglich 9.30 bis 20 Uhr, 25. 12. und 1. Januar geschlossen. Eintritt zwei Euro mit Audioguide: http://fundacionpicasso.malaga.eu/
Museum Picasso, Palacio de Buenavista, C/San Agustin 8, Öffnungszeiten Die bis So 9 bis 19 Uhr, Do bis 21.30 Uhr, Mo geschlossen ebenso am 25. 12. und am 1. Januar. Eintritt Museum 11 Euro: http://www.museupicasso.bcn.cat/en/
Tipp: Malagenische Lebensfreude tanken lässt sich in der Bodega Bat El Pimpi, 62y Jardines Alcazabilla s/n: www.elpimpi.com
Fein speisen kann man an der schönen Hafenpromenade mit Blick auf Jachten und Kreuzfahrtschiffe im Restaurante José Carlos Garcia, Puerto de Málaga, Plaza de la Capilla 1: www.restaurantejcg.com/
Der süße Malaga-Wein lässt sich am besten in einer traditionellen Bodega verkosten, z.B. in der „Antigua Casa del Guardia“ aus dem Jahr 1840, Alameda Principal 18: antiguacasadeguardia.com
Informieren im Reisebüro oder unter http://www.malagaturismo.com/de