Omas Silberbesteck und Babys Kuschelteddy: Was in Zügen so alles liegen bleibt

Vom Schlampermäppchen bis zum wertvollen Collier oder der TAG Heuer-Uhr, vom Fünf-Euro-Schein bis zum fünfstelligen Geldbetrag: 250 000 Fundstücke verzeichnet die zentrale Fundsachenstelle der Bahn in Wuppertal alljährlich. Das klingt nach viel, ist aber in Relation zu den über zwei Milliarden Fahrgästen, die alljährlich mit der Bahn unterwegs sind, ein Klacks, wie Udo Feld, zu bedenken gibt.
Trotzdem wundert sich der Leiter der Fundsachenzentrale immer wieder darüber, was so alles liegen bleibt. Eigentlich gibt es nichts, was nicht verloren geht, hat er erfahren. Selbst Brautkleider wurden schon gefunden. „Da wird dann ganz intensiv nachgeforscht“. Immerhin kann davon das Eheglück abhängen. Hielten früher einmal Schlüssel den Rekord bei den Fundstücken sind es inzwischen Handys. 1500 bis 1700 Mobiltelefone landen jeden Monat in Wuppertal. Da den Besitzer zu finden, ist laut Feld besonders kompliziert. Schließlich gebe es viele silberne Handys, die am 1. April verloren wurden. Da wären charakteristische Merkmale wie Aufkleber oder Herstellernummer wichtig. „Wenn’s nicht gesperrt ist, gucken wir schon mal nach Mama, Papa, Liebchen oder Schatzi“, scherzt der Herr der Fundsachen.
Service wird von den 14 Mitarbeitern seiner Zentrale groß geschrieben. Deutschlandweit müssen die Fundsachen mit den Verlustmeldungen verglichen, die Finder notiert und die Eigentümer ausfindig gemacht werden. „Da ist richtig Aufwand dabei.“ Was im München im Zug vergessen wurde, wird vielleicht in Hamburg erfasst. Nur gut, dass das System „verloren und gefunden“ die Fundstellen im ganzen Land vernetzt.
Dank des „ausgeklügelten Fundsachen-Managements“ lasse sich eine „Rückführungsquote“ von 60 Prozent erreichen, „mehr als im Fundbüro“, erklärt Feld. Dass die Quote nicht noch höher ist, liege auch daran, dass in der Bahn viele Fahrgäste aus der Ferne kommen und oft nicht wissen, dass sie einen Nachforschungsantrag (siehe Infokasten) stellen könnten. Dabei setzt die Bahn auch da auf Service. „Wir verschicken auch nach Neuseeland“, sagt der Manager.
Zufrieden registriert er, dass es viele ehrliche Finder gibt. Und die hätten Anspruch auf Finderlohn. Wenn eine Fundsache ihren Eigentümer gefunden hat, wird der Finder, der bei der Abgabe Namen und Adresse nennen muss, benachrichtigt. Sich beim Eigentümer zu melden lohnt sich bei so wichtigen Fundsachen wie Kamera und Laptop, bei Omas Silberbesteck, einem teuren Musikinstrument und manchmal auch bei Babys abgeschmusten Kuscheltier.
Beim Elektroherd, der unlängst in der Berliner S-Bahn stehen blieb, hat Feld dagegen eher das Gefühl, dass die Bahn als „Entsorgungsstation“ missbraucht wurde. Das passiere immer wieder, erzählt er. Etwa, wenn jemand neue Schuhe gekauft habe und die alten einfach im Zug hinterlasse. Auch ausgediente Rucksäcke oder Koffer würden gerne in der Bahn entsorgt. Zum Leidwesen der Fundsachenzentrale, die auf dem Müll sitzen bleibt. „Wenn man mal durch die Züge geht und sieht, was da so alles rumliegt“, dann wundert sich auch der Fundsachen-Experte. Über Auto-Kindersitze, Skateboards und Gitarren, über Bügeleisen und Gebisse. Kopfzerbrechen bereiten ihm derzeit original verpackte Brustimplantate: „Da haben wir noch keinen Eigentümer gefunden.“
Auch wenn die Fundstücke bei den regelmäßigen Versteigerungen jährlich 350 000 Euro einbringen, gilt für Feld: „Jedes Fundstück, das wir nicht haben, ist bares Geld.“ Denn reich werde die Bahn auch mit den teuersten Fundstücken nicht. Einnahmen von gerade mal 600 000 Euro – zusammengesetzt aus Versteigerungserlösen sowie Rückführungs- und Nachsendegebühren – steht ein Gesamtaufwand von rund zwei Milliarden Euro gegenüber.
Was wertlos ist – also auf unter zehn Euro geschätzt wird –, wird übrigens gleich aussortiert: Zerfledderte Taschenbücher, billige Regenschirme, abgenützte Handschuhe, Turnbeutel mit verschwitzten Klamotten, Kosmetiktäschchen oder eben auch das Schlampermäppchen. Schließlich könne auch die Fundsachenzentrale „nicht aus Müll Gold machen“.
Eine Ausnahme machen Felds Mitarbeiter aber bei Kinderspielzeug, wo sie sich bei der Suche nach dem Eigentümer besonders ins Zeug legen, ist der heiß geliebte Teddy  doch durch nichts zu ersetzen. Der Lohn der mühevollen Suche kommt dann hin und wieder per Post: Kinderzeichnungen mit einem großem Dankeschön. So etwas wärmt das Herz der emsigen Forscher in der Fundzentrale.

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