Namibia: Spuren im Sand

Namibia ist ein junger Staat. 25 Jahre Unabhängigkeit konnte das ehemalige Deutsch-Südwestafrika Mitte März feiern und gleichzeitig die Amtseinführung des neuen Präsidenten Hage Geingab, der als Hoffnungsträger gilt. Nach dem Bergbau ist der Tourismus das wichtigste Standbein Namibias. Und für die Touristen hat das Land im südlichen Afrika viel zu bieten. Dabei wird immer mehr auf Nachhaltigkeit geachtet. Eindrücke von einer Reise in die Welt der Namib-Wüste.
Sanft schwebt der Ballon über die blassgelbe Salzpfanne von Sossusvlei im Namib-Naukluft-Park. Über die Bergrücken kriechen die ersten Sonnenstrahlen wie Fühler und lassen die Dünen erröten. Hermanus Nel, genannt Mani, schiebt seinen Südwesterhut in den Nacken und  heizt mit dem Brenner die Luft in der Ballonhülle weiter an, damit wir höher steigen. Der grauhaarige Manni, Typ Abenteurer, kommt aus Südafrika, war 20 Jahre im IT-Management und hat vor zwölf Jahren das Ballonfahren für sich entdeckt – und mit ihm die Welt. Vor einem Jahr kam der 55-Jährige nach Namibia. Während die Welt unter uns auf Spielzeuggröße schrumpft, erzählt Manni von unnötigen Zäunen in dieser Wüsten-Region, von den anpassungsfähigen Oryx-Antilopen und von Feenkreisen.
Die kreisrunden von trockenem Gras umstandenen Kahlflächen geben Wissenschaftlern bis heute Rätsel auf.    Termiten sind wohl daran beteiligt, womöglich in Kombination mit einem Myzel, einem weitverzweigten Pilzgeflecht. An Aliens jedenfalls, die auch gerne für dieses Naturphänomen verantwortlich gemacht werden, will Manni nicht glauben.
Auf dem Schotterweg unter uns fahren derweil die Versorgungsautos. Statt querfeldein zu brettern, machen sie Umwege. „Wir wollen keine neuen Spuren in den Sand setzen“, erklärt Manni die Fahrweise. Wenn es sich gar nicht vermeiden lässt, greife er schon mal zum Besen. „Hier auf dem harten Wüstenboden würden die von den Autoreifen gegrabenen Fahrrillen sonst Jahrzehnte überdauern“, erklärt er und lässt den Ballon soweit sinken, dass die felsigen Berge zum Greifen nah sind und die rostroten Dünen zu glühen scheinen.
Die Sonne knallt schon vom Himmel, als wir punktgenau landen. Viel zu früh, finden wir. Wir wären noch gerne länger über dieser menschenleeren Landschaft geschwebt, hätten uns noch gerne von Buschmännern erzählen lassen, die auch in dieser scheinbar menschenfeindlichen Umwelt überleben, weil sie achtsam umgehen mit dem, was die Natur ihnen bietet. Der Südafrikaner Manni hat großen Respekt vor den oft als rückständig angesehenen Ureinwohnern, die traditionell als Nomaden lebten. Von dem  Wissen der San, davon ist er überzeugt, könnten wir gerade heute profitieren.
Auch in Namibia, dem Land, in dem der Naturschutz in der Verfassung verankert ist,  hat ein Umdenken eingesetzt. Zurück zur Natur wollen inzwischen auch viele der weißen Einwanderer. Sie lernen von den San, wie man in der Wüste überlebt, wie man die Natur liest. So wie Johannes Petrus Mostert, genannt Janco. Der 25-Jährige wuchs in einer Farm auf, ist gelernter Koch aber auch Fährtenleser. Mit ihm erleben wir einen anderen Sonnenaufgang.
Die Spitzen des Buschmanngrases, auch golden hair genannt, schimmern schon im Licht der ersten Sonnenstrahlen, das harte Straußengras glänzt silbrig und die grünen Wedel des Dünengrases werfen zarte Schatten, als Janco sein Trüppchen im Gänsemarsch durch die Dünenvegetation führt. Sonst könnten wir die Nester der „dancing white Lady“, einer nachtaktiven weißen Spinne, zerstören, mahnt er, bückt sich und umkreist mit dem Zeigefinger sorgsam ein Geflecht von winzigen Spuren, bis er zu einer Art Deckel gelangt, der das Spinnennetz im Untergrund schützt. Acht bis zwölf Stunden brauche die Spinne für diese ausgeklügelte Architektur sagt Janco bewundernd und markiert fortan jedes Nest mit einem Kreis, damit keiner darauf tritt.
Wir sehen die Trittspuren der Dünenlerche, die gerne durch den Sand rennt, die Rinne des goldenen Maulwurfs, der durch den Sand schwimmt, eine S-förmige Spur der Hornviper, die sich durch den Sand windet, und dann wie die Hinterlassenschaft eines Spielzeugpanzers die Spur eines Skorpions. Die Tiere selbst bleiben unsichtbar, aber Janco entschädigt uns mit Geschichten über winzige rote Dünenwespen, die nicht fliegen können, über die Wüstenspringmaus, die ihre Schlafkammern im weitverzweigten Gangsystem bequem auspolstert oder über den Namibgecko, der seinen Durst an Tautropfen stillt.
Wasser ist in dieser heißen und trockenen  Wüstenregion ein wertvolles Gut. Das wissen nicht nur Tiere, die wie Oryx oder Namaqua Flughuhn, die über eigene Kühlungen oder Wasserspeicher verfügen. Auch die Menschen haben erkannt, dass Wasser kostbar ist. Bei der Gondwana Collection, die sich viel auf ihr nachhaltiges Wirtschaften zugutehält und über eine eigene Selbstversorgerfarm  verfügt, wird immer mehr Wasser wieder aufbereitet. Zum Beispiel in der Sossus Dune Lodge. 125 Liter Wasser verbraucht ein Gast hier pro Tag inklusive Pool, Autowäsche und Küche. 40 bis 50 000 Liter müssen deshalb täglich aus dem Untergrundwassersystem des Naukluft-Gebirges abgezapft werden. Würde man nicht wiederaufbereitetes Brauchwasser zur Bewässerung verwenden, wären es noch viel mehr. Durch die Wiederaufbereitung, davon ist Mannfred (Manni)Goldbeck, einer der Gründer der Gondwana Collection, überzeugt, könne der Wasserverbrauch um die Hälfte reduziert werden.
„Wir sind nicht perfekt, aber wir schaffen einiges“, sagt der 54-Jährige mit den sanften blauen Augen. Immerhin sei aus dem Traum von vier Namibiern vor 20 Jahren eine der führenden Tourismusgruppen geworden, die 14 Unterkünfte an den schönsten Stellen des Landes anbiete. Sozial, ökonomisch und umweltfreundlich wolle man sein, erklärt der Enkel deutscher Einwanderer und ehemalige Lehrer an einer Multi-Kulti-Schule. Finanziert wird das Engagement für Natur und Menschen durch den Tourismus. „Heute farmen wir nicht mehr mit Karakul-Schafen (für Persianer-Mäntel), sondern mit Touristen“, scherzt der Gondwana-Direktor. Und für diese Touristen machen die Gondwana-Leute  gerne auch Träume wahr.
Im brandneuen Sossus Dune Star Camp inmitten einer spektakulären Landschaft aus rostroter Erde, strohgelben Dünen und graugrünen Gräsern kann man im kuscheligen Bett die Nacht unterm Sternenhimmel verbringen und sich dabei in der Unendlichkeit der Milchstraße verlieren. Das ist fast noch schöner als die Ballonfahrt über das rote Dünenmeer von Sossusvlei.

Info:
Einreisen: Die Einreiseerlaubnis wird bei der Ankunft in den noch sechs Monate gültigen Pass gestempelt: ww.namibia-botschaft.de
Anreisen: Condor fliegt direkt von Frankfurt nach Windhoek: www.condor.com
Währung: Namibische Dollar. Ein Euro entspricht derzeit etwa zwölf ND (Stand Ende März).
Unterwegs: Touristen können Namibia auch mit einem Mietauto entdecken. Allerdings sind die zu bewältigenden Strecken lang und die Straßen zum größten Teil nicht asphaltiert. Achtung: Linksverkehr.
Veranstalter: Namibia ist bei vielen Veranstaltern im Programm. Unter anderen bieten Thomas Cook und Neckermann Pauschalreisen nach Namibia an, dabei sind auch Lodges der Gondwana-Collection: www.thomascook.de, www.neckermann-reisen.de
Dune Star Lodge: Eine Nacht in der Dune Star Lodge kostet mit Frühstück und Morgenspaziergang rund 82 Euro pro Person in der Nebensaison, rund 100 Euro in der Hauptsaison. Die Gebühr (rund sieben Euro) für den Park ist darin nicht enthalten:  www.gondwana-collection.com
Ballonfahrt: Für die einstündige Ballonfahrt zahlt man mit Champagner-Frühstück und Transfers 350 Euro: www.namibsky.comInformieren: Im Reisebüros oder direkt beim  Namibia Tourism Board, Schillerstraße 42-44, 60313 Frankfurt, Tel. 069/1337360, E-Mail: info@namibia-tourism.com, www.namibia-tourism.com

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