Mehr Mies in Krefeld

Krefeld, die grüne Stadt, einst wegen der Seidenweberei als „Stadt wie Samt und Seide“ bekannt und Schauplatz der ersten Modenschau deutscher Mode 1949, hat sich auch in der Architektur einen Namen gemacht. Und der ist eng verbunden mit dem Namen Ludwig Mies van der Rohe. In diesem Jahr nun heißt es noch bis 27. Oktober in Krefeld „mehr Mies“ durch „Mies 1:1 – Das Golfclub Projekt“. Für 850 000 Euro entstand auf dem Egelsberg ein begehbares Modell in Originalgröße, das zeigt, wie der Architekt sich den Dialog von Drinnen und Draußen vorstellte und wie er es verstand, die Natur in Szene zu setzen.

Mit massiven Wänden und riesigen Fensterfronten lenkt Mies den Blick hinaus in die Natur. Getreide wogt im Wind, dahinter steht ein Wald wie eine Wand, auch eine alte Mühle ist zu sehen. Alles ist offen in dieser begehbaren Skulptur aus Holz und Stahl, die Mies‘ damals revolutionäre Architektur in die Gegenwart holt und seine Vision vom landschaftsbezogenen Bauen erlebbar macht. Verwirklicht wurde das Modell von dem Büro des belgischen Architekten Paul Robbrecht, der die Originalpläne für das Golf-Clubhaus, die im New Yorker Museum of Modern Art aufbewahrt werden, genau studiert hatte und keinen Hehl aus seiner Bewunderung für den Bauhaus-Architekten macht. Das Clubhaus konnte Mies wegen der Wirtschaftskrise in den 1930er Jahren nicht mehr verwirklichen. Aber Krefeld hat noch mehr Mies: Der Ausnahmearchitekt hat für die Familien der Geschäftsführer der vereinigten Seidenwebereien zwei Häuser gebaut, die sich in ihrer charakteristischen Flachbauweise deutlich von den benachbarten Bauten abheben. Zur Straßenseite zeigen sich beide Häuser in vorgesetzter Backsteinarchitektur verschlossen, zur Gartenseite hin öffnen sie sich durch Fensterfronten und Terrassenlandschaften. Heute sind das Haus Esters und das Haus Lange, in denen einst die Familien der Fabrikanten wohnten, eine Bühne der modernen Kunst: Sie gehören zum Kunstmuseum Krefeld, dem Kooperationspartner von „Mies 1:1“. 
Ludwig Mies van der Rohe, der für den Geschmack des nationalsozialistischen Deutschlands zu avantgardistisch dachte und baute, emigrierte 1938 in die USA, wo er mit seinen Häusern aus Glas, Beton und Stahl, u.a. dem Seagram Building in New York, weltberühmt wurde. Neben Le Corbusier und Frank Lloyd Wright gehört er wohl zu den bedeutendsten Architekten des 20. Jahrhunderts.
Info: Das Modell kann bis 27. Oktober mittwochs bis sonntags von 12 bis 20 Uhr besucht werden außer am 15. September und 22. September. Der Eintritt kostet zwölf Euro, ermäßigt acht Euro. Kinder und Jugendliche bis 15 zahlen nichts. Die Führung jeweils um 15 Uhr ist im Eintrittspreis enthalten. Das Modell steht im Landschaftsschutzgebiet, es kann von vier Parkplätzen aus zu Fuß erreicht werden: http://www.projektmik.com 

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