Jubiläums-ITB mit Schattenseiten

 

Es ist die 50. ITB,  und sie steht unter keinen guten Vorzeichen. Zwar treffen sich in den Hallen unter dem Funkturm wieder mehr als 10 000 Ausstellern aus 187 Ländern, aber Terror und Flüchtlingskrise sowie eine gespannte Wirtschaftslage überschatten die große Show der erfolgsverwöhnten Sonnenscheinbranche.
Die Terrorattacken in Tunesien, der Abschuss eines russischen Flugzeugs in Sharm-el-Sheikh, die Anschläge in Paris haben auch Auswirkungen auf die Reisewelt. Tunesiens Tourismus liegt am Boden, Ägypten leidet ebenso unter schwindenden Touristenzahlen wie die Türkei und selbst in Paris gingen die Zahlen um zehn Prozent zurück. Dennoch verbreitet die Branche auf der ITB Optimismus, allen voran der Tourismusminister des Partnerlandes Malediven. Moose Zameer pries den Inselstaat als eines der sichersten Urlaubsziele der Welt und wies Berichte über islamistische Gefahren auf den Malediven zurück. Man werde mit dem neuen Anti-Terror-Zentrum alle Maßnahmen ergreifen, um die Sicherheit der Touristen auch weiterhin zu garantieren.

Die Deutschen lassen sich die Ferienlaune nicht vermiesen

Und die Touristen wollen reisen, wie die Zahlen der Reiseanalyse zeigen. Rund 70 Prozent der Befragten ab 14 Jahren, mehr als 48 Millionen, planen demnach wenigstens eine Urlaubsreise in diesem Jahr. 59 Prozent wissen schon, wohin es gehen wird, weitere elf Prozent wollen wahrscheinlich verreisen. Im Vergleich zum Vorjahr gibt es keinen Rückgang bei den Reiseabsichten. Nur 12 Prozent sind sicher, dass sie 2016 keine Urlaubsreise unternehmen wollen. „Die Ferienlaune lassen sich die Deutschen nicht vermiesen,“ resümierte Prof. Martin Lohmann von FUR. Allerdings könnte sich die Nachfrage wegen der Terroranschläge in der Türkei in Richtung Westen verschieben. Ganz oben bei den Reisezielen steht Deutschland, gefolgt von Spanien und Italien. 42 Prozent der Urlaubsreisen wurden bei Reiseveranstaltern gebucht, das Reisebüro blieb mit 32 Prozent die wichtigste Buchungsstelle.

Das Internet ist der größte Reisekatalog der Welt

Das Internet gewinnt allerdings als Informations- und Buchungsweg eine immer größere Bedeutung. Das bestätigt auch die Gesellschaft für Konsumforschung. Laut ihrer Umfrage zum Freizeit- und Reisemarkt wuchs die Gesamt-Touristik von 54,5 Milliarden Euro 2014 auf 57,4 Milliarden 2015, wobei über 60 Prozent des Wachstums aus digitalen Vertriebskanälen kamen. „Das Internet ist heute der größte Reisekatalog der Welt“, erklärte V.I.R.-Vorstand Michael Buller und warnte davor, die weltweite Digitalisierung durch zu strenge Auflagen zu bremsen. „Die Digitalisierung ist keine Randerscheinung, sondern die Zukunft.“ Über den Online-Vertrieb boomen verstärkt Kurzreisen zwischen zwei und vier Tagen. Insgesamt ging die durchschnittliche Urlaubsdauer zurück, mit 6,1 Tagen hat sie einen historischen Tiefpunkt erreicht, was allerdings durch höhere Reiseausgaben kompensiert wird. Für 2016 zeichnet sich nach einer Analyse von Ulysses Web-Tourismus ein starkes Last-Minute-Jahr ab.

Von Robotern und Flüchtlingen

Während der V.I.R.-Vorstand eine digitalisierte Zukunft mit selbstfahrenden Autos und selbstständigen Küchenmaschinen ausmalte, ist auf der Messe schon ein Blick in die Zukunft möglich: Der humanoide Roboter Chihira Kanae gibt an einem Infostand Auskunft auf japanisch, chinesisch und englisch, gestikuliert und verändert auch den Gesichtsausdruck. Seine Schwester von Toshiba ist schon länger im Geschäft und arbeitet in einem Hotel in Japan. Glaubt man einer Umfrage in neun Ländern, akzeptiert eine Mehrheit der Reisenden Roboter zumindest beim Check-in im Hotel und am Flughafen – wenn sie ihre Arbeit gut machen.
Für Menschen in den Schwellenländern, die von der Arbeit im Tourismus leben, könnten solche Roboter eine ernste Konkurrenz werden. Ein Runder Tisch mit Teilnehmern aus der Tourismuswirtschaft und Entwicklungsexperten, den Entwicklungsminister Müller installieren will, soll dagegen helfen, den Menschen in Ländern wie Ägypten, Tunesien, Marokko oder der Türkei eine neue Arbeits- und Lebensperspektive zu geben und so Fluchtursachen zu bekämpfen. Eine 2016 veröffentlichte Studie hatte ergeben, dass die Deutschen mit ihren Reisen schon jetzt fast 750 000 Arbeitsplätze in Entwicklungs- und Schwellenländern sichern. 15 deutsche Touristen schaffen danach einen Arbeitsplatz. Zudem tragen die deutschen Touristen fast sieben Milliarden Euro zum Bruttoinlandsprodukt dieser Länder bei.
Info: www.itb-berlin.de 

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