Dieses Jahr war alles andere als einfach für Journalistinnen und Journalisten. Die Pressefreiheit ist weltweit bedroht. In ihrer Jahresbilanz verzeichnen Reporter ohne Grenzen 54 getötete Journalisten und zwei tote Mitarbeiter. Viel mehr sind in Haft. Immer mehr Länder werden zu No-Go-Areas. Doch wie soll die Welt von den schrecklichen Ereignissen dort erfahren? Mutige Reporterinnen und Reporter sorgen dafür, dass Schreckenssysteme wie das des Assad-Regimes in Syrien – das Foto zeigt den Innenhof der Umayyaden-Moschee – oder der Steinzeitkommunismus in Nordkorea einer breiten Öffentlichkeit vor Augen geführt werden.
Nach dem Umsturz in Syrien
Im folgenden kommt Anja Osterhaus zu Wort, RF-Geschäftsführerin für Politik und Strategie:
Die Entwicklung in Syrien hält derzeit die Welt in Atem. Für Reporter ohne Grenzen schwingt eine ganz besondere Hoffnung mit: Das Land im Nahen Osten steht aktuell auf der Rangliste der Pressefreiheit auf Position 179 – dem vorletzten Platz – und gilt als eines der gefährlichsten Länder für Medienschaffende. Wird sich das nun ändern? Werden die Angehörigen der 23 in Baschar al-Assads Folterzellen weggesperrten Berichterstattenden eine Chance darauf haben, ihre Liebsten wiederzusehen?
Rätsel um entführte Medienschaffende
Falls es nach dem Sturz des Diktators zu einer gesellschaftlichen Aufarbeitung der Schreckenszeit kommt, so wie es gerade in Gambia nach dem Ende der Yammeh-Ära geschieht, könnte das Rätsel um den Verbleib vieler Reporterinnen und Reporter gelöst werden: Denn, wie die gerade veröffentlichte Jahresbilanz der Pressefreiheit zeigt, sind fast 70 Prozent der entführten Medienschaffenden weltweit in einem Land konzentriert: Syrien. Die meisten von ihnen wurden im Laufe des Krieges vom sogenannten Islamischen Staat (IS) gefangen genommen und zwischen 2012 und 2021 entführt.
Neue Hoffnung nach Assads Sturz
Viele weitere sind spurlos verschwunden, wie der US-Amerikaner Austin Tice: Vor zwölf Jahren wurde er in der Nähe von Damaskus verschleppt. Vermutlich wird er immer noch in Syrien festgehalten, obwohl das Assad-Regime seine Inhaftierung nie bestätigt hat. Videos von der Befreiung von Gefangenen nach dem Sturz des Machthabers haben neue Hoffnung geweckt: Sie zeigen, dass zwei Journalisten wieder in Freiheit sind: Hanin Gebran, die für Syria Media Monitor arbeitet und seit Juni 2024 inhaftiert war, und der Blogger Tal al-Malluhi, der seit 2009 im Gefängnis saß.
Gefährliches Gaza
Reporter ohne Grenzen will daran erinnern, dass der Tod kein hinnehmbares Berufsrisiko ist. Besonders riskant ist die Kriegsberichterstattung. Die mit Abstand gefährlichste Region war erneut Gaza mit beinahe einem Drittel aller 2024 getöteten Berichterstattenden. Insgesamt kamen dort seit Kriegsbeginn am 7. Oktober 2023 mehr als 145 Medienschaffende ums Leben, darunter mindestens 35 mit klarem Bezug zu ihrer Arbeit. Doch auch in anderen Weltregionen standen Reporterinnen und Reporter im Visier. In Pakistan beispielsweise kamen sieben Medienschaffende ums Leben und in Bangladesch wurden fünf Journalisten bei der Berichterstattung über blutige Massenproteste getötet.
Unbequeme Zeugen
Andere Medienschaffende wurden inhaftiert, entführt oder gewaltsam zum Verschwinden gebracht. Denn Journalisten sind unbequeme Zeugen, weshalb sie oft zu Zielscheiben und sogar zu Tauschobjekten werden, zu Schachfiguren im diplomatischen Spiel.