Ende 2022 gaben sich die Reiseveranstalter optimistisch. Von einer Aufholjagd war die Rede, gar von „revenge travel“ (Reisen aus Rache). Ob die Blütenträume der Branche sich 2023 erfüllen, wird sich im Lauf des Jahres zeigen. Einen ersten Überblick über die Reisetrends gab Prof. Dr. Martin Lohmann, Wissenschaftlicher Berater der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen (FUR) auf der Stuttgarter Reisemesse CMT.
Teil der Lebensqualität
Demnach bleiben Urlaubsreisen für die meisten Deutschen „ein unverzichtbarer Bestandteil der Lebensqualität“ – trotz der angespannten wirtschaftlichen Situation. Bei den Konsumprioritäten liegen sie auf Platz zwei hinter Lebensmitteln und vor Wohnen. Kurz- Wochenendreisen finden sich auf Platz sieben hinter Auto und vor Medien.
Laut Umfrage befürchten 42 Prozent eine Verschlechterung ihrer persönlichen Lage, im Vorjahr waren es 24 Prozent. Dennoch haben sich schon im November vier von fünf der Befragten gedanklich mit Urlaubsreisen beschäftigt.
Urlaub ist auch eine Geldfrage
Die Urlaubslust, so Lohmann, „ist mit 54 Prozent auf einem hohen Stand“. Die Verwirklichung der Pläne sei allerdings auch eine Geldfrage. Und da hätten 24 Prozent Zweifel, ob sie sich 2023 eine Urlaubsreise leisten können. Trotzdem planten nur zwölf Prozent keinerlei Reisen, 69 Prozent dagegen könnten sich eine oder mehrere Urlaubsreisen vorstellen. Die Reiseausgaben wollen dabei 17 Prozent (2022 waren es fünf Prozent) reduzieren. 23 Prozent (Vorjahr 15 Prozent) wollen sogar mehr ausgeben.
Reisen fast wie früher
Schon jetzt brummt auf den deutschen Flughäfen das Geschäft trotz Koffer- und Verspätungschaos. Das Passagierplus auf deutschen Flughäfen lag 2022 um 127 Prozent höher als im Vorjahr. Auch Kreuzfahrten verzeichneten einen Boom und konnten einen um 200 Prozent höheren Umsatz als 2021 erzielen. 2022 war, so die Analyse, ein Reisejahr „fast wie früher“. Und 2023 könnte trotz Ukrainekrieg, Inflation und Klimawandel in der Reiseintensität an das Vor-Corona-Jahr 2019 herankommen.
Deutschland bleibt vorn
Bei den Reisezielen und den Reisearten sieht Lohmann wenig Veränderung. Deutschland, das in Corona-Zeiten überdurchschnittlich gefragt war, werde zwar auf Platz eins bleiben, müsse aber Abstriche hinnehmen. Danach folgten Spanien, Italien, die Türkei und Österreich. Auch Kroatien und Griechenland spielten in der Top-Liga mit. Grundsätzlich sei das Mittelmeer gefragt. Aber auch bei den Fernreisen wachse das Interesse.
Multi-optionale Reisende
Und die Urlauber seien immer flexibler und neugieriger. Immerhin 44 Prozent der Befragten planten, ein neues Reiseziel zu besuchen. Darüber hinaus seien immer mehr Menschen „multi-optional“ und hätten mehr Wünsche als sie in einem Jahr in einer Reise umsetzen könnten. Entsprechend entwickle sich der Tourismus dynamisch vor allem bei den Themen Nachhaltigkeit und technologischer Wandel, was den Wettbewerb unter den Reiseveranstalter beflügle.
Nachhaltigkeit als Herausforderung
Auch das brandaktuelle Thema Nachhaltigkeit wird in der Reiseanalyse berücksichtigt. Demnach wächst die Einsicht, dass Nachhaltigkeit im Tourismus wichtig ist, „auf der Nachfragenseite in Deutschland ständig“. Doch für Lohmann bleibt es eine große Herausforderung, den ökologischen Fußabdruck des Tourismus deutlich zu reduzieren.
Zur CMT
Die Stuttgarter CMT sieht sich selbst als „die weltweit größte Publikumsmesse für Tourismus und Caravaning“. Zum Auftakt dieses Jahres wird sie vom 14. bis 22. Januar ein umfassendes Angebot rund um das Thema Urlaub vorstellen. Partnerland der ausgebuchten Urlaubsmesse ist die Mongolei. Weitere Partnerschaften gibt es mit der Bundesgartenschau Mannheim 2023, der Nationalparkregion Schwarzwald und der Landesarbeitsgemeinschaft Urlaub auf dem Bauernhof in Baden-Württemberg.