Die Beatlemania ließ in Obertauern auf sich warten

Da war doch mal was: Vor 50 Jahren sollte das schneereiche Obertauern für Dreharbeiten zu einem Film mit dem Titel „Help“ herhalten. Hauptdarsteller: Vier junge Männer mit merkwürdiger Haartracht – die Beatles. Die damals schon berühmten Pilzköpfe kannte in dem Dorf hinter den vielen Bergen kaum jemand. Hier stand man mehr auf Folklore. Heute ist das natürlich ganz anders. Beim Ski-Opening spielte eine Beatles-Cover-Band und der Volksmusikant Andreas Gabalier, Star des Abends, sang auch Songs der „Fab Four“ aus Liverpool.
Es scheint fast, als könne man den vier Musikern in diesem Winter in Obertauern nicht entgehen. Im Hotel Edelweiss, wo die Beatles seinerzeit wohnten, verfolgen sie den Gast gar bis in die Toilette. Im Eingang hängen Fotos vom Filmdreh, und in den Gängen kann man die poppigen Beatles-Bilder des Künstlers Steve Kaufmann betrachten. Am Kirchbühel-Lift, wo John, Paul, George und Ringo ihre ersten Stehversuche auf den Brettln machten, erinnert seit kurzem die Skulptur eines heimischen Metallkünstlers an die turbulenten Dreharbeiten.
Auch zwei ältere Herren erinnern sich. Die beiden waren vor 50 Jahren 14 Tage lang den Stars so nahe wie kaum jemand anderer: Als Double schlüpfte Gerhard Krings in die Haut von George Harrison, während Herbert Lürzer Paul McCartney gab. Wen sie da doubeln sollten, war den beiden nicht ganz klar. „Wer bitte sind die Beatles?“ fragte sich damals der halbe Ort und wunderte sich über die Begeisterung der Gäste, die auch von den vier Doubles Autogramme einforderten. Welch große Publicity der Filmdreh dem Tauernörtchen einbringen würde, ahnte niemand. Gerhard Krings und Herbert Lürzer sind auch im Alter keine wirklichen Beatles-Fans und den Film „Help“, den sie erst Jahrzehnte später sahen, haben sie bis heute nicht verstanden. Aber dass man aus dem Gastspiel „a G’schäft“ machen muss, das schon. Deshalb geben die beiden erfolgreichen Hoteliers auch ganz offen Auskunft über ihren damaligen Einsatz und ihre heutigen Befindlichkeiten. Dass sie „immer verkleidet“ wurden vor dem Einsatz und wegen „der anderen Haartracht“ Perücken aufgesetzt bekamen. Dass die Beatles „ganz nette junge Kerle waren, ohne Starallüren“. Dass die vier im Schnee ziemlich tollpatschig waren und gerne Faxen gemacht haben. Dass sie selbst für das „lustige Rumgehampel“ rund 700 Schilling pro Tag bekamen. Damals ganz schön viel Geld.
„Aber reich g‘worden sind wir damit nicht“, grinst Herbert Lürzer, der mit den Lürzer Ferien ein touristisches Gesamtkonzept im Ort verwirklicht hat – mit Hotels, Liftstyle-Laden, Skischule und natürlich auch der Lürzer Alm, dem Hotspot für die feierwütigen Après-Skifahrer, wo bei Oktoberfeststimmung Gabalier und DJ Ötzi gerne gespielt werden, aber immer wieder auch ein Hit von gestern: „Help, I need somebody“. Hilfe brauchten die Beatles in Obertauern nach so manchem Sturz, um wieder auf die Beine zu kommen („get my feet back on the ground“). Am Anfängerlift Kirchbühel habe Paul gleich den einzigen Baum im Hang angepeilt, um sich daran festzuhalten, erinnert sich Herbert Lürzer.
Den Baum gibt’s nicht mehr, ein Sturm hat ihn gefällt. Aber Lisi Krings, Schwägerin von Gerhard Krings, die damals zwölf Jahre alt war, sieht die Szene noch vor sich. „Weißt, ich bin hier aufgewachsen und quasi mit den Skiern an den Füßen auf d’Welt kommen“, erzählt sie. Kein Wunder, dass für das Mädel Pauls Verrenkungen zum Totlachen waren. Im „Pulverturm“ des Hotels Seekarhaus, wo die „Schneeforscher“ um „Kaiser“ Franz Beckenbauer ihren Stammtisch haben und wo man zum Light Lunch auch einen kanadischen Hummer bestellen kann, plaudert die blonde Wirtin aus, wie sie sich ein Autogramm geholt hat – ganz unkompliziert sei das gewesen. „Man war halt neugierig“, sagt sie. „Und die langen Haare, das war damals ein Skandal.“ Von da an war die Lisi ein Beatles-Fan, und sie blieb es bis heute. Wie ihr Bruder, der sich bald schon längere Haare und eine Gitarre anschaffte. Auch weil die Pilzköpfe das Markenzeichen waren, waren die Doubles mit ihren Perücken kaum von den Originalen zu unterscheiden – zumindest nicht von hinten. „Deshalb sind wir fast immer von hinten zu sehen“, erklärt Herbert Lürzer: „Schad, wir waren auch von vorne fesch.“
Hermann Koch ist mit seinen 54 Jahren zu jung, um die Beatles in Obertauern erlebt zu haben. Aber der Skilehrer, der mit dem Snowbike schon zwei Guinness-Rekorde er-fahren hat, hat einen Traum. „Ich würde gerne Paul McCartney zum Jubiläum im März nach Obertauern holen“, verrät der kernige Sportsmann. Sir Paul, mittlerweile 72, könnte dann Snowbiken wie vor 50 Jahren. Das wär‘ doch was! Bisher freilich wurde der Hermann immer wieder vertröstet, auch als er in Liverpool nach Paul McCartney fragte und später von der Agentur in den USA. Doch so schnell gibt der Mann nicht auf. Schließlich hat er schon einmal einen Traum wahr gemacht und in Santiago de Compostela die Frau geheiratet, die er auf dem Jakobsweg kennen gelernt hat. Notfalls will Hermann die Tauernrunde mit dem Snowbike aber auch ohne Sir Paul als Jubiläumsrunde anbieten. Mit den 26 Liften dürfte das kein Problem werden, meint er.
Die Beatles hätten gestaunt, wenn sie die Lifte gesehen hätten, die heute schier unzählige Pisten auf den Bergen, zwischen denen Obertauern liegt, erschließen. Vor 50 Jahren fror man sich noch im Einer- oder Zweiersessel die Nase ab oder verhedderte sich am Schlepplift, heute verfügen die modernen Sechser-Sessellifte über Sitzheizung und Schlechtwetter-Hauben. Es hat sich doch einiges verändert in diesen 50 Jahren seit dem Filmdreh, der in der Beatles-Bar im Hotel Seekarhaus noch in einigen Vitrinen konserviert ist ebenso wie das Paar Kneissl Whitestar Ski, auf denen Gerhard Krings als George Harrison abfuhr. Nur das Konzert, das John, Paul, George und Ringo damals spontan für ihre Doubles und Fans gaben, das gibt es nicht mehr. Keiner hat damals daran gedacht, den Beatles-Auftritt aufzunehmen. Im Gegenteil: Ein paar Gäste beschwerten sich ob des Lärms. Eine ältere Dame kam sogar im Bademantel, um sich zu beklagen – und blieb dann bis die Musiker erschöpft und die Instrumente ruiniert waren. Damals wollte der Hotelier Schadenersatz. Doch als Beatles-Manager Brian Epstein im Gegenzug das Honorar für zwei Stunden Beatles live einforderte, war die Sache aus der Welt.
Wie berühmt die Beatles außerhalb Obertauerns waren, erfuhren die Doubles erst später. Für 2500 Euro kaufte Herbert Lürzer eine Menükarte bei ebay zurück, auf der John, Paul, George und Ringo unterschrieben hatten. Und als der inzwischen zum Sir geadelte Paul McCartney in einem Interview verriet: „I learnt to ski in Obertauern“ war nicht nur der Tourismusverband glücklich. Trotzdem, auch im Jubiläumswinter bleibt man in auf dem Tauernpass cool. Dass Obertauern eine Beatles-Pilgerstätte wird, glaubt Tourismus-Obmann Roland Kindl nicht. Für die jüngeren Gäste, die der Wintersportort umwirbt, wäre das auch nicht unbedingt die beste Werbung.

Info:
Anreisen: Der nächste Flughafen zu Obertauern ist Salzburg. Anreise mit dem Auto von Salzburg aus über die Tauernautobahn, Ausfahrt Radstadt.
Wohnen: Eine Woche in einem Drei-Sterne-Hotel mit Frühstück und Skipass gibt es ab 573 Euro pro Person. Im Vier-Sterne-Hotel muss man für eine Woche mit Halbpension
und Skipass 771 Euro pro Peron rechnen. Im Hotel Edelweiß gibt es noch die Zimmer, in denen die Beatles gewohnt haben. In Nummer 502, 504, 506 und 507 ist allerdings nichts mehr so wie zu Beatles Zeiten. Das Doppelzimmer mit Frühstück ist im Edelweiß ab 77 Euro pro Person zu haben (www.luerzer.at)
Skifahren: 26 Lifte erschließen das weitläufige Skigebiet mit rund 100 Pistenkilometern, die meisten davon mittelschwer, also rot. Der Tagesskipass kostet 42,50 Euro.
Jubiläumswoche: Zwischen 14. und 21. März dreht sich in Obertauern unter dem Motto „A Tribute to the Beatles“ alles um die Pilzköpfe aus Liverpool. Am 17. März ist das Beatles-Musical „All you need is love“ mit der Band „Twist and Shout“ zu sehen, das die Geschichte der Beatles nacherzählt. Zwei Tage später macht die Magical History Tour in Obertauern Station. Als „special guests“ werden Angie und Ruth McCartney, Stiefmutter und Stiefschwester von Paul McCartney, aus ihren Erinnerungen erzählen. Und „The Original Covern Club Beatles“ macht mit Songs wie „Let it Be“, „Penny Lane“ oder „I want to hold your hand“ alte Beatles-Zeiten wieder lebendig.
Informieren: Tourismusverband Obertauern, Tel. 0043/6456/7252, info@obertauern.com, www.obertauern.com

Ein Kommentare
  • Lara Stein
    September 22, 2021

    Mein Freund und ich fahren eigentlich jedes Jahr nach Österreich zum Skifahren. Diesen Winter wollen wir endlich mal nach Obertauern, daher freuen wir uns über jeden Tipp. Demnächst werde ich unser Appartement buchen und dann freue ich mich auf den Urlaub.

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