Bremerhaven: Hauptsache Fisch!

Nein, Fischstäbchen gibt’s hier wohl nicht, obwohl die mundgerechten Fischstücke in Bremerhaven in Mengen produziert werden und gar als das „Gold der Stadt“ gelten. Pro Tag elf Millionen Fischstäbchen gehen in der 100 000-Einwohner-Stadt pro Tag vom Band – aneinander gereiht würden sie die Strecke Bremerhaven – Zugspitze ergeben. Aber im Fischkochstudio im „Schaufenster Fischereihafen“ geht es um was anderes. Darum, wie man Fisch am besten zubereitet.

Nicht zu verfehlen ist das Seefischkochstudio in Bremerhaven

91 Jahre Kochgeschichte

Seit 1927 existiert das Kochstudio, damals sollten hier die Damen lernen, ihre Gatten zu bekochen, erzählt Küchenmeister und Fischsommelier Ralf Harms. Er und seine Kollegen fühlen sich ohne falsche Bescheidenheit als „Fischbotschafter“, wenn sie Singles,  Paaren aber auch Schulkindern die gesunde Fischküche näher bringen.

Fischsommelier und Küchenmeister  Ralf Harms

An diesem Montagmorgen wirken die vier Paare, die sich in dem Raum mit der Show-Küche verlieren, eher mürrisch. Ein junges Paar ist gekommen und ein ziemlich altes wohl nach dem Motto „Man lernt nie aus“ oder „Es ist nie zu spät“. Die Stille ist fast so erwartungsvoll wie vor einer Theater-Vorführung. Doch kurz vor Beginn der Koch-Show drängt noch eine Busladung älterer Herrschaften in den Raum und sucht sich geräuschvoll Sitzplätze.

Gut gelaunter Hauptdarsteller

Jetzt kann der Hauptdarsteller auftreten. Sous-Chef Sebastian Uecker ist ein junger Kerl mit Bärtchen, der mit seiner guten Laune gleich alle ansteckt.

Und schon gibt’s die erste Lektion zur Gattung Kabeljau, zu der magere Fische wie der Dorsch oder auch der Schellfisch gehören. Auch dass Forellen und Saiblinge zur Gattung der Salmoniden, also den Lachsen, zählen, macht er beiläufig klar. Und dass es eigentlich keine Lachsforelle gibt („das sind nur große Forellen, die mit Carotin-Zusatz gefüttert werden).

Sous-Chef Sebastian Uecker

Die Kunst des Filettierens

Das Raunen im Publikum verstärkt sich, als Uecker erzählt, dass die Kabeljau-Köpfe meist nach Portugal und Spanien gehen, weil dort die Zunge als Leckerbissen gilt. Dann geht’s ans Filettieren. „Handfilet“ sei das „Nonplusultra“, sagt der Koch, während er gekonnt Filets aus dem Kabeljau schält. Doch das sei eine Kunst für sich. Ein guter Filettierer könne 150 Kilogramm Fisch in der Stunde filettieren. Amateuren allerdings rät Sebastian Uecker ab: „Ich gebe Ihnen einen Tipp. Kaufen Sie Filets.“

Frauen und Fischhände

Dass er seine Fische so locker filettiert, liegt natürlich auch an der langen Erfahrung.
Mit 16 hat er seine Ausbildung gemacht, jetzt ist er 32. Und dass er immer Handschuhe trägt, liegt nicht nur an den Hygieneanforderungen. „Frauen stehen nicht so auf Fischhände,“ sagt er und erntet ein paar Lacher.

So könnte ein buntes Fischblech aussehen

Fischgeruch gehört dazu

Die 40 Männer und Frauen im Publikum hat er inzwischen gut im Griff und führt sie gekonnt durch seine Koch-Show. Hier mal ein Witzchen, da mal ein Tipp. Etwa zur Frische der Fische, die man am besten erkennt, wenn man leicht auf die Haut drückt und die Delle sofort zurückgeht. „Wenn der Fisch die Gräten und die Schuppen von alleine wegschmeißt, sollte man ihn lieber nicht mehr essen“, kalauert der Fischkoch. Aber: Ein Fisch sollte schon nach Fisch riechen dürfen.

Missverständnisse unter Männern

Eine Stunde hat er Zeit, um seinem Publikum die Vorteile von Fisch zu erklären und ihnen ein paar Rezepte vorzukochen. Da ist präzises Zeitmanagement nötig. Jeder Handgriff muss sitzen, jedes Späßchen auch. „Ich hab‘ nix gegen Männer“, verrät er, während er den Matjessalat anrichtet, „aber die sind beim Kochen immer etwas komisch.“ Nutella jedenfalls sei für den Fischsalat nicht brauchbar, auch wenn er dazu rate, „etwas Süßes“ zuzugeben. Das habe ein Gast wohl falsch verstanden.

Nein, mit Nutella schmeckt der Matjessalat nicht

Purist am Herd

Ansonsten ist der „Fischbotschafter“ im Fischkochstudio eher ein Purist. An den Fisch lässt er nur Salz und Zitronenpfeffer. Und für die Beilagen sollte jeder und jede das verwenden, was der Markt hergibt. Zum Fischcurry etwa Paprika, Broccoli, Zwiebeln, Cocktailtomaten, als Gewürze Koriander, Knoblauch, Curry – und natürlich Kokosmilch. Während Sebastian noch über die Zutaten fachsimpelt, brät der in Fischstäbchengröße geschnittene Lachs im eigenen Saft auf Backpapier in der Pfanne. Vorsicht beim Wenden, warnt der Koch: „Vom Drehen geht der Fisch kaputt.“

Auf zum Büfett

Am Ende hat er in kürzester Zeit vier Fischgerichte gezaubert, ohne seinen Redefluss auch nur eine Minute zu unterbrechen. Die inzwischen gut gelaunten Gäste danken es ihm zwar nicht mit stehenden Ovationen aber mit freundlichem Applaus. Denn jetzt geht‘s ans Eingemachte, das heißt ans Gekochte. Das im Preis inbegriffene Fischbüffet ist gut bestückt. Entsprechend füllen sich die Teller, angeregtes Geplauder füllt den Raum.

Das hat die Show-Küche hergegeben.

Und das Rezeptbüchlein nehmen alle mit – auch wenn Sebastian Uecker gesagt hat, man brauche kein Rezept, um gut zu kochen. Wichtig seien die frischen Produkte. Aber sicher ist sicher.

Matjessalat für alle

Wer jetzt Lust auf Fisch bekommen hat, kann sich am Matjessalat (ohne Nutella!) versuchen:
Zutaten: 200 g Matjesfilets, w kleine rote Bete, je ein 1 Paprika gleb und rot, 2 Tomaten, ½ Salatgurke, 1 rote Zwiebel, 2 EL Schmand, 1 TL Pflaumenmus, Johannisbeergelee oder Preißelbeermarmelade (das „Süße“)
Zubereitung: Die Filets aus dem Öl nehmen, mit einem Küchenpapier trocken tupfen und klein schneiden. Rote Bete waschen, gar kochen und mit Eiswasser abschrecken. Man kann auch fertig gekochte Rote Bete nehmen. Das Gemüse schälen und würfeln. Paprika und rote Zwiebel putzen und in Würfel schneiden. Gurke und Tomaten waschen, halbieren, Kerngehäuse entfernen und ebenfalls würfeln. Dann alle Zutaten vorsichtig mit einander vermengen und nach Belieben mit Kräutern oder einem Apfel verfeinern.
Guten Appetit!

Info: Die einstündige Kochshow im Seefisch-Kochstudio kostet inklusive Büfett 29 Euro pro Person:  https://www.fischkochstudio.de/eventkueche/
Noch mehr Rezepte: Zu einer  kulinarischen Reise in die Fischküchen der Welt lädt die neueste Ausgabe der „Bremerhavener Hefte“ der Erlebnis Bremerhaven GmbH ein.  Zwölf Bremerhavener Männer und Frauen aus zwölf Nationen haben dafür ihre Lieblingsfischrezepte preisgegeben und präsentieren unter dem Titel   „Multikulturelle Fischküche“   allerhand Leckeres zum Nachkochen. Das Rezeptheft kann online unter www.bremerhaven.de/fischerlebnis bestellt oder in den Tourist-Infos gekauft werden. Der Verkaufspreis beträgt 4,50 Euro.
Hinweis.  Die Recherche wurde unterstützt von Erlebnis Bremerhaven.

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