Das blaue Land: Reisen in Bild-Landschaften

Es ist wie ein Freilichtmuseum. Das bayrische Voralpenland rund um Murnau mit seiner saftig grünen Moränenlandschaft, den blauen Seen zwischen den Bergen ist eine der schönsten Landschaften Deutschlands. Nicht umsonst zog und zieht das Blaue Land vor allem Maler an, die sich von den kräftigen Farben der Natur inspirieren lassen. Hier kann man tatsächlich „in den Bildern spazieren gehen,“ wie Wassily Kandinsky es empfahl, und vor allem jetzt im Herbst den Farbenrausch der Natur genießen. Das taten auch die Mitglieder der Künstlervereinigung Blauer Reiter. Sie berauschten sich am Blau der Seen, am Braun des Murnauer Mooses, am Grün der Wiesen. Blau sei die einzige Farbe, bei der er sich wohl fühle, soll Franz Marc gesagt haben. Und doch liebte er auch die anderen Farben, das satte Gelb, das kräftige Rot.

In den Museen präsentiert sich das Blaue Land hinter Glas

Auf den traditionellen bayrischen Hinterglasmalereien waren die Farben so strahlend, dass die Maler sich auch in dieser Technik versuchten. In den nächsten Monaten können die Ergebnisse dieser Experimente entdeckt werden – und neue dazu – in der Ausstellungsreihe „Das Blaue Land hinter Glas“, zu der sich vier Museen zusammengetan haben. Schon jetzt läuft die Ausstellung „Tiefenlicht- Malerei hinter Glas von August Macke bis Gerhard Richter“ im Museum Penzberg Sammlung Campendonk.

Carlo Menses „Menschen am Fluss“ ist derzeit im Museum Penzberg zu sehen. Bild: (c) LVR-Landesmuseum Bonn, Fotografin: Simone Bretz

In dem schwarzen Klinkerbau, der die Brücke schlägt vom klassischen Stadtmuseum zur Moderne, ist der lange unterschätzte deutsch-niederländische Maler, der durch den Kunstfälscher Beltracchi wieder in den Focus der Öffentlichkeit rückte, die Hauptperson. Campendonk war schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts Mitglied des Blauen Reiters. In der aktuellen Ausstellung sind 76 Hinterglasbilder zu sehen – von Campendonk bis zu Gerhard Richter. Und die Besucher können hinter die schöne Fassade der Bilder blicken, wenn sie am „Touch“-Tisch die Gemälde heranzoomen und umdrehen.

Tanzende Schweine und flüchtige Wahrnehmungen

Ab 13. August schließt sich das Buchheim Museum der Phantasie in Bernried am Starnberger See mit „Über Nonnenspiegel und Zirkusschweine“ dem Ausstellungsreigen an.

Lothar-Günther Buchheim Bimbina und Kompagnie – die Zirkusschweine Bild: (c) Buchheim Stiftung

Die Schau profitiert von der Sammelwut Lothar Günther Buchheims, der selbst Hinterglasmaler war und überzeugt davon, dass die Hinterglasmalerei mit ihrer „volksliedhaft kraftvollen Formensprache“, ihren leuchtenden Farben und der vereinfachten Perspektive den Malern den Blauen Reiters Inspiration gegeben hat. Interessant die „Nonnenspiegel“ mit einer Metallbeschichtung hinter Glas, in der die Betrachterin sich spiegeln konnte. Vor Ort können Besucher sich selbst als Hinterglasmaler ausprobieren und versuchen, es Lothar Günther Buchheim gleich zu tun, der am liebsten Clowns, Akrobaten und Zirkustiere malte wie die tanzenden Zirkusschweine.
Am 15. Oktober beginnt dann im Franz Marc Museum in Kochel am See die Ausstellung „Hinterglasmalerei zwischen Volkskunst und Avantgarde“, die anhand zweier „Schlüsselwerke“ aus dem Kreis des „Blauen Reiters zeigt, wie die Hinterglasmalerei den Künstlern als Experimentierfeld diente.

Franz Marc Landschaft mit Tieren und Regenbogen. Bild: (c) Franz Marc Museum, Fotograf: Bernhard Mayer

Als letztes öffnet das Schlossmuseum Murnau am 17. Dezember seine Ausstellung „Gaby Terhuven: Lichtungen. Malerei auf Glas“, wobei es vor allem um das Spiel mit dem Licht geht und die Flüchtigkeit der Wahrnehmung. Im Schlossmuseum ist allerdings die regionale und internationale Hinterglasmalerei ein wesentlicher Bestandteil der Sammlung, wobei der Bogen vom Blauen Reiter bis zu Gerhard Richter reicht.

Mit dem Rad durch die malerische Landschaft

Wer gut trainiert ist, kann alle vier Museen bei einer Radtour verbinden und dabei selbst sehen, warum es die Künstler um Franz Marc, Gabriele Münter und Wassily Kandinsky in das Blaue Land gezogen hat. Die Tour beginnt in Starnberg und führt am See entlang nach Bernried, von da vorbei an den malerischen Osterseen nach Penzberg und weiter nach Kochel am See, wo die Berge so dicht ans Wasser rücken, dass sie darin Kopf stehen. Wer sich Zeit nimmt für die Radtour – und das lohnt sich nicht nur wegen der Museen – kann mit der Seilbahn auf den Herzogstand fahren und von oben hinunterblicken auf die malerische Landschaft, kann die silbernen Bänder der Flüsse mit den Augen verfolgen, die hingetupften Bauernhöfe erspähen und sich fühlen wie in einem der expressionistischen Gemälde.

Gaby Terhuven im Schlossmuseum Murnau. Bild: Gaby Terhuven

Von Kochel führt die Route weiter nach Murnau am schönen Staffelsee. „Ich war voll von Bildern des Ortes und der Lage. Immer mehr erfasste ich die Klarheit und die Einfachheit dieser Welt“, hat Gabriele Münter einmal notiert. In den Hinterglasbildern ist diese Klarheit und Einfachheit konserviert. Selbst erfahren kann sie jeder, der im Blauen Land unterwegs ist.

Kurz informiert

Zur Ausstellungsreihe in den vier Museen gibt es Workshops und Führungen. In den einzelnen Museen ist auch das Katalogheft für fünf Euro erhältlich.
Für Kunst- und Kulturreisende hat der Weilheimer Reise-Service eigene Tourenvorschläge für Gruppen erarbeitet: www.derpart.com/weilheim Zu den vier Museen kommt man auch mit dem Regio-Ticket Werdenfels, wobei sich für Ticket-Inhaber der Eintritt um einen Euro ermäßigt: www.bahn.de/bayern
Zu der 94 Kilometer langen Radtour durch die MuSeenLandschaft Expressionismus gibt es eine Faltkarte auch mit anderen Sehenswürdigkeiten, erhältlich ist sie in den Tourist-Informationen oder in den Museen.
Allgemeine Auskünfte: MuSeenLandschaft Expressionismus, www.museenlandschaft-expressionismus.de 
Die Museen im Netz: www.museum-penzberg.de,www.buchheimmuseum.de, www.franz-marc-museum.de, www.schlossmuseum-murnau.de

 

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