Hühner gackern, ein Hahn kräht, Hunde bellen, Kinder kreischen, Mopeds knattern, Autos hupen. Die Geräusche der Straße auf Bali sind ganz anders als bei uns. Und manchmal hat die sich durch Dörfer und Reisterrassen hindurch windende Fahrbahn auch mehr Löcher als Belag. Doch wen stört das schon in dieser paradiesischen Landschaft?
Am allerwenigsten Ca Meng. Für den Fahrer mit dem dicken Zopf ist das
alles Alltag. Ganz anders als für seine Gäste, die von weither kommen
und bei jedem Dorftempel große Augen machen. Ca Meng grinst sich eins.
Sein Auto, ein knallblauer VW-Kübelwagen, verheißt einen Teufel als
Fahrer. Und drin sitzt auch tatsächlich einer – aus Plüsch mit roten
Augen. Aber Ca Meng ist trotz der rabenschwarzen Haare alles andere als
ein Teufel. Ein Aufkleber im Auto signalisiert, dass wir es mit einem
Fan von Che Guevara zu tun haben, auf jeden Fall aber ist der Mann ein
VW-Fan. „It’s not a car, it’s Volkswagen“ steht groß und breit auf dem
Fahrerbord. Und der Motor, den der 35-jährige Balinese uns stolz zeigt,
ist bestens in Schuss. Als Automechaniker verdient sich der
Familienvater noch ein Zubrot. „Aber reparieren kann ich nur VW“, sagt
Ca Meng und meint damit die alten Kübelwagen. Mit Elektronik kennt er
sich nicht aus. Umso besser mit dem Alltag auf seiner Insel, auf der
nicht alles so paradiesisch ist wie es auf den ersten Blick scheint
Die Mühen des Alltags sind den Arbeiterinnen auf dem Reisfeld ins
Gesicht gekerbt, und an der Aussichtslosigkeit, einen guten Job zu
ergattern, verzweifeln auch hier viele Menschen, zumal die Insel
Jobsucher aus ganz Indonesien anlockt. Die Selbstmordrate auf Bali ist
so hoch wie nirgendwo sonst in Indonesien.
Das Leben auf der „Insel der
Götter“ kann hart sein. Bali lebt zu 90 Prozent vom Tourismus. Die
Anschläge vom 12. Oktober 2002 mit über 200 Todesopfern und vom 1.
Oktober 2005 mit 23 Toten trafen die Insel deshalb an ihrer
empfindlichsten Stelle. Es waren wohl fundamentalistisch-islamistische
Gruppen, die den „Terror ins Paradies“ brachten – und die Insel an den
Rand des Ruins. Doch inzwischen sind die Touristen zurück und die
Balinesen tragen den Fremden und ihren Fotoapparaten gegenüber das
gewohnte Lächeln zur Schau. Man schlägt sich durch so gut man eben kann.
Und sei es, indem man gegenüber einem Tempel die Benutzung eins
Stehklos anbietet – für 1000 Rupien pro Notfall. Rund um Ubud, der
Künstlerstadt, verdienen ganze Familien ihren Lebensunterhalt mit
Schnitzen und Steinmetzarbeiten. Ca Meng weiß, dass hier Kunsthandwerk
gefertigt wird, das auf der ganzen Welt als authentisches Souvenir
verkauft wird: Giraffen für Afrika, Bumerangs für Australien, Engel für
Europa, Buddhas für Asien. Auch der gesamte Hindu-Götterhimmel entsteht
in Heimarbeit.
Platz finden die Dämonen und Götterfiguren, die Drachen und Schlangen
nicht nur an den allgegenwärtigen Dorftempeln und Hausaltären, sondern
auch in den Hotels auf Bali, die sich bemühen, in ihren Anlagen dem
außergewöhnlichen Flair der Insel Tribut zu zollen. Eine ganze
Ganesh-Galerie etwa gibt es im Four Seasons at Jimbaran. Und dass jede
Villa ihren Wächter aus Stein hat, ist selbstverständlich. Selbst die
Lehrküche im weitläufigen Park wird von einer steinernen Gottheit
bewacht. Was sie wohl von unseren Kochversuchen hält? Vorsorglich hat
ihr ein dienstbarer Geist schon frühmorgens ein Blumenopfer dargebracht.
Sie scheint denn auch milde gestimmt, als wir im Kochwettbewerb in zwei
Gruppen gegeneinander antreten. Blacky, unser freundlicher Betreuer,
weist uns in die balinesische Küche ein. Frisch und fruchtig ist sie und
gut gewürzt. Beim Schnipseln all der Zutaten kann man sich glatt einen
Muskelkater holen. Nebenan fließt Blut: Einer der Hobby-Köche hat sich
in den Finger geschnitten. Auch schneiden will gelernt sein. Unter den
Kochmützen rinnt der Schweiß. Doch unser Team arbeitet Hand in Hand und
am Ende haben wir mit Hühnersaté auf marinierten Bohnen, Prawns im
Parmaschinken-Mantel auf würzigem Fruchtsalat mit Balsamico-Reduktion
und Filet vom Red Snapper auf buntem Wok-Gemüse die Nase vorn. Knapp
zwar, aber immerhin. Der aus Augsburg stammende Chefkoch Klaus Kallweit
spart nicht mit Lob und wir sind stolz wie die Schneekönige.
Im Dschungel und in den Gärten von Bayad haben wir gesehen, wie die
Früchte wachsen und erfahren, welche Kräuter gegen welche Krankheiten
gewachsen sind. Seit 2008 gibt es dieses Öko-Projekt auf Bali.
Mit-Initiator ist der Schweizer Peter Studer, der damit eine Brücke
zwischen Touristen und Einheimischen bauen und die Menschen vor Ort
unterstützen will. 30 Prozent der Einnahmen gehen an die örtlichen
Bauern, zehn Prozent bekommt das Dorf. „Wir wollen alle glücklich
machen“, sagt Ketut Sanarta, während er durch den Kräutergarten führt.
Die Bauern, weil sie wissen, wofür sie arbeiten. Die Gemeindeväter, weil
sie Geld für soziale Einrichtungen bekommen. Und die Touristen, weil
sie Balis Natur nahe kommen, ohne von ihr verschlungen zu werden. Seine
45 Jahre sieht man dem groß gewachsenen balinesischen Manager nicht an.
Vielleicht liegt’s ja an den täglichen Gartenrundgängen, von denen er
rundum erneuert zurückkehrt.
In dieser Naturapotheke fühlt sich Ketut wie ein Fisch im Wasser, nascht
da an der Nonni-Frucht (für Herz und Nieren), knabbert dort am Miracle
Leaf (gegen Osteoporose). Schnuppert am Malay Cinnemon (gegen Husten und
Halsweh) und tropft sich den Saft von Dam Delem aufs ohnehin schon
freudig sprießende Haar. Noch ein bisschen Patschouly gegen
Bluthochdruck gefällig? 60 Dörfler, sagt Ketut, hätten sein Rezept schon
erfolgreich ausprobiert, auch der Dorflehrer, der sich extra bei ihm
bedankte. Der Balinese ist so etwas wie ein chinesischer Barfußarzt. Und
ein bisschen Psychologie kann er auch. Von der Mangostan lässt er
deshalb seine Finger. Die Frucht, sagt er, sei gut für Frauen, die ihre
Männer glücklich machen wollen. Und noch eines zeichne sie aus: „Eine
Mangostan lügt nicht.“ Sie hat genau so viele Früchte in ihrem Inneren
wie die Blütenblätter außen versprechen.
Auch der Eco-Walk ist keine Mogelpackung. Eine Quelle plätschert, der
Wind raschelt in den Blättern, ein Wasserfall rauscht, Vögel tschilpen,
Äste knacken unter den Schuhen. Sonnenflecken sprenkeln den Weg, der mal
steil bergauf, dann wieder fast eben durch grüne Blättertunnel führt.
In diesem Zauberwald fühlen wir uns wie Alice im Wunderland und machen
wie sie aufregende Entdeckungen: Das Labyrinth, ein unterirdisches
Höhlensystem, im 13. Jahrhundert wohl von Bauern zur Bewässerung der
Reisfelder angelegt, und Zuflucht für Tausende, die vor den
holländischen Kolonialisten flohen und später vor den indonesischen
Nationalisten. Oder die Goa Maya, die heilige Höhle, wo die Balinesen
heute noch Geister vermuten. Gott Indra soll sie geschaffen haben,
nachdem er den Dämon Raya Mayadenawa in einer blutigen Schlacht besiegt
hatte.
Die Götter gehören zum Alltag Balis wie die Reisfelder und die Vulkane.
Sie haben die Insel davor bewahrt, vor den muslimischen Einwanderern zu
kapitulieren und sich den Touristen anzupassen. „Ich bin 100 Prozent
Hindu“, sagt Ca Meng. Er lebt nach dem balinesischen Jahr, das 210 Tage
hat. Für seine Hochzeit hat er einen Priester gebeten, die beste Zeit
herauszufinden. Auch diese Nacht verheißt Gutes: Es ist Vollmond und
gleich zwei balinesische Fest fallen auf dieses Datum. „Das passiert
alle hundert Jahre einmal“, erklärt Ca Meng. Die Götter scheinen es gut
mit uns zu meinen.
August 4, 2013
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