Für die Reisebranche war 2018 kein ganz einfaches Jahr, und das lag vor allem an den Launen der Natur: Die schlimmsten Waldbrände in der Geschichte Kaliforniens, der Dürresommer in Deutschland, Überschwemmungen in Südeuropa, Hurrikans und Taifune, Vulkanausbrüche… Und das Neue Jahr begann gleich mit dem Schneechaos in den Alpen. Da ist Krisenmanagement gefragt und darum ging es auch beim Round Table in der FTI-Zentrale in München.
Schnelle Reaktion gefragt
Gleich zu Beginn erklärte FTI-Geschäftsführer Ralph Schiller, dass sich das Thema Krisenmanagement „drastisch“ verändert habe. „Wir müssen wesentlich schneller, wesentlich flexibler reagieren – auch weil das Web Krisen sofort in die Öffentlichkeit bringt“, erklärt Schiller, seit Ende des Jahres auch neuer Vorstand im Deutschen Reiseverband (DRV). Gutes Krisenmanagement sieht er als „wesentliches Argument für die Buchung von Veranstalterreisen“.
Enge Zusammenarbeit der Veranstalter
Dem kann DRV-Präsident Norbert Fiebig nur zustimmen: „Das Thema Sicherheit hat viel höhere Aufmerksamkeit in den Köpfen unserer Kunden.“ Dem müsse man Rechnung tragen. Im DRV-Ausschuss für Krisen- und Sicherheitsmanagement arbeiteten denn auch die Veranstalter eng zusammen. „Es hat keinen Zweck, dass jeder sein eigenes Süppchen kocht,“ argumentiert Fiebig. Der DRV sehe ich als „Verbindungsoffizier“ zum Auswärtigen Amt, um für die Kunden der Reiseveranstalter eine Höchstmaß an Sicherheit zu gewährleisten.
Information per SMS
Wichtigen Input für die nötige Risikoanalayse und die Koordiantion der Nothilfe-Maßnahmen liefere das vom Branchenverband gemeinsam mit dem IT-Unternehmen A3M entwickelte Global Monitoring System. So könnten die Kunden von Reiseveranstaltern schnellstmöglich per SMS informiert werden und sich auf persönliche Ansprechpartner vor Ort verlassen. „Das bietet die Pauschalreise,“ betont Fiebig. „Das ist unsere Stärke.“
Mehr Naturkatastrophen, weniger Terror
Über 7000 Ereignisse, die sich zur Krise auswachsen könnten, hat A3M im Vorjahr registriert und dabei festgestellt, dass die Zahl der Ereignisse mit terroristischem Hintergrund eher zurückging, während sich die Naturkatastrophen häuften, so A3M-Generalmanager Marcel Brandt. In der Kategorie Terror zählte das Unternehmen 1030 Ereignisse, im Vorjahr waren es noch 1.237. Auch die Anzahl bewaffneter Konflikte und Krisen sei leicht gesunken. Dagegen habe die Erde 1071 Mal gebebt – 881 Mal geschah das 2017. Auch die Zahl der tropischen Wirbelstürme sei deutlich angestiegen.
Reklamationssystem aus einer Hand
Für A3M-Geschäftsführer Tom Dillon ist Krisenmanagement nichts weniger als „Brand Value“, also ein Wert für die Marke. „Wir können Krisen nicht verhindern,“ räumt Dillon ein, „aber wir können den Veranstaltern helfen, damit professionell umzugehen.“ Und dabei dürfe es kein Klassensystem geben. Wichtig sei deshalb ein eigenes Kompetenz-Center für kleinere und mittlere Veranstalter, damit auch sie über den gleichen Technologie-Standard verfügen und ihre Kunden mit gleichlautender Kommunikation erreichen könnten. „Wir sind die Augen und Ohren der Veranstalter,“ so Dillon. Weil seiner Meinung nach Krisenmanagement und Reklamation in eine Hand gehörten, wolle A3M zur ITB ein eigenes Reklamationssystem vor allem für die kleineren Veranstalter vorstellen.
Menschliche Nähe in der Krise
Die anwesenden Krisenmanager der Reiseveranstalter zeigen sich allesamt von den Vorteilen einer Zusammenarbeit mit A3M überzeugt. „Wir gewinnen Geschwindigkeit,“ urteilt Ulrich Heuer, Leiter des Krisenstabs beim Marktführer TUI. A3M sei eine Ergänzung aber kein Ersatz, denn „die menschliche Nähe ist vor allem in der Krise durch nichts zu ersetzen“. Ähnlich sieht das auch Studiosus-Sicherheitsmanager Edwin Doldi: „Wir brauchen ein Krisen- und Sicherheitsmanagement aus einem Guss.“ Genauso wichtig allerdings seien die Reiseleiter vor Ort, schließlich seien Studienreisende „besonders sensible Kunden“. Der Münchner Studienreiseveranstalter filtere auch die Krisennachrichten von A3M. Doldi: „Aus 7000 wurden 375, die für uns relevant waren.“
Desaster Airline-Pleiten
Neben den Naturkatastrophen infolge der globalen Erwärmung wie den Waldbränden in Schweden war das laut Marko Jacubowski, Leiter des Krisenstabs bei Thomas Cook, „die Disruption im Flugverkehr“ durch Airline-Pleiten und Streiks, „ein komplettes Desaster“. Da sei die Zusammenarbeit mit den Flughäfen und Airlines hilfreich, assistiert Gerhard Draxler, Leiter des Krisenstabs der FTI Group. Seiner Ansicht nach ist bei großen Krisen die persönliche Ansprache vor Ort durch eigens geschulte Mitarbeiter eine nicht zu unterschätzende Leistung der Reiseveranstalter ebenso wie das persönliche Telefongespräch im Notfall. Möglich sei das nur, wenn Kollegen rund um die Uhr zur Verfügung stünden.
Keine Konkurrenz in der Krise
In diesem Zusammenhang verweist Melanie Gerhard, Director Crisis Management & Operation DER Touristik und Vorsitzende im DRV-Ausschuss Krisen- und Sicherheitsmanagement, auf die „Helpteam-Ausbildung“ des DRV. Außerdem stelle der Branchenverband einen Krisenleitfaden mit Abwicklungs-Checklisten für Mittelständler zur Verfügung und unterstütze A3M bei dem geplanten Reklamations-Tool. Das eigene Krisenmanagement der Veranstalter werde durch A3M nicht überflüssig, stellt Gerhard klar: „Wir bringen das Ganze auf einen Nenner, damit die Branche mit einer Stimme spricht.“ Aber jeder Veranstalter müsse seine eigene Analyse machen oder seine eigene Art der Ansprache finden. Wichtig sei, dass die Branche im Krisenfall zusammenhalte.
„In der Krise sind wir keine Konkurrenten,“ stellt Thomas-Cook-Mann Jacubowski klar.
Kurz informiert: A3M
Das Unternehmen mit Sitz in Tübingen und Hamburg entwickelt und betreibt Fühwarn-, Informations- und Kommunikationssysteme für ein professionelles Krisenmanagement. Das webbasierte Global Monitoring-Tool versorgt die Veranstalter mit Informationen über Streiks, Terroranschläge, bewaffnete Konflikte und Naturkatastrophen. Im Rahmen einer Brancheninitiative mit dem DRV hat A3M das Informationstool SMS Assist entwickelt, das Veranstalterkunden in den betroffenen Regionen informiert und gegebenenfalls warnt, wenn ein bedrohliches Ereignis eintritt – vorausgesetzt, der Kunde hat seine Handynummer zur Verfügung gestellt. Bei Reisenden wurde A3M durch das Tsunami-Frühwarnsystem via SMS bekannt, das infolge der Flutkatastrophe 2004 ins Leben gerufen wurde. Seit Kurzem bietet A3M die App „Global Monitoring“ für iPhone und Android an.
Infos im Internet:
www.global-monitoring.com/de/wir-haben-die-welt-im-blick
www.drv.de
www.studiosus.com
www.tui.com
www.fti.de
www.thomascook.de