Das Image der Luxusinsel haftet Mauritius immer noch an wie das Gold der Goldmarie im Märchen von Frau Holle. Doch die Insel im Indischen Ozean will den Touristen auch ihre anderen Seiten zeigen: Das kulturelle Erbe der unterschiedlichsten Religionen, die grandiose Landschaft mit Bergen und Wasserfällen, die sensationelle siebenfarbige Erde, auch Weltnaturerbe, den sagenumwobenen Morne Brabant.
Der besondere Charme der Fünf-Sterne-Herberge
Wer die Insel, auf der Hindus, Muslime, Christen und Buddhisten Tür an Tür wohnen und Kirchen und Tempel in enger Nachbarschaft existieren, kennenlernen will, muss nicht im Luxushotel absteigen. Es gibt auch günstige Quartiere. Aber so ein Resort hat natürlich schon seinen besonderen Charme. Der gepflegte Sandstrand, die Liegen im Türkisgrün des Meeres, das Spa mit allen Wohltaten für stressgeplagte Urlauber, die weitläufigen Suiten, die Restaurants mit dem aufmerksamen Personal: Das Royal Palm in Grand Baie ist eine Oase des Wohlbefindens. Hier kann man sich rundum bedienen lassen und einfach nur genießen. Auch bei einer Tour mit dem Katamaran auf dem Indischen Ozean. Dorthin, wo das Wasser noch kristallklarer ist, wo die Farben noch strahlender sind als am Ufer. Gabriel Island ist ein Traum in Weiß- und Grüntönen, eine Einladung für die Augen. Doch einsam ist man auf diesem Inselchen wohl nie. Wasserscheue Japaner mischen sich mit Schnorchlern aus Europa, einheimische Familien mit Männerclubs, Sonnenanbeter mit Fotografen. Das Motiv ist Millionen Mal fotografiert und verliert offenbar doch nie seinen Reiz.
Der Morne Brabant gilt als Schicksalsberg der Sklaven
Auch der Morne Brabant eignet sich als Foto-Motiv, jener wuchtige Felsbrocken, der als Schicksalsberg der Sklaven in die Geschichte der Insel einging. Weil der schroffe Berg zu Anfang des 19. Jahrhunderts vielen entflohenen Sklaven als Zufluchtsstätte diente. Hier fühlten sie sich sicher vor den Kolonialherren, unter deren Knute sie gelitten hatten. Sie versteckten sich in Höhlen und gründeten sogar kleine Siedlungen auf den bewaldeten Höhen. Was draußen passierte, interessierte sie nicht. So erfuhren sie auch nicht, dass die englischen Kolonialherren die Sklaverei abgeschafft hatten. Als schließlich Polizeitrupps zum Morne Brabant kamen, um den Sklaven die frohe Botschaft ihrer Freiheit zu überbringen, fürchteten sie, erneut in Fesseln gelegt zu werden. Verzweifelt stürzten sie sich von den Felsen in den Tod. Diese Geschichte, immer wieder neu variiert, hat sich tief in die kreolische Kultur der Insel eingegraben. Am 1. Februar erinnern sich die Mauritier an diesen Schicksalstag, sie pilgern zum Morne Brabant und tanzen.
Zac (19) hat französische Wurzeln, seine Familie lebt aber seit Generationen auf Mauritius, und er sieht sich als Mauritianer wie Nico (24). Beide kennen die Geschichte und erzählen sie auch gerne. Als Bergführer bringen sie Touristen auf den Gipfel des 556 Meter hohen Felsmonolithen, dorthin, wo ein großes Stahlkreuz an den Tod der Sklaven erinnert – und an die Befreiung von der Sklaverei.
Wo da ein Weg ist, wissen die Götter
Es ist ein schweißtreibendes Unterfangen, diesen mächtigen Felsklotz zu bezwingen. Trügerisch leicht ist nur der Anfang, ein sanft ansteigender Weg, der in einen schmalen Pfad mündet. Hier schon scheiden sich die Wanderer: Die mit den Turnschuhen bleiben lieber zurück. Die anderen schlagen sich durch die Büsche, stolpern über Wurzeln und loses Lavagestein bergan. Tiefblaue Schmetterlinge flattern auf, Vögel tirilieren, dann rauscht ein Regenguss vom Himmel. Der Pfad wird glitschig und wieder bleiben ein paar aus der Gruppe zurück.
Und dann lichtet sich das Gebüsch und gibt den Blick frei auf die letzte Etappe im Fels. Wo da ein Weg sein soll wissen die Götter – und Zac. Spätestens jetzt ist klar, dass der Morne Brabant ein harter Brocken ist. „Alles easy“, beruhigt Zac, „wenn ihr aufpasst, ist nichts gefährlich“. Die inzwischen stark geschrumpfte Gruppe stöhnt auf. Aber jetzt will keiner mehr umkehren. Das Ziel ist zu nahe. Aus dem Wandern wird Klettern, nur hin und wieder hilft ein Seil bei der Überwindung von exponierten Stellen. Es geht steil bergab, ein falscher Schritt könnte verhängnisvoll sein. So sucht jeder, so gut wie möglich im Fels Tritt zu fassen, klammert sich an Baumwurzeln und Gestein, um sich hochzuziehen. Manchmal hilft auch die Hand des Vorgängers oder des Nachkommenden.
Nicht nur Weltkultur- sondern auch Weltnaturerbe
Und dann ist der Gipfel erreicht. Erleichterung macht sich breit, Begeisterung über den grandiosen Ausblick. Auch der muss natürlich fotografiert werden. Wurde doch dieses Motiv hart erkämpft. Nico klettert derweil noch eine Felsnase höher, um von dort zu fotografieren. Ganz nach oben darf niemand: Der eigentliche Gipfel steht unter Naturschutz, weil dort Pflanzen wachsen, die es nirgendwo sonst gibt. „Deshalb ist der Morne Brabant nicht nur Weltkultur- sondern auch Weltnaturerbe,“ sagt Zac. Unterwegs hat er seinem Trüppchen schon die Nationalblume der Insel gezeigt, die Trochetia boutoniana, eine rot blühende Malvenart, die nur hier und nur über 400 Metern Höhe wächst.
Der Abstieg wird zur Rutschpartie, zum Testfall für Schuhe und Hosen. Wieder öffnet der Himmel die Schleusen, und am Ende des Pfades werden die tapferen Gipfelstürmer von den Zurückgebliebenen mit stürmischem Applaus empfangen. Ein bisschen stolz sind sie nun doch.
Die sieben Farben der Erde von Chamarel
Weniger mutigen Einsatz verlangt ein Ausflug nach Chamarel zur berühmten siebenfarbigen Erde. Der Bus fährt fast bis obenhin, und der Weg ist harmlos. Eine Teilnehmerin der Gruppe schaut ratlos: Wo soll hier die Sensation sein? Der Himmel ist grau und die Farben sind entsprechend gedämpft. Und trotzdem hat die sanft gewellte Mondlandschaft in Ocker und Violett, in Blau und Gelb eine fast magische Anziehungskraft. Woher, fragt man sich, kommen diese Farben? Eine Tafel gibt Antwort: Eine hohe Konzentration von Eisen und Aluminium, die sich gegenseitig abstoßen, ist für die Farbstreifen verantwortlich. Als dann die Sonne hinter der Wolkendecke rauskommt, klicken die Fotoapparate, werden Selfies geschossen. Über soviel hektische Aktivität können die Riesenlandschildkröten im Gehege nur staunen. Sie lässt die fremdartige Schönheit dieser unwirtlichen Landschaft kalt. Und während die Touristen weiter ziehen zur Aussicht auf den grandiosen Wasserfall von Chamarel, ziehen die Schildkröten ihre Köpfe ein und genießen die kurzfristige Ruhe. Sie lassen sich auch vom nächsten Regenguss nicht stören, der alle Farben wegwischt.
Für die Kite-Surfer am Strand von Le Morne ist der kalte Wind, der den Regen begleitet, kein Problem. Im Gegenteil, sie lassen sich treiben, tanzen mit dem Wind über die aufgepeitschte See. Le Morne ist eines der weltbesten Kite-Surfer-Paradiese, hat Zac gesagt und dabei ein bisschen sehnsüchtig geguckt. Morgen will er auch dabei sein, wenn der Wind die Surfer über die Wellen wirbelt. Und auch da kann er sicher sein, dass der nächste Fotograf nicht weit ist.
Kurz informiert
Mauritius allgemein. Auf der Insel leben Menschen mit indischen, chinesischen, afrikanischen, französischen und englischen Wurzeln. Als erste Siedler waren die Holländer da, von ihnen blieb kaum etwas. Dann kamen die Franzosen, noch heute wird viel französisch gesprochen auf Mauritius. England war bis zur Unabhängigkeit 1968 die letzte Kolonialmacht. Es hinterließ den Linksverkehr und englisch als Amtssprache. Daneben wird auf Mauritius aber auch Hindi gesprochen und Kreol Morisien, ein auf dem Französischen basierendes Kreol. Hauptstadt der repräsentativen Demokratie ist Port Louis. In Mauritius und auf der dazugehörenden Insel Rodrigues wohnen 1,2 Millionen Menschen.
Anreisen. Condor fliegt direkt von Frankfurt nach Mauritius (www.condor.de) Mit Emirates geht’s über Dubai www.emirates.com.
Bezahlen. Währung ist die mauritianische Rupie, 40 Rupien entsprechen derzeit in etwa einem Euro.
Wohnen. Die Fünf-Sterne-Anlage Royal Palm in Grand Baie ist ein Beachcomber-Resort und z.B. bei airtours buchbar (www.airtours.de). Drei Tage mit Flug und Frühstück im DZ kosten pro Person ab rund 2000 Euro.
8 Tage all inclusive mit Flug im neuen Riu Le Morne nahe dem Morne Brabant kosten bei TUI ab rund 1500 Euro (www.tui.com).
Auf Mauritius gibt es auch Privatquartiere und Ferienwohnungen, je nach Ausstattung ab 21 Euro pro Person und Nacht (www.tourism-mauritius.mu/en/accommodation.html).
Morne Brabant. Für Aufstieg und Rückweg auf den Morne Brabant sollte man gut dreieinhalb Stunden einplanen. Wichtig: Festes Schuhwerk, Trittsicherheit und Schwindelfreiheit. An heißen Tag unbedingt reichlich Trinkwasser mitnehmen. Der Berg liegt auf privatem Land und kann nur mit Führer bestiegen werden. Bei TUI kostet die Tour 40 Euro pro Person: www.yanature.com
Informieren. http://www.tourism-mauritius.mu/
September 6, 2016
Macht Lust auf MEER! Danke für’s Mitnehmen auf dem Bildschirm. BarbFried