Bei Sadie Jones liest sich alles so, als sei Schreiben eine leichte Übung, federleicht. Die englische Autorin scheint für jede Situation mühelos die richtigen Worte zu finden. Auch in ihrem neuen Roman „Jahre wie diese“ macht sie keine literarischen Klimmzüge, hier ist nichts verklausuliert, der Erzählfluss ist klar und nimmt den Leser mit – mittenhinein in eine Geschichte um vier junge Leute, die im London der 1970iger Jahre umeinander kreisen.
Da ist Lukas Kanowski, genannt Luke, ein Junge mit polnischen Wurzeln und einer schwierigen Kindheit, der zum Erfolgsautor werden wird. Sein Pendant ist Nina, die schöne, zarte Schauspielerin, die dank ihrer überambitionierten und skrupellosen Mutter seelisch verkümmert. Und dann sind da noch Paul, der Sohn aus reichem Hause, der sich zum Produzenten berufen sieht, und Leigh, leicht feministisch angehaucht und ziemlich rebellisch.
Jones hat auch kein Problem damit, ihre Sympathie mit den Charakteren zu zeigen und so die Leser in die Empathie-Falle zu locken. Man weiß nicht so recht, mit wem man mehr Mitleid haben soll. Mit Paul, dem zuverlässigen Freund, dem die Freundin abhandenkommt. Mit Luke, der sein Mutter-Trauma auf Nina übertragen hat und damit scheitert. Mit Nina, die sich lieber unterwirft als Verantwortung für ihr Leben zu übernehmen. Oder doch mit Leigh, die sich die eigenen Gefühle nicht eingestehen kann. Die Autorin inszeniert ihren Gefühlsreigen vor dem Hintergrund der Londoner Künstlerszene mit ihren Intrigen und Exzessen, was dem Roman noch eine eigene Würze gibt.
Und weil man vom Erzählfluss mitgerissen wird, weil man mit den Protagonisten leidet, kämpft, verliert und sich wieder aufrappelt, merkt man gar nicht, wie klug das Ganze konstruiert ist. Sadie Jones gaukelt dem Leser eine Leichtigkeit des Schreibens vor, hinter der sich eine geschickte Regie verbirgt, die mit ihren Auftritten und Abgängen selbst an ein Theaterstück erinnert. Ein Stück auf der Bühne des Lebens.
Info: Sadie Jones, Jahre wie diese, DVA, 414 S., 19,99 Euro
16Mrz. 2015