„Die Linie hilft denen, die schon im Geschäft sind und expandieren“, erklärt Weber bei einem bayerischen Empfang in der deutschen Botschaft. Zu dem Treffen mit bayerischer Musik und bayerischem Bier unter Jacarandabäumen waren auch einige Vertreter deutscher Wirtschaftsunternehmen in Mexico City gekommen. Sie alle versprechen sich von der neuen Direktverbindung einen kräftigen Schub für die ohnehin schon guten Wirtschaftsbeziehungen zwischen Deutschland und Mexiko. Weber sieht dadurch den Messestandort München gestärkt, München könne zum „Einfallstor“ für mexikanische Unternehmer werden. Unter den schwäbischen Firmen, die schon jetzt in Mexiko produzieren, sind der Augsburger Hersteller von Industrierobotern Kuka und Eurocopter aus Donauwörth. Aber auch Manroland, Trevira und die Mindelheimer Grobwerke sind in Mexiko präsent und werden, so Weber, vom neuen Flug profitieren.
Fünf Jahre hatte die Lufthansa die Verbindung geplant, auch weil sich die Airline mehr in Richtung Amerika orientieren will, nachdem das Asiengeschäft „schwieriger“ geworden sei, so Nils Haupt, Leiter der Kommunikation für Amerika. Billigflieger und die aggressiven Golfcarrier machten den Europäern dort das Leben schwer. „Wachstum sehen wir stark in Südamerika“, erklärt der Lufthanseat, „hier spielt die Musik“. Zumal Goldmann Sachs Mexiko im Jahr 2050 als fünftgrößte Wirtschaftsmacht sehe und die Ratingagentur Moody’s das Land dank des Reformpakets von Präsident Enrique Peña Nieto mit der höchsten Kreditwürdigkeit A 3 bewertet habe.
Auf den konservativen Präsidenten und sein Reformpaket setzen auch die deutschen Unternehmer in Mexiko. Der Präsident will durch höhere Steuereinnahmen die Abhängigkeit von den Öleinnahmen reduzieren. So soll die Mehrwertsteuer künftig auch für Lebensmittel und Medikamente gelten, Steuerschlupflöcher für Unternehmen sollen gestopft werden. Mit den Mehreinnahmen will der Staat ein Kranken- und Rentenversicherungssystem einführen.
Noch ist das Gefälle zwischen Arm und Reich allerdings groß, wie der ARD-Korrespondent Martin Polansky erfahren hat. Millionen hätten keinen Anteil am Wirtschaftswachstum, auch weil die Gesellschaft gespalten sei. „Man bleibt in seinen Kreisen.“ Nachholbedarf gibt es im Bildungssystem und in der Infrastruktur. Vor allem die Marktkonzentration etwa im Energiesektor oder der Telekommunikation mache Probleme. Mit Telmex hält der 65 Milliarden Dollar schwere Unternehmer Carlos Slim ein Monopol, das alle Liberalisierungsversuche überstanden habe. Und doch ist Bayerns Repräsentant Weber zuversichtlich, dass sich deutsches Engagement in Mexiko auszahlen werde.
Vor allem die Automobilindustrie – ab 2016 will Audi den Q5 im neuen mexikanischen Werk in San José Chiapas bauen lassen – gilt als Treiber enger wirtschaftlicher Beziehungen. Sie profitiert von den Freihandelsabkommen, die Mexiko mit vielen Ländern hat. Das spart Zölle beim Export. Aber auch Siemens, seit über 100 Jahren im Land, rechnet sich gute Chancen aus. 7000 Mitarbeiter arbeiten für den Konzern, so Markus Mildner, als Executive Vice President zuständig für Infrastruktur und Städte. Große Chancen sieht der blonde Manager beim Bau der geplanten interurbanen Personenverkehrsverbindungen, wo Siemens im Wettbewerb mit Franzosen, Spaniern und Kanadiern steht. Zu schaffen mache Siemens dabei das mangelnde Engagement der deutschen Bauindustrie. „Alle großen Industrie-Unternehmen sind hier, aber kein Bauunternehmer“, kritisiert Mildner. Am schlechten Image des Landes, das mit Drogenkriegen und Luftverschmutzung Schlagzeilen macht, stören sich die Unternehmer nicht. Das Land sei besser als sein Ruf, sind sich Weber und Mildner einig. „Ich würde hier nicht mit drei kleinen Kindern leben, wenn es so gefährlich wäre wie die Medien kolportieren“, sagt der Siemensmann. Auch Hans Scheidel, Managing Director von Schenker International, und seit 40 Jahren im Land, ist überzeugt: „Die Schlagzeilen sind schlimmer als die aktuelle Lage.“ Mexiko habe sich oft „sehr schlecht verkauft“, ganz anders als Brasilien, das „mindestens so große Probleme hat“. Die Lage sei „kein Faktor, der die Wirtschaft bremst. Wir hier in Mexiko leben damit.“
Das tun auch die Touristen, die Mexiko, das seine Vielfalt im März als Partnerland der Tourismusmesse ITB präsentierte, vermehrt bereisen. 187 000 Deutsche kamen 2013, acht Prozent mehr als im Vorjahr, so Javier Guillermo Molina, Chief of International Affairs and Cooperation bei Sectur, dem mexikanischen Tourismussekretariat, und in diesem Jahr scheine das Wachstum anzuhalten. Der Lufthansa ist Molina dankbar für ihr Engagement. Die neue Direktverbindung werde den Deutschen „hoffentlich zeigen, dass Mexiko reif ist für Investitionen im Tourismus.“ Für Präsident Nieto, den Hoffnungsträger der deutschen Wirtschaft, jedenfalls habe Tourismus Priorität.
14Apr. 2014