Der Käseweg im Mühlwald

Die Mühlen klappern schon lange nicht mehr, aber der Bach rauscht, und  Mühlwald erinnert an die alte Zeit, als Mühlen das abgelegene Tal prägten. Der Tourismus hat auch hierher gefunden, man sieht’s an den neu gebauten Häusern, die nicht immer schön sind. Auch die Hotelneubauten passen oft nicht so recht in die Landschaft. „Unkulturlandschaft“ sagt Bergsteigerlegende Reinhold Messner beim Anblick einer weißen Villa, die im Grün der Weiden thront.

Reinhold und Diane Messner

Das positive Beispiel

Messner und seine Frau Diane begleiten auf Einladung des Aparthotels OLM Nature Escape die Wanderung. Im Gegensatz zu dem abschreckenden Beispiel am Hang sei es dem OLM gelungen, im Tourismus Nachhaltigkeit zu gestalten, lobt der Südtiroler Berg-Guru das neue Haus in Kematen. Schon der Name OLM – südtirolerisch für Alm – zeige, dass man sich an der Tradition orientiere, die in Südtirol Kultur- und Naturlandschaft zusammenbringe. Und dieses Erbe gelte es zu bewahren – auch durch Unterstützung der bäuerlichen Landwirtschaft.

Erfolg mit Hofkäserei

Gewandert wird auf dem Käse-Kulturweg. Auch „Käsepapst“ Martin Pircher ist mit von der Partie. Mühlwald, sagt er, habe wohl die meisten Hofkäsereien im Tal. So eine Hofkäserei sei der „letzte Akt der Kleinbauern gegen die Industrialisierung der Landwirtschaft, eine Möglichkeit, die Existenz der abgelegenen Höfe zu sichern“. Der Käserei Eggemoa ist das sichtlich gut gelungen. Vor den Hof hat der Architekt einen schwarzen Quader mit einer riesigen Glasfläche gesetzt, in der sich die Berge spiegeln.

Michael Steiner produziert die unterschiedlichsten Käsesorten

Drinnen können die unterschiedlichsten Käsesorten verkostet werden. Juniorchef Michael Steiner – dunkle Haare, Dreitagebart – hat vor zwei Jahren den Betrieb übernommen. Der 31-Jährige ist gelernter Landwirt und Käser und würzt seine Käse gern mit Kräutern aus der umgebenden Natur.

Die klugen Kühe

„Den Wald in den Käse bringen“, nennt das Andrea Palavieri, der am liebsten Geschichten über die Kühe und den Käse erzählt. Zum Beispiel, dass die klugen Tiere Eisenhut und andere giftige Pflanzen stehen lassen. Ja, dass man sie fast schon als Feinschmecker bezeichnen könne. Ganz nebenbei zitiert er Goethe, der auf seiner Italienreise gelernt habe, die Weisheit der Natur zu bewundern.  Der 39-Jährige mit dem schmalen Gesicht und dem modischen Man Bun definiert sich als Quereinsteiger. „Ich habe einen Mitarbeiter gesucht und Andrea gefunden“, bestätigt sein Chef und lobt den „Super-Geschichtenerzähler“. Schließlich gebe es in seinem Gewerbe tausende Geschichten. „Man muss sie nur erzählen.“ Und das tut Andrea mit Leidenschaft.

Andrea Palavieri (Mitte) kann viel erzählen. Links „Käsepapst“ Martin Pircher

Zwei Mütter und ein Kurs

Man könnte ihm noch länger zuhören – aber es steht noch mehr auf dem Programm. Auf dem Mittermairhof hat Bäuerin Agnes – grauer Pferdeschwanz, blaue Augen, Brille – schon den Graukäse aufgetischt. Das ist ihre Spezialität. Vor 25 Jahren ist die heute 58-Jährige zur Käserei gekommen. Damals saß sie als Mutter mit den Kindern zu Hause und wollte nicht die Hände in den Schoß legen. Zusammen mit Michael Steiners Mutter hat sie dann Kurse zur Milchverarbeitung absolviert. So ist die Agnes zur Käserei gekommen. „Wir sind ein ganz ein kloaner Hof“, sagt sie bescheiden und dass man ohne große Technik auskomme. Anfangs hielt sie ihren Käse gar für minderwertig.

Spezialität Graukäse

Auch bei ihrer heutigen Spezialität Graukäse war die Bäuerin zuerst skeptisch; die ersten Produkte hätten die Hühner bekommen. Aber „mit der Zeit ist dann doch ein anständiger Graukas rauskimmen“.

Agnes Mittermair und ihr ganz spezieller Graukas

Weil bei der Produktion Butter als Nebenprodukt entsteht, verkauft sie auch Butter. Am Anfang hatte sie dann jedoch zu viel Graukäse. Das änderte sich erst mit der Slow Food Bewegung, die Agnes Mittermairs Graukäse als „Presidio“ anerkannte. Voraussetzung für den Titel sind „die Einzigartigkeit des Produkts, dessen regionale und historische Verankerung sowie dessen traditionelle und nachhaltige Erzeugung“. Man muss ihn mögen, den Graukäse. Aber wer einmal auf den Geschmack gekommen ist, bleibt dabei.

Reinhold Messner und der Wolf

Auch Reinhold Messner greift kräftig zu. Er fühlt sich wohl in dieser bäuerlichen Umgebung. „Hier in Südtirol ist die Landschaft das wertvollste, was wir haben“, mahnt er. Diese Landschaft brauche Betreuung und die übernähmen die Bauern. Ohne ihre Pflege würden die Weiden verbuschen – das Ende der Kulturlandschaft.

Reinhold Messner hat Probleme mit dem Wolf

Und dann spricht er ein heikles Thema an: Weil der Wolf inzwischen auch in Südtirol so stark geschützt ist, werde man der wachsenden Rudel kaum mehr Herr, fürchtet Messner. Damit drohe der Verfall der Alpwirtschaft. Denn wenn die Bauern immer wieder Tiere verlören, könnten sie auf Dauer nicht existieren. Deshalb müsse der Wolf „limitiert“ werden.

Musikalischer Empfang

Auf dem schmalen Steig zum nächst höheren Ziel droht kein Wolf. Ein Kuckuck ruft, Grillen zirpen, Vögel zwitschern. Kein Auto lärmt. Kurz vor dem Ziel dann ein anderes Geräusch: Karl Oberhollenzer in kurzer Lederhose und mit Sepplhut lässt es sich nicht nehmen, die Wandernden musikalisch zu empfangen – er spielt Volkslieder auf der Ziehharmonika. Neben ihm wedelt Hündin Mandy freundlich mit dem Schwanz. Willkommen auf 1643 Metern Höhe und bei der Hofkäserei Hochgruberhof. Karls Frau Rita – schlank, dunkle Haare, Dirndl – bringt Platten mit Käsebroten und Krüge mit Holundersirup.

Karl Oberhollenzer mit seiner Ziehharmonika

Kein Grund für Nostalgie

Käse, sagt der 50-jährige Bauer und vierfache Vater, „zieht sich wie ein roter Faden durch mein Leben.“ Schon als Bub habe er auf der Alm gebuttert und gekäst. Zusammen mit den Eltern und den Kindern betreiben er und Rita (46) den Hof, die Käserei, einen kleinen Hofladen und – seit kurzem – auch zwei komfortable Alm-Chalets. Karl, der gelernte Koch, ist zufrieden mit dem, was die Familie sich erarbeitet hat. „Mit dem Spruch von der guten alten Zeit tu‘ ich mich a bissel schwer“, sagt er. Er wisse noch, wie es gewesen ist, bevor die Straße gebaut wurde, die heute bequem zum Hof führt. „Wir waren wirklich noch Selbstversorger.“ Mit 14 hat er sich die Ziehharmonika zusammengespart, die er heute noch spielt. Es waren harte Zeiten.

Einst und jetzt

Daran erinnert sich auch Reinhold Messner, als er am Abend im OLM neben Diane im Orzotto rührt .

Reinhold erinnert sich beim Rühren im Orzotto an die Gerstensuppe der Mutter

Einmal pro Woche habe die Mutter Gestensuppe gekocht, erzählt er. Mit sieben Brüdern und einer Schwester ist der heute 80-Jährige im Villnösstal aufgewachsen, wo der Vater als Dorfschullehrer arbeitete. Die Mutter hatte zu tun, die hungrigen Mäuler zu stopfen. Der berühmte Sohn weiß das bis heute; und er schätzt, was die Mutter geleistet hat. Als er seine heutige Frau Diane kennenlernte, war deshalb seine erste Fragen, ob sie auch kochen könne, berichtet er beim Rühren. Schließlich sei das doch wichtig. Die Kostprobe, die Diane ihm auf einem Löffel zum Probieren gereicht hat, scheint ihm jedenfalls zu schmecken. Das frühere Arme-Leute-Essen kommt an diesem Abend als regionale Spezialität auf den Tisch.

Kurz informiert

Anreisen. Über Brixen ins Pustertal und weiter ins Tauferer Ahrntal. Derzeit wird im Pustertal für die Olympischen Winterspiele 2026 die Straßen-Infrastruktur weiträumig ausgebaut – mit Untertunnelungen und Umfahrungen.
Wohnen. Das Eco Aparthotel OLM nature escape, Unterwalburgen 21, Kematen, 39032 Sand in Taufers, bietet in außergewöhnlicher Architektur 33 Apartments. Das kleinst Double gibt es ab 220 Euro. Tel. 0039/0474/430900,E-Mail: info@olm.it, www.olm.it
Käsereien. Käsemanufaktur Eggemoa, Hauptort 53, 39030 Mühlwald, Tel. 0039/0474/653205, E-Mail: info@eggemoa.com, www.eggemoa.com
Hofkäserei Mittermairhof, Mühlwald 57, 39030 Mühlwald, Tel.0039/338/8737161
Hofkäserei Hochgruberhof, Gornerberg 10, 39030 Mühlwald, Tel. 0039/347/8452982, E.Mail: info@hochgruberhof.com, www.hochgruberhof.com
Informieren. Tourismus Information Ahrntal, www.ahrntal.com

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