Zwangsbeglückung: Radek Knapps „Reise nach Kalino“

Den Traum von ewiger Jugend, Schönheit und Perfektion hat sich der geheimnisvolle „Osmos“ im abgelegenen Kleinstaat Kalino erfüllt. Als einer der begabtesten Wissenschaftler verschwindet, bittet er den glücklosen Detektiv Julius Werkazy um Hilfe. Der Mann, der ein bisschen an Chandlers Philip Marlowe erinnert und – zerknittert wie er ist – auch an den Fernseh-Detektiv im Staubmantel, Colombo, wird mit einer künstlichen Welt konfrontiert, in der nichts zum Zufall überlassen bleibt.  

„Perfektionsdiener“, wie die Polizei hier heißt, schränken seine Bewegungsfreiheit ein und versuchen, seine Recherchen zu behindern. Doch das gewitzte „Papiergesicht“ – so heißen die normalen Menschen in Kalino – überlistet alte und kommt einer bösen Verschwörung auf die Spur. Osmos scheint die Welt mit kalinischen Lifestyle infiltrieren zu wollen. Das wird Werkazy verhindern, auch mit Hilfe kalinischer Wissenschaftler und einer erstaunlich lebensklugen Kalinerin.
Der polnische Autor Radek Knapp hat mit „Reise nach Kalino“ eine rasante satirische Science Fiction geschrieben, die unserer dem Jugendwahn verfallenen Welt den (Zerr)Spiegel vorhält. Ihren Reiz bezieht die Geschichte auch aus den Gegensätzen: Ihr Detektiv scheint geradewegs aus den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts zu kommen, was das surreale Zukunftsszenario menschlicher Hybris nur umso absurder erscheinen lässt. Wie sagte Osmos: „Ich habe hier mit allem menschenmöglichen Einsatz ein Paradies erschaffen, gegen das der Garten Eden wie ein billiger Würstelstand aussieht.“ Ein Glück, dass Werkazy den Beglückungsexport unterbinden konnte…  
Info: Radek Knapp, Reise nach Kalino, Piper, 256 S., 19,99 Euro 

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