Zeitenwende in der Hotellerie

Es ändert sich gerade so einiges in Sachen Tourismus und Urlaub.  Das liegt nicht nur an den Forderungen nach mehr Nachhaltigkeit.  Auch die Gästewünsche habe sich geändert,  und echte Gastfreundschaft wird immer mehr zum Luxus. Ich habe mit  dem Augsburger Alexander Schillinger über seine Karriere, den Luxusbegriff und die Veränderungen in der Hotellerie gesprochen.

Alexander Schillinger / Bild: Hotel

Ein Augsburger in Asien: Alexander Schillinger, wie kam es dazu, dass Sie vor 25 Jahren Europa den Rücken gekehrt haben?
Alexander Schillinger: Schuld daran waren Freunde aus der Hotelfachschule, die mich nach Hongkong gelockt haben. Vorher war ich noch in Griechenland, der Schweiz und dann in den USA als Management Trainee in Nashville. Es war schön, es war spaßig. Aber es war nicht wirklich so, wie ich es mir vorgestellt hatte. Also flog ich Ende 1996 nach Hongkong, ohne da einen Job zu haben. Der kam mit dem Assistant Manager in einem mediterranen Restaurant, das von einem Alumnus meiner Schweizer Hotelfachschule eröffnet wurde. Aus geplanten zwei wurden sieben Jahre, u.a. im Park Lane Hongkong. Dann empfahl mir mein dortiger Generalmanager, in anderen Hotels weltweit Erfahrungen zu sammeln, um meine Karriere voranzutreiben. So kam ich 2004 nach Dubai ins One & Only Royal Mirage. Das Hotel war damals einzigartig. Wer Rang und Namen hatte, war da – für mich eine super Erfahrung in einem wunderbaren Hotel. Ich erinnere mich, wie wir für Mariah Carey eine Geburtstagssause ausgerichtet haben. Aber ich wollte zurück nach Asien und so ging ich nach Thailand ins Shangri-La Bangkok, ein Hotel  mit  890 Zimmern – als Food and Beverage Manager.

„Mir gefällt mein Hotel supergut“

Seit sechseinhalb Jahren sind Sie nun im „The Sukhothai Bangkok“, seit drei Jahren als General Manager. Was hält Sie in Thailand?
Alexander Schillinger: Mir gefällt mein Hotel supergut. Es hat lange gedauert, bis ich mich mit der Stadt angefreundet habe, und es war eigentlich auch nicht mein Plan, so lange hier zu bleiben. Aber ich habe meine Frau in Bangkok bei der Arbeit kennengelernt – wir sind jetzt seit 14 Jahren verheiratet und haben drei Kinder. Inzwischen fällt es mir auch leichter, mit der Thai-Mentalität umzugehen. Wenn ich gehen würde, müsste ich schon etwas Besseres finden. Eventuell in Hongkong.

Und was ist mit Deutschland?
Alexander Schillinger: Ich habe schon damit geliebäugelt, zurück nach Deutschland zu kommen. Meine Eltern und auch mein Bruder mit seiner Familie leben ja noch in Augsburg. Aber für mich gibt es hier momentan nicht genug attraktive Angebote. Und es würde mir auch schwer fallen, „mein“ Sukhothai zu verlassen.

The Sukhothai Bangkok, eine Oase des Luxus   / Bild: Hotel

Das Sukhothai gilt als Inbegriff des Luxus. Was soll man darunter verstehen?
Alexander Schillinger: Luxus ist für mich eine eigene Kategorie, auch nicht messbar an der Zahl von Sternen. Und „affordable luxury“, erschwinglichen Luxus, gibt es in meinen Augen nicht. Wir verstehen unter Luxus, dass wir versuchen, unseren Gästen alle Wünsche zu erfüllen. Auch die Wünsche, die sie gar nicht geäußert haben.

Einzigartige Erlebnisse sind der neue Luxus, heißt es in der Touristik. Was heißt das in Ihrem Hotel?
Alexander Schillinger: Wir sind sehr nah dran am Gast, geben ihm oder ihr das Gefühl, etwas Besonderes zu sein. Und dann ist ja auch das Hotel einzigartig, eine Oase im turbulenten Bangkok. 210 Zimmer in einem weitläufigen Park – viel Privatsphäre also. Derzeit entsteht ein Spa Komplex mit sieben Massageräumen und drei Hamam mit Elementen eines wieder aufgebauten Thai House. In unserem Fall stimmt wohl der Satz: Das Hotel ist das Ziel. Wir wollen unverwechselbar sein, anders als der Rest. Für mich ist das Sukhothai ein Luxushotel wie es sein soll.

Für viele  Gäste  im The Sukhothai gilt:  Das Hotel ist das Ziel/ Bild: Hotel

Wie motivieren Sie Ihr Personal dazu, auch ausgefallene Gästewünsche zu erfüllen?
Alexander Schillinger: Die ältere Generation ist bestens motiviert. Die hat noch Leidenschaft fürs Hotelgewerbe und verkörpert die legendäre Thai hospitality, die thailändische Gastfreundschaft. Die Jüngeren haben eher wenig Lust. Wie überall auf der Welt ist die Hotellerie- und Servicebranche für die jüngeren Generationen derzeit nicht sehr attraktiv. Du musst die richtigen Leute finden, und das wird eher schwieriger.

Früher einmal hieß es „Geht nicht gibt‘s nicht“. Zumindest sagte das der gebürtige Allgäuer Kurt Wachtveitl, der im Oriental Bangkok zur Hotellegende wurde. Gilt das noch immer?
Alexander Schillinger: Ach König Kurt! Das waren noch andere Zeiten. Die Ansprüche sind heute andere, auch die Klientel hat sich verändert. Natürlich wollen auch wir unsere Gäste glücklich machen – aber nicht um jeden Preis.

In Deutschland scheint sich ein Umdenken anzubahnen. Caroline von Kretschmann vom Hotel Europäischer Hof in Heidelberg und 2022 Hotelier des Jahres, stellt ihre Mitarbeitenden über die Gäste. Wie ist das bei Ihnen?
Alexander Schillinger: Während der Pandemie haben in Thailand drei Millionen Menschen in der Gastronomie ihren Job verloren. Für unser Hotel ist das Personal das Wichtigste. Wir sehen uns als große Familie. Ich passe auf meine Leute auf und werde mich immer vor sie stellen.

Dezenter Luxus in der Garden Suite. / Bild: Hotel

Sie haben Gäste aus aller Welt, wie schaffen Sie es, deren unterschiedliche Wünsche und Bedürfnisse zu erfüllen?
Alexander Schillinger: Indem wir auf jeden einzelnen und jede einzelne eingehen und oft schon vorausahnen, was die Gäste sich wünschen. Und unser Frühstücksbüfett ist wirklich international. Dabei ist es oft so, dass die Europäer zum chinesischen oder zum Thai Frühstück greifen und die Asiaten zum europäischen.

Wollen Sie uns verraten, was der bisher ausgefallenste Wunsch war?
Alexander Schillinger: Da gibt es so einige: Manche wollen Hotelzimmer in ihren Farben haben oder bringen ihre eigene Toilette mit. Da wird dann umgestrichen oder die Toilette eingebaut. Aber das muss auch bezahlt werden. Elefanten als Geburtstagsüberraschung sind heute nicht mehr möglich. Das ist in Thailand verboten. Aber ich erinnere mich, dass ein Gast für seine Geburtstagsfeier zum Champagner Ricola Schweizer Kräuterzucker wollte. Den hatten wir vor 20 Jahren noch nicht. Also sorgten wir dafür, dass über verschlungene Wege und verschiedene Airlines der Kräuterzucker beschafft werden konnte – rechtzeitig zur Feier.

Auch der Garten ist Teil der Nachhaltigkeitsstrategie. / Bild: Hotel

Das war eher weniger nachhaltig. Dabei sagen doch die meisten Touristen, dass sie möglichst nachhaltig reisen wollen. Wie ist das bei Ihnen?
Alexander Schillinger: Heutzutage muss man einfach nachhaltig sein. Darauf legen wir großen Wert. Selbstverständlich verarbeiten wir regionale und lokale Produkte. Für die Essensabfälle haben wir eine Kompost-Maschine angeschafft. So bekommen wir Dünger für den Garten. Den Dünger geben wir auch an die Landwirte weiter, mit denen wir zusammenarbeiten. Wir sind Energie effizient aufgestellt, haben alles auf LED umgestellt, es gibt keinen Stand-by-Modus – auch nicht an der Rezeption. Timer regeln Licht und Aircondition. Es zahlt sich auch aus, Strom zu sparen, denn in Thailand sind die Stromkosten um 37 Prozent gestiegen, das ist viel Geld. Wir sparen also, aber die Gäste spüren es nicht und werden es auch nie spüren.

Die Kunden der Generation Z

Eine andere Herausforderung ist die Digitalisierung…
Alexander Schillinger: Auch da bemühen wir uns, auf dem neuesten Stand zu sein. Bei vielen, vor allem den Jüngeren, geht ja alles übers Handy. Ich bin für meine Gäste immer über WhatsApp erreichbar – auch jetzt im Urlaub. Manche buchen so auch direkt. Inzwischen haben wir auch für die digitale Welt eine eigene Managerin. Wir müssen an die Kunden von morgen denken, die Generation Z, die mit dem Handy aufgewachsen ist. Wichtig ist, dass die Gäste die digitalen Angebot nutzen können aber nicht müssen. Aber auch in der Hotellerie gibt es wohl so etwas wie eine Zeitenwende.

Zum Schluss noch eine eher private Frage: Wo verbringen Sie am liebsten Ihren Urlaub?
Alexander Schillinger: Ich bin gern in Augsburg, wo meine Eltern wohnen. Hier habe ich alles, was ich brauche und kann auch in der Stadt spazieren gehen. Das ist in Bangkok nicht möglich. Und ganz Bayern ist wunderschön, ich denke da nur an den Königssee oder den Tegernsee.

Zur Person
Alexander Schillinger (48), hat nach einer Ausbildung in renommierten Hotelfachschulen in Deutschland und der Schweiz Erfahrungen in namhaften Luxushotels in Hongkong, Thailand, China und Dubai gesammelt und ist seit drei Jahren Generalmanager im „The Sukhothai  Bangkok“. Schillinger ist verheiratet und hat drei Kinder.

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