Der Erfolg folgt dem Dänen Jussi Adler Olson auf dem Fuße, seit er mit „Erbarmen“ seinen ersten Bestseller gelandet hat. Auch der neue Roman um den Ermittler Carl Morck und sein unkonventionelles Team stürmte die Bestsellerlisten. Wie bei den Vorgängern ist der Titel nur ein Wort: Erwartung.
Was damit gemeint ist, erschließt sich allerdings auch nach gründlicher Lektüre dieses Krimis nicht, in dessen Mittelpunkt der Zigeunerjunge Marco steht. Der schmale Junge ist gerade mal 15 Jahre alt, mit allen Wassern gewaschen und offensichtlich mit fast übernatürlichen Kräften gesegnet. Wie sonst wäre es zu erklären, dass er es nicht nur mit dem eigenen kriminellen Clan und dessen skrupellosen Oberhaupt aufnimmt, sondern auch mit afrikanischen Profikillern fertig wird. Wunderknabe Marco ist nur ein, wenn auch der wichtigste Erzählstrang in diesem Thriller, in dem es um sonst penible Bürokraten geht, die sich an Entwicklungsgeldern hemmungslos bereichern und als Kollateralschäden Morde ebenso in Kauf nehmen wie die Tatsache, dass sie den Ärmsten der Armen auch die letzte Chance nehmen, sich selbst zu helfen. Ermittler Carl Morck macht sich nur widerwillig an den Fall. Seit seine Freundin ihn verlassen hat, kämpft er mit Depressionen. Und dann wirft ihm sein neuer Vorgesetzter Lars Bjorn nicht nur Prügel zwischen die Füße, sondern setzt ihm auch mit dem ehrgeizigen Gordon eine Laus in den Pelz. Dass er unter diesen Umständen doch noch einen Fahndungserfolg verbuchen kann, hat Morck dem „Marco-Effekt“ zu verdanken, der im Untertitel des Buches steht. Womit wir wieder beim Wunderknaben wären, der alle Erwartungen übertrifft.
Info: Jussi Adler Olsen, Erwartung, dtv, 565 S., 19,90 Euro