Es sind Traumtage in den Bergen. Der Jahrhundertwinter hat auch in Saalbach für reichlich Schnee gesorgt. Die Sonne strahlt von einem blauen Himmel, wie man ihn eigentlich eher über der Adria vermutet. Bis zu 15 Grad warm wird es – Frühlingsskifahren eben. Morgens ist die Piste glatt gewalzt und ziemlich hart, am Nachmittag wird der Schnee weich und schwer. Aber bis mittags herrschen ideale Verhältnisse. Also nichts wie raus aus der Stadt und hinein in den Schnee! Ich folge dem Ruf der Österreich-Werbung.
Am Nachmittag kann man in Saalbach auch ganz ohne Ski Abenteuer erleben. Am Talende der Doppelgemeinde Saalbach-Hinterglemm befindet sich nicht nur der höchst gelegene Wipfelwanderweg Europas, sondern auch die „Golden Gate Brücke der Alpen“. Ich hab’s mal getestet.
Die Hängebrücke mit den charakteristischen orangefarbenen Pfeilern überspannt den Talschluss am Ursprung der Saalach. Die Überquerung kann zu einer Zitterpartie werden. Die Brücke schwankt ganz schön, und der Blick in die Tiefe ist auch nicht ohne. Aber es lohnt sich, drüber zu laufen. Nicht nur wegen des Baumzipfelweges auf der anderen Seite.
600 Meter lang ist der Wipfelweg, der tatsächlich zwischen den Baumwipfeln hindurch führt. Wer mag, kann auf dem Weg einiges über die Tier- und Pflanzenwelt erfahren, kann mit Kuhglocken „Hänschen klein“ intonieren, den Gleichgewichtssinn testen oder sich im Zerrspiegel bewundern.
Was wir hinaufgeklettert sind, müssen wir am Ende auch wieder hinunter. Der Wipfelweg ist eine massive Lärchenholzkonstruktion, teilweise 30 Meter über dem Waldboden. Da geht es treppauf und treppab und über Türme und Brücken.
Und immer wieder genießen wir die Aussicht auf die Schneeberge unter dem blauen Himmel. Billig ist der Spaß mit neun Euro zwar nicht (Kinder ab vier zahlen sechs Euro). Aber es lohnt sich, denn auf dem Baumzipfelweg könnte man Stunden verbringen. Geöffnet ist der aussichtsreiche Weg ganzjährig. Wir würden noch gerne den Sonnenuntergang abwarten. Aber die Zeit drängt. Sissi und Max warten schon mit dem Schlitten. Die beiden Pferde bringen uns wieder zurück nach Saalbach.
So romantisch kann es im Winter in dem angesagten Ort sein, der sich selbst als „Home of Lässig“ bezeichnet. Am nächsten Morgen wollen wir die Pisten testen. Und davon gibt es reichlich, seit sich Saalbach Hinterglemm und Leogang auch noch mit Fieberbrunn zusammengeschlossen haben. 70 Aufstiegsanlagen erschließen 270 Pistenkilometer. Wenn nächstes Jahr der Zusammenschluss mit Zell am See erfolgt, könnten es 340 Pistenkilometer werden. „Dann sind wir wieder bei den Größten dabei,“ stellt Peter Mitterer, Geschäftsführer der Hinterglemmer Bergbahnen zufrieden fest.
In diesem Winter mussten die Schneekanonen kaum eingesetzt werden. 999 sind es zur Zeit, eine war unter eine Lawine gekommen. Man hatte eher zuviel als zu wenig Schnee. Trotzdem: „Wenn es ein Wunschkonzert gäbe, würde ich mir wünschen, jeder Winter wäre wie dieser,“ sagt Mitterer. 38 000 Menschen sind täglich im Skigebiet unterwegs, das merkt man bei dieser Größe kaum. Und Skilehrer Martin Ungler kennt auch beim größten Ansturm noch leere Pisten.
Die meisten sind blau oder rot, schöne, aussichtsreiche Ziehwege sind dabei. Bei dem Panorama weiß ich gar nicht, wo ich zuerst hinschauen und was ich zuerst fotografieren soll. Die Berge stehen rundum Spalier, vom Schnee schraffiert oder mit schneeweißen Gipfeln. Wir schauen und staunen. Ja, und Ski fahren wir natürlich auch.
Aber zwischendurch ist eine Einkehr fällig, zumal es ja in der „Heimat von Lässig“ total coole Hütten gibt wie die Hendl Fischerei. Hier fließt schon mittags der Moet Chandon in Strömen. Man gönnt sich halt was in dieser stylischen Umgebung.
Wir sitzen oben bei offenem Dach und könnten stundenlang die Umgebung betrachten, die Gäste, die sich so offen in Szene setzen, und natürlich die Natur, die es gar nicht nötig hat, sich zu inszenieren. Das Dessert ist stylisch wie alles andere hier – und es schmeckt richtig gut.
Aber Saalbach kann auch anders. Rustikal, bodenständig. Auch das erleben wir. Mit der Pistenraupe geht’s hinauf zum Spielberghaus. Wir sind nicht allein. Jede Menge Holländer wollen auch zum selben Ziel und ein paar Familien aus München mit Sack und Pack und Skiern. Es wird eng auf der Pistenraupe – und kalt ist’s auch.
Da kommt mir das Spielberghaus umso heimeliger vor. Eine urige Hütte, die sich der Zeit angepasst hat. Es gibt kein Matratzenlager mehr, nur Zweibett- oder Familienzimmer. Und nach dem nächsten Umbau haben alle Zimmer Dusche und WC. Walter Höll weiß, was er seinen Gästen schuldig ist, und er lässt es sich auch was kosten. Ein bisschen teurer wird’s dann wohl werden, das Quartier im Spielberghaus.
Wir stärken uns mit Hirschgulasch oder Kasnockn, denn wir haben noch eine abenteuerliche Heimkehr vor: Mit Schlitten geht’s auf dem Weg bergab, auf dem uns die Pistenraupe hoch gebracht hat. Zehn Euro kostet der Spaß (Pistenbully und Rodel), und es lohnt sich. Die eher sanft abfallende Rodelabfahrt ist beleuchtet, allerdings muss man zwischendurch schon aufpassen, nicht im Graben zu landen.
Und dann muss man in diesen Tagen natürlich zu einer White Pearl Mountain Days Location. „Die wertvollsten Tage im Schnee“ werden hier besonders zelebriert. Auf der Reiteralm etwa wird passend zum Thema ein weißes Menü serviert, die Champagnerflaschen sind weiß verkleidet, ein DJ sorgt für Techno-Klänge. Tänzerinnen auf dem Tisch, lässige Menschen, die den Sound, die Sonne und sich selbst feiern.
Noch bis zum 31. März kann man auf den unterschiedlichsten Hütten den „Alpine Lifestyle“ à la Saalbach erleben – auch im Netz unter https://www.wpmdays.at
Wir fahren am frühen Nachmittag hinunter ins Tal. Der Schnee ist schon ziemlich weich, ich bin froh, dass ich hinter Martin herfahren kann.
Der Skilehrer weiß, wo er die Schwünge am besten ansetzt. So kommen wir sicher ins Tal und brauchen keinen Rettungshubschrauber. 6400 Euro kostet so eine Heli-Einsatz pro Stunde, hat Sepp Mitterer uns verraten, der Chef der Bergrettung Saalbach.
Acht bis neun Hubschrauber sind hier Einsatz bereit – für Lawinensprengungen, Suche in schwierigem Gelände oder Bergrettung. „Die Hubschrauberversorgung ist perfekt, wenn das Wetter stimmt,“ erklärt der Bergrettungs-Chef. In diesen Tagen stimmt das Wetter. Nicht nur die Hubschrauberversorgung ist perfekt.
Nur schade, dass wir es diesmal wohl nicht schaffen, alle Pisten zwischen Saalbach und Fieberbrunn abzufahren oder gar die Challenge, also die ganze Skizirkus-Runde, 65 Kilometer und 12 400 Höhenmeter. Zum Abschied fahren wir mit der neuen Kohlmaisbahn hinauf ins Montana Royal. Wieder eine coole Location im Edellook, die Champagnerflaschen sind schon kalt gestellt.
Wir bleiben bei Kaffee und Orangensaft, sitzen in der Sonne und träumen vom nächsten Skiwinter. Ob der wohl auch so wird wie dieser. „A schneereicher, a scheener Winter war’s,“ hat Sepp Mitterer gesagt. Recht hat er. Ein Prost da drauf!
Noch ein paar Infos:
Gewohnt haben wir im Hotel Neuhaus, mittendrin in Saalbach und gerade mal drei Minuten zur Bernkogelbahn. Nach dem Skitag lädt der schöne Wellnessbereich mit großem Pool zum Relaxen, nachts ist in der Tanz Taverne der Teufel los: https://dasneuhaus.at/de/
Alle Informationen zum Baumzipfelweg gibt’s im Internet unter http://www.baumzipfelweg.at/
Das Spielberghaus www.spielberghaus.at ist im Sommer vor allem bei Mountainbikern beliebt. Die Tochter des Hüttenwirts ist die 17-jährige Vali Höll, Junioren Downhill Weltmeisterin.
Einen interaktiven Pistenplan zum Skizirkus findet man unter https://www.saalbach.com/