Wassermusik im Val d’Orcia

Es plätchert, rauscht und rieselt, es rinnt und schmatzt, sprudelt, tröpfelt, gluckert, es strömt und fließt, sprüht und gurgelt: Wasser ist im malerischen Val d’Orcia allgegenwärtig und wer der Wassermusik folgt, kann so manches entdecken.
Bagno Vignoni etwa, wo die Piazza ein großes Wasserbecken ist, in dem
sich die umstehenden Palazzi spiegeln. 29 Meter breit und 49 Meter lang
. 48 Grad heiß quillt das Thermalwasser in den ummauerten Pool. Schon
Lorenzo der Prächtige, der große Medicifürst, soll in diesem dampfenden
Wasser sein Heil gesucht haben genauso wie die Heilige Katharina und
vor allen die Etrusker. Doch trotz der glänzenden Vergangenheit fiel
Bagno Vignoni in eine Art Dornröschenschlaf, das heiße Quellwasser half
bis nach dem 2. Weltkrieg einen ganzen Mühlenpark zu betreiben und rann
dann über die Travertin-Felsen den Berg hinunter in Auffangbecken, wo
sich Kinder und Erwachsene im warmen Wasser aalten.
Vorbei. Zwei Südtiroler Hoteliers haben Bagno Vignoni wach geküsst –
mit einem Eurosegen. 25 Millionen haben Klaus und Andreas Sanoner aus
dem Grödnertal investiert und in gerade mal 16 Monaten Bauzeit einen
aufgelassenen Travertin-Steinbruch in ein Wasser- und Garten-Paradies
verwandelt. Die Grödner Architekten haben den 200-Betten-Komplex des
Hotels terrassenförmig um das Hauptgebäude im Stil einer toskanischen
Villa angelegt und im Steinbruch (fast) verschwinden lassen. Vor zwei
Jahren wurde das trendige Adler Thermae eröffnet und kurz darauf war
das Hotel nahezu ausgebucht. „Wir sind zur richtigen Zeit mit dem
richtigen Angebot auf den Markt gekommen,“ begründet der alerte
Generalmanager Roland Margesin den Erfolg.
Im Adler Thermae ist Wasser die Grundmelodie, die Wellness zum
Gesamterlebnis macht: Um den künstlichen „Travertin-See“ reihen sich
die duftende Pfahlbau-Olivenholzsauna, das Watsu-Becken, die
Ruhe-Räume und die geheimnisvolle Stalagtitengrotte, in der sich die
Dampfsauna verbirgt. Für die Erlebniswasserwelt mit Blick auf den
trutzigen Wehrturm Rocca a Tentennano und das mittelalterliche
Castiglione d’Orcia sprudelt eine eigene Thermalquelle und in der
Solegrotte schwebt man zu sphärischen Klängen auf dem Salzwasser wie
im Toten Meer. „Wir sind dazu da, die Batterien wieder aufzuladen,“
sagt Margesin. Die betuchte, internationale Kundschaft („Voriges Jahr
hatten wir 50 Nationen im Haus“) kann aus 200 wohltuenden Prozeduren
wählen wie Abhyanga (Ganzkörper-Salbung) und Udbarthana
(Peeling-Massage), Himmel und Erde (Stirnguss mit Relexzonenmassage)
oder La Stone Massage – wie in allen großen Wellness-Hotels dieser
Welt. Dem Geist des Ortes aber, jener Landschaft der strengen
Zypressenalleen und silbrig schimmernden Olivenhaine, der wogenden
Hügel und alten Bergdörfer, die unser Toskana-Bild seit jeher prägt und
die dem Val d’Orcia die Auszeichnung als Unesco-Weltnaturerbe
eingebracht hat, wird ein Traubenbad oder ein Olivenkern-Peeling schon
eher gerecht. Das ist Toskana hautnah.
Auf den Spuren der alten Via Cassia führt die Strada 552 nach Süden.
Direkt gegenüber dem Adler Thermae thront der Agroturismo Poggio Covili
am Ende einer mächtigen Zypressenallee auf dem Hügel wie ein Stein
gewordenes Klischee. Bilderbuch-Toskana.
Nicht weit von Bagno Vignoni sprudeln die heißen Schwefelquellen von
Bagno San Filippo. An den Felsen hat sich das Wasser als Künstler
versucht und mit seinen Kalkablagerungen bizarre Gebilde geschaffen. Am
„weißen Wal“, dem größten und eindrucksvollsten, nehmen ein paar
Männer eine warme Dusche, weiter unten in den – kühleren – glasklaren
Gumpen spielen Kinder und unter dem neuen Thermal-Schwimmbad des
Hotels, wo sich das Wasser aus dem Pool sammelt, räkeln sich Paare in
einem natürlichen Whirlpool. Der heilige Filippo Benizi soll schon im
13. Jahrhundert den Wassersegen über den Ort gebracht haben, der später
Päpste und Potentaten anzog. Heute ist Bagno San Filippo ein eher
beschauliches kleines Bad versteckt im hohen Tann. Nur das murmelnde
Bächlein weist Eingeweihten den Weg. Eine Rarität.
Den Charme einer Gesundheitsfabrik versprüht dagegen das Reha-Zentrum
in Montepulciano und der Kurort Chianciano ist überwuchert von platten
Hotelbauten aus den 60er Jahren. Der Klang des Wassers geht im
Verkehrslärm unter. Ein Museum widmet sich der Geschichte der schon
von Horaz erwähnten und von Kaiser Augustus gerühmten Thermen, in
denen Pirandello und Chagall planschten und wo Fellini den Oscar
gekrönten Film 8 1/2 mit dem badenden Marcello Mastroianni drehte.
Trotz der neuen großzügigen Thermenanlagen und trotz der belebten
Einkaufsstraßen mit den teuren Geschäften wirkt Chianciano heute jedoch
wie eine Diva im falschen Film. Die (Wasser)Musik spielt hier nicht
mehr.

Info: Hotel Adler Thermae, Bagno Vignoni, Tel. 0039/0577/889 000, Fax
889999, info@adler-thermae.com, www.adler-thermae.com, Verwöhnpension
pro Person im DZ im Sommer 193 €, inclusive Thermen- und Fitnesswelt,
Teilnahme an Sport- und Freizeitprogrammen sowie Kinderclub. Zahlreiche
Pauschalangebot.
Agriturismo Poggio Civli, 53023 Castiglione d’Orcia, Tel./Fax
0039/0577/887106, E-Mail: info@poggiocovili.com, www.poggiocovili.com,
Schöner alter Bauernhof mit Ferienwohnungen und Pool, auf Wunsch Essen
mit den Eigentümern, 35 € pro Person und Nacht.
Internet: www.parcodellavaldorcia.com, www.terresiena.it

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