Thailand: Stark in der Krisenbewältigung

Bangkok steht unter Wasser. Es wird noch Monate dauern, bis der nationale Flughafen Don Muang wieder eröffnen kann. Auch aus den überfluteten Vororten der thailändischen Hauptstadt läuft das Wasser nur langsam ab. Und die alte Königsstadt Ayutthaya (Bild) erholt sich nur langsam von den Überschwemmungen. Die Aufräumungsarbeiten werden sich über Wochen hinziehen, fürchten Experten. Auch dass das Hochwasser Auswirkungen auf den Tourismus haben könnte. Doch die Touristen kommen trotz allem, lassen Bangkok links liegen und fliegen gleich in die Badeorte, nach Phuket beispielsweise, das von der Flut verschont blieb und wo die Wunden, die der Tsunami vor sieben Jahren gerissen hat, verheilt zu sein scheinen.

„Die Thais sind Stehaufmännchen“, sagt Wolfgang Meusberger, Manager des
Holiday Inn in Patong bewundernd. „Sie krempeln die Ärmel hoch und bauen
einfach alles wieder auf.“ Allerdings hätte man nach dem Tsunami, der
am zweiten Weihnachtsfeiertag 2004 über 260 000 Menschen in den Tod
riss, versäumt, einen Flächenplan aufzustellen, der die Gefahrenzone
meidet, kritisiert der Hotelier. So stehen die Bungalows und die Hotels
wieder genau da, wo sie vor der Katastrophe standen. Möglichst nah an
der kilometerlangen Sandküste, wo mehr als 4200 Menschen starben, von
der Welle, die sich auf dem flachen Strand aufbaute, überrollt wurden.
Verschwunden sind die Hütten der Backpacker und die kleinen
Strandrestaurants. Die Welle hat auch das alte Khao Lak hinweggefegt.
Größer seien die Hotels, sagt Meusberger, moderner, luxuriöser auch. So
wie das Sofitel Magic Lagoon, das für 182 Menschen zum Grab wurde und
jahrelang vor sich hin gammelte. Als JW Marriott ist es neu erstanden.
Und kaum etwas erinnert in der noblen Hotelanlage mit der künstlichen
Lagune und dem üppigen grünen Park an den verheerenden Tsunami.
Istvan Shahin, genannt Isi, hat die Katastrophe nicht mit erlebt. Als
der studierte Geologe aus Stuttgart nach Khao Lak kam, war der
Wiederaufbau in vollem Gange. „Die Leute, die hier wirklich leben,
können das Wort Tsunami nicht mehr hören“, sagt Isi. Womöglich wollen
sie auch nur die Touristen nicht an die Tragödie erinnern. Solche
Erinnerungen sind nicht gut fürs Geschäft. Aber eine
Tsunami-Gedenkstätte
hat fast jedes Dorf. Die bekannteste ist wohl das
Polizeiboot 813
.

Das rund 40 Meter lange Aluminiumboot liegt heute noch
da, wo es von der Welle hin geschwemmt wurde, eineinhalb Kilometer vom
Strand entfernt, auf dem Trockenen. Vor sieben Jahren patrouillierte es
vor Khao Lak, um die Tochter König Bhumibols und ihren Sohn zu
beschützen. Gegen den Tsunami freilich waren die Beschützer machtlos.
Die Prinzessin überlebte im Hotel, der Wasserski fahrende Enkel starb in
den Fluten.
Angst vor einem neuen Tsunami hat Isi nicht. Ein Beben, auf das ein
Tsunami
folge, gebe es höchstens alle 100 Jahre, ist er überzeugt. Zeit
genug, das Leben zu genießen. Gerade in Thailand, wo der 34-Jährige den
lockeren „Lifestyle“ zu schätzen gelernt hat: „Hier kann man (fast) von
Luft und Liebe leben.“
Außerdem sind da ja auch die Frühwarnanlagen, die Türme mit den Sirenen,
die Evakuierungspläne. Schilder mit einer blauen Welle weisen alle paar
hundert Meter auf die „Evakuierungsstrecke“ hin. Um auf Nummer Sicher
zu gehen, hat der Reisekonzern TUI den Hoteliers ein Tsunami-Papier an
die Hand gegeben mit Tipps, wie sie sich im Ernstfall verhalten sollten.
Möglichst schnell die Gäste in Sicherheit bringen, heißt es da etwa, –
in oberen Stockwerken der Hotels oder in geschützten Unterkünften weitab
von der Küste. Das wird nicht einfach werden. Denn die Strandbungalows
und die Hotels stehen wieder so nah wie möglich am Meer, genau da, wo
die Welle sich auf monströse zehn Meter erhoben hat.
Abends hängt ein bleicher Vollmond am Himmel, dahinter türmt sich ein
weißer Wolkenberg auf als wär’s eine Filmkulisse. Im Meer brechen sich
die letzten Sonnenstrahlen, lachend vergnügen sich Touristen in der
donnernden Brandung. Später erhellt ein Wetterleuchten den dunklen
Himmel, Regen prasselt auf den Strand, Blitze zucken über das
aufgewühlte Meer und mit einem Donnerschlag erlischt für einen
Augenblick das Licht.
Am Morgen badet die Sonne im Meer und der Himmel ist so unschuldig blau,
als hätte es nie ein Gewitter gegeben.

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