Rundenausflug an den Spitzingsee: Erlebnisreiche Alternativen

Der Wettergott schien es nicht gut mit der Touristischen Runde zu meinen. Kein Ausflugswetter am 25. August, dem Ausflugstag. Die Steinadler blieben uns verborgen, aber das Alternativprogramm, das Horst Jenicek Arabella Alpenhotel für uns zusammengestellt hatte, konnte sich sehen lassen. „Es gibt immer Alternativen am Schliersee“, hatte uns Mathias Schrön von der Gäste-Information Schliersee mit auf den Weg gegeben. Wir ließen uns gern überzeugen. 

Dass uns das altbayerische Dorf, das Skirenn-Legende Markus Wasmeier als Freilichtmuseum aufgebaut hat, so imponierte, daran waren nicht nur die sorgsam restaurierten alten Höfe schuld, sondern vor allem ein hoch gewachsener Mann mit grauem Haar und einem Regenbogenschirm. Karl Streif, gebürtiger Schwarzwälder und Ex-Offizier hatte uns eine Zeitreise über 300 Jahre versprochen und es gelang ihm spielend auch die Jüngsten zu begeistern. Florenz (9), Ferdinand (6) und Leopold(4) durften zwar keine Tiere streicheln, erfuhren dafür aber, warum die Betten früher so kurz waren (weil die Menschen im Sitzen schliefen) oder warum man vor 300 Jahren bei Zahnweh zum Schmied ging (weil der als Zahnbrecher arbeitete). Auch für die Erwachsenen gab’s Erstaunliches zu hören. Keiner hatte eine Ahnung, dass das erste Kräuterbuch der Welt aus China kam – 2700 vor Christus. Oder dass der hochgiftige Eisenhut in alten Zeiten bei Schwerkranken genutzt wurde. Auch dass die Menschen im 17. Jahrhundert viel kleiner waren als wir heute, entlarvte der kundige Führer als Ammenmärchen. Die Türen waren auch nicht deshalb so niedrig, sondern um die kostbare Wärme im Raum zu halten. 
Und dann die Sprichwörter, die aus dieser Zeit stammen. Karl Streif lieferte den Hintergrund: Weil die armen Bauern ihr Leben lang mit einem Löffel aßen und den nur abgaben, wenn sie starben, blieb uns der Satz „den Löffel abgeben“, mit dem wir allerdings noch kaum etwas anfangen können. Ähnlich wie mit „Geld auf der hohen Kante“. Das war das Dach vom Himmelbett, auf dem der Bauer sein Erspartes in Sicherheit brachte. Auch wenn wir heute sagen, „ich war die ganze Woche lang flach gelegen“, bedienen wir uns in der alten Zeit, ohne es genau zu wissen. Sonst wären wir vorsichtiger mit dem Spruch. Denn damals lagen nur Tote flach: Man lebte, solang man saß. Die Runde spitzte die Ohren ob so viel interessanter Details. Vom „Rauchmelder“ Kanarienvogel erzählte der Führer, vom Vogelhändler, der einst fahrender Supermarkt war und immer wieder vom harten Leben der armen Bauern, die sich oft nicht einmal ein Nachtgewand leisten konnten. Da machten auch die drei Buben große Augen. 
Vor allem die Männer zog es ins Brauhaus, wo das süffige Museumsbier nach alter Tradition gebraut wird und in Holzfässern reift. Ganz so, wie es der Wasi sich vorgestellt hat. Der Sohn eines Lüftlmalers hat sich mit dem Freilichtmuseum in seiner Heimat Schliersee einen Lebenstraum erfüllt. Er wollte alte Traditionen erhalten und den Menschen von heute ein Gefühl dafür geben, wie ihre Vorfahren gelebt haben. Das ist ihm gelungen, war die einhellige Meinung der Rundenausflügler bei der Weißwurstbrotzeit im Wirtshaus Wofen. Beflügelt vom Museumsbier ging’s weiter zur nächsten Station, der Whisky-Destillerie Slyrs
Schon der Image-Film mit einem Schuss augenzwinkernder Ironie machte Laune. Draußen im Laden stellten sich „Schotten“ aus Aachen gut gelaunt den Fotografen, während die Jüngsten der Runde sich auf einem mitgebrachten DVD-Gerät die Abenteuer des kleinen Eisbären anschauten. Beim Rundgang durch die „Erlebnisdestillerie“ schieden sich die Geister. Die Genusssüchtigen machten die Besichtigung im Sauseschritt, um dann bei der Kostprobe und netten Gesprächen zu verweilen. Die anderen ließen sich von Birgit Scheithauer in die Geheimnisse des goldenen Bavarian Single Malt Whisky einweihen, der in Fässern aus amerikanischer Weißeiche reift. Dass der Gründer der Destillerie, Florian Stetter, ein gelernter Bierbrauer, ein „gnadenloser Pionier“ ist, brauchte die Prokuristin gar nicht zu sagen. Das sah man rundum. 1999 hatte man mit 1600 Flaschen im Jahr angefangen, heute sind es 65 000. Und es sind immer noch nicht genug, um den wachsenden Bedarf zu stillen. 2015 soll es den ersten zwölfjährigen Whisky geben, verriet Birgit Scheithauer. Auch da wird die Nachfrage größer sein als die produzierte Menge – aber das macht diesen einzigen bayerischen Whisky nur umso attraktiver.

Seine goldgelbe Farbe schien an diesem Tag auch nach draußen abzufärben. Bei der Rückfahrt zum Arabella Alpenhotel kam nämlich die Sonne raus und tauchte See und Berge in ein goldenes Licht. Horst Jenicek führte die Ausflügler durch das vor 40 Jahren als Familiendomizil konzipierte Haus, zeigte die aufgefrischten Zimmer, den großzügigen Wellnessbereich mit Deutschlands höchstem Solebecken und die vielen Konferenzmöglichkeiten. Nur schade, dass das Hotel zu weit von München entfernt ist, um hier mal eine Touristische Runde mit See-Sicht zu machen. Mit Kaffee und Kuchen oder auch einer Jause klang der Ausflug aus. Und weil der Wettergott sich doch noch von seiner besseren Seite zeigen wollte, gab es zum Abschied weiß-blauen Himmel. Den nützten die Naturfreunde zu einem Bad im klaren Spitzingsee, während die Komfortliebhaber sich in der Sauna aufwärmten. Wie hatte doch Mathias Schrön gesagt: „Es gibt immer Alternativen am Schliersee.“ Da können wir ihm nur zustimmen! 

Infos im Internet:
Arabella Alpenhotel am Spitzingsee: http://www.arabella-alpenhotel.com
Markus Wasmeier Bauernhof und Wintersportmuseum: http://www.wasmeier.de
Slyrs Whisky Destillerie: http://www.slyrs.de


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